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Erkläre mir doch einmal die Definition von sinnvoller Gewalt?


Ich halte schon allein die Verwendung der Begriffe "Sinnlos" oder "Sinvoll" im Zusammenhang mit "Gewalt" für streitwürdig.

Aber wenn es denn so sein soll: "Sinnvoll" ist die Anwendung von Gewalt ganz nüchtern betrachtet, wenn sie zielführend zum erreichen eines Zustandes sein soll. Da spielt es keine Rolle, ob sie subjektiv betrachtet "gut" oder "schlecht" ist. Ausübung von Gewalt aus Notwehr zur Abwehrung eines Angriffs würde sicher jeder als "gut" bezeichnen, während Ausübung von Gewalt als Angriff sicher als "schlecht" bewertet wird. Beides kann jedoch objektiv betrachtet "sinnvoll" sein, weil zielführend.

Als "sinnlose" Gewalt kann m.M.n. lediglich Gewalt bezeichnet werden, die als Selbstzweck ausgeübt wird, ohne damit ein spezielles Ziel oder die Erreichung eines bestimmten Zustandes zu verfolgen. Genauer betrachtet wird es aber hier komplizierter. Denn auch Gewalt die zunächst "sinnlos" erscheint, dient oft einem bestimmten Zweck, wie z.B. dem Abbau von Aggression oder Frustration.

Ob und wie weit Gewalt zu Einsatz kommen kann und darf wird von jedem selbst definiert - je nach persönlicher Geisteshaltung und Einschätzung einer Situation. Gewalt wird uns oft aufgezwungen, obwohl wir sie eigentlich ablehnen und nicht anwenden möchten. Z.B. durch Menschen, deren Umfeld dafür gesorgt hat, dass sie eben nur diese Art der "Sprache" verstehen. Geprägt wird das sehr früh.

Beispiel:

Wenn Du als Kind auf dem Schulweg ständig von einem anderen Kind bedroht, geschlagen und gegängelt wirst, kannst Du versuchen, diesem Kind aus dem Weg zu gehen oder es zu besänftigen, indem Du Dich unterordnest. Das führt aber erfahrungsgemäß in den seltensten Fällen zum Erfolg, weil Du Dich durch fehlende Gegenwehr als perfektes Opfer geoutet hast. Haust Du Deinem Peiniger einmal richtig die Hucke voll, wird er Dich künftig in Frieden lassen und sich ein anderes Opfer suchen. So wird Gewalt geprägt und aufgezwungen.

"Absolute Werte" gibt es eben nicht. Leider. Es gibt nur Werte, die jeder für sich selbst festlegt und die bestenfalls durch eine kulturelle Wertung in einen gewissen Rahmen gebracht werden. Für die Mehrheit in unserer Kultur ist z.B. klar, dass die Tötung eines Menschen generell verachtenswert ist. Bei Kopfjäger- und Kannibalen-Kulturen ist die Tötung eines Menschen bei Stammesfehden oder zu rituellen Zwecken völlig normal oder sogar eine Ehrung des Toten.

Was Du hier versuchst ist, Deine persönliche pazifistische Anschauung als ultimativen Werte-Maßstab hinzustellen, an den sich jedes "vernunftbegabte" Geschöpf halten müsste.

Es ist nicht so, dass ich Deiner Ansicht über den Einsatz von Gewalt nicht größtenteils zustimmen würde. Ich halte Deine Ansicht moralisch für absolut richtig, aber eben anhand natürlicher Gegebenheiten für rein spekulativ.

Der Mensch hat für Konfliktsituationen von Mutter Natur zwei grundlegende Mechanismen verpasst bekommen: Den Fluchtreflex und den Angriffsimpuls. Je nach Situation kann das eine oder das andere sinnvoller sein. Und je nach persönlicher Veranlagung wird jeder Mensch mal das eine oder das andere bevorzugen.