Über die Artikel von Henryk M. Broder auf Spiegel Online mag man geteilter Meinung sein... ich persönlich finde einen Großteil von ihnen schlecht.
Allerdings hat er zu der aktuellen Situationen einen Kommentar verfasst, den ich fast ausnahmslos unterstreichen kann:

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Zum kollektiven Selbstmord entschlossen

Während sich die Welt wieder einmal über die israelischen Reaktionen empört zeigt, wird übersehen, dass nicht einmal die Araber ihren palästinensischen Brüdern helfen wollen.

Nachdem eine libanesische Hisbollah-Einheit eine israelische Armee-Patrouille auf israelischem Gebiet überfallen und zwei Soldaten entführt hatte, titelte die "Süddeutsche Zeitung": "Israel greift an zwei Fronten an". Die erste Front war Gaza, woher seit dem israelischen Rückzug vor fast einem Jahr einige Hundert Raketen nach Israel abgefeuert worden waren, zuletzt bis in das Zentrum der Stadt Ashkelon. Nach allen Regeln der Logik, die sowohl bei privaten Raufereien wie bei militärischen Auseinandersetzungen gelten, hätte die "SZ" titeln müssen: "Israel schlägt an zwei Fronten zurück", aber das wäre zu sachlich gewesen. "Israel greift an zwei Fronten an" klang besser, weil der Aggressor beim Namen genannt wurde.

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Mag sein, dass eine solche Sicht der Dinge objektiv richtig ist, dann aber muss man die Frage stellen und beantworten: Was wäre die richtige, die angemessene Antwort gewesen, eine Antwort, welche die Situation entschärfen würde, statt sie weiter anzuheizen? Eine Beschwerde beim Sicherheitsrat der Uno? Eine Einladung an die Hamas und die Hisbollah zu einem Runden Tisch irgendwo auf halber Strecke zwischen Gaza und Metulla? Ein Appell an die kollektive Vernunft der freien Welt verbunden mit der Bitte, mäßigend auf die Hamas und die Hisbollah einzuwirken?

Schon möglich, dass Israel alles falsch macht, aber so ist das eben im Leben, wenn man nur die Wahl zwischen falsch und verkehrt hat. Würde Israel überhaupt nicht reagieren oder sich nur auf verbale Proteste und die Drohung mit "Sanktionen" beschränken, wie es der Westen gegenüber Iran tut, käme das einer Kapitulation gleich.

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Jede Konzession, die Israel anbietet, jeder Schritt zu einer Veränderung des Status quo, den Israel ankündigt, beweist nicht, dass eine Verhandlungslösung im Konflikt möglich wäre, sondern nur, dass der Aggressor müde und weich wird und deswegen umso heftiger weiter in die Enge getrieben werden muss. Diesen Mechanismus zu begreifen, fällt zumal Europäern schwer, die fest davon überzeugt sind, dass man sich nur zusammen setzen und einen Dialog anfangen müsse, um alle Differenzen gütlich beizulegen. Dieser Gedanke ist nicht ganz abwegig, er setzt nur voraus, dass alle Seiten an einer Beilegung des Konflikts interessiert sind und den Status quo ändern wollen, wie es zwischen Ägypten und Israel und Jordanien und Israel der Fall war.

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Die Wirklichkeit belegt eher das Gegenteil. Der frei gewählte palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija ist dagegen ein grundehrlicher Mann. Er sagt, was er denkt und er tut, was er sagt. Zuletzt hat er in einem Beitrag für die "Washington Post" vom 11.7. ("Aggression Under False Pretenses") klar gesagt, dass es nicht um eine Rückkehr zu den Grenzen von 1967 geht, "the core dispute", der Kern der Sache, sei das "historische Palästina". An einer anderen Stelle sagt Hanija, wenn Israel bereit wäre "the core 1948 issues" zu lösen, statt der "secondary ones from 1967", dann wäre ein "fairer und dauerhafter Frieden möglich".

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Im Klartext: Der historische Sündenfall, der rückgängig gemacht werden muss, ist nicht die Besetzung der 1967 eroberten Gebiete, sondern die Gründung Israels im Jahre 1948. Nur die Aufhebung dieses Unrechts ermöglicht einen fairen und dauerhaften Frieden. In einem früherer Text, der auf einer pro-arabischen Website erschien, hatte Hanija sogar eine totalitäre Vision: Der Frieden in Palästina würde zu einem Frieden in der ganzen Welt führen.

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Stand der Abschluss eines Teilabkommens zwischen Israel und der PLO oder der Besuch eines internationalen Vermittlers auf der Agenda, mussten gleich zerfetzte Leichen aus ausgebrannten Bussen geborgen werden. Sogar Joschka Fischer war tief erschüttert, als bei einem seiner Besuche in Israel und Palästina gegenüber seinem Hotel in Tel Aviv eine Bombe hoch ging, die zwei Dutzend Israelis das Leben kostete.

Die jetzige, demokratisch gewählte Regierung der Palästinenser nennt solche Terrorakte "legitime Selbstverteidigung". Was immer Israel dagegen unternimmt, wird automatisch von der Welt verurteilt. Gezielte Tötungen mutmaßlicher Drahtzieher des Terrors sind ungesetzlich, weil sie sozusagen "auf Verdacht", ohne fairen Prozess erfolgen; die Abriegelung palästinensischer Gebiete gilt als völkerrechtswidrig, weil sie eine "Kollektivbestrafung" bedeutet.

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"Liebe palästinensisch-arabische Brüder, der Krieg mit Israel ist vorbei, ihr habt verloren, ergebt euch und fangt an, über eine sichere Zukunft für eure Kinder zu verhandeln." Mit diesen Worten fängt ein Offener Brief an, den Youssef Ibrahim, ein in Ägypten geborener und in den USA lebender Journalist, am 7. Juli in der "New York Sun" veröffentlicht hat. Es ist eine bitterböse Abrechnung mit einer Politik, die zwischen Fakten und Fiktionen nicht unterscheiden kann oder will.

Zum Schluss seines Briefes an seine palästinensischen Brüder schreibt Youssef Ibrahim: "Was für ein Kampf ist das? Ist er es wert, dass er geführt wird? Was für eine elende Zukunft bringt er euren Kindern, der vierten und fünften Generation der Habenichtse unter den Arabern? Wir, eure Brüder, sind schon weiter. Diejenigen von uns, die mit Öl Geld gemacht haben..., bauen Universitäten und Schulen. Diejenigen, die Grenzen mit Israel haben..., werden für euch nicht in den Krieg ziehen. Und denjenigen, die weit weg leben, ist es egal, was mit euch passiert."

Quelle und vollständiger Text: Spiegel ONLINE


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