Daedalus, der Beitrag ist an sich nicht schlecht. Auch wenn hier mal wieder das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt wird. Es ist völlig unerheblich, ob der Mann genau weiß, was der Jugendliche da spielt. Es ging darum, dass es negative Auswirkungen auf ihn hatte, und das scheint mir unleugbar.

Ein Verbot von Spielen ist schwachsinnig. Im Gegenteil, es dürfte den Reiz nur noch erhöhen. Gell, daedalus, du spielst doch auch gerne mal etwas, was du vom Alter her noch nicht dürftest, und was Verbotenes würde dich doch sicher auch nicht zurückhalten. Ich glaube sogar, dass sich gefährdete Personenkreise unheimlich gerne solche Spiele zulegen würden und auch wenig Probleme hätten, diese zu bekommen. Wer sich eine Waffe im Internet bestellen kann, der findet auch einen Weg, sich ein Spiel zu verschaffen.

Und die Theorie vom Wald, nun ja, ich fände es toll, wenn die Kinder von heute wieder mehr Möglichkeiten hätten, sich in der freien Natur auszutoben. Ich habe in meinen jungen Jahren auch noch im Wald Räuber und Gendarm gespielt und das hatte durchaus ähnlichen Spaßfaktor wie ein schönes Computerspiel. Aber auch das hat einige Idioten dazu veranlasst, zu übertreiben und mit Tarnanzügen bekleidet und Luftgewehren bewaffnet durch die Gegend zu ballern. Gut, das waren nur Eichhörnchen, Vögel und Co., keine Schüler, aber ich denke, ein gewisses Grundpotential zu Gewalttaten hatten die durchaus.

Das Problem liegt woanders und ist nicht so leicht zu beheben. Eine gestörte Persönlichkeit entsteht nicht durch ein Spiel, sie wird nur von ihm gefördert. Ich halte es schon für wichtig und richtig, Spiele kritisch zu beurteilen und auch für gewisse Altersgruppen zu sperren (meine Tochter dürfte sich jedenfalls warm anziehen, wenn ich Spiele bei ihr finde, die nicht für ihre Altersgruppe sind), aber Verbote halte ich nur in extremsten Fällen für sinnvoll. Und wie bereits angedeutet, auch andere Sachen sind durchaus Gewalt fördernd. Soll ich jetzt meinem Sohn seine Ritter und Piraten von Playmobil wegnehmen, die er so gerne mordlüstern aufeinander hetzt?

Dass Spiele süchtig machen, ist allerdings ein ernstes Thema. Aber auch das kann durch Verbote von Spielen nicht behoben werden. Ich kann auch einen Alkoholiker nicht durch ein Verbot von Alkohol heilen. Es kann allerdings wirklich so weit gehen, dass man seine gesamte Existenz dadurch gefährdet. Es gibt Fälle von Computer-Spiel-Süchtigen, die ihre Arbeit aufgegeben haben, wo sämtliche Familien- und Freundeskontakte abgebrochen wurden, jegliche Verpflichtungen nicht mehr wahrgenommen wurden (Rechnungen, Amtsgänge...). Das ist aber eine Krankheit und man muss bestimmte Voraussetzungen dafür mitbringen.

Das Gleiche gilt auch für Amokläufer. Diese Jugendlichen sind schwer psychisch krank. Es ist müßig, dafür einen Schuldigen finden zu wollen. Dieses Problem wird sich nicht durch bessere Schulungen von Lehrern, Computerspielverbote oder eine Kontrolle von Elterntauglichkeit beheben lassen. Es müssen immer gewisse Faktoren und eine „Veranlagung“ zusammenkommen, um so etwas auszulösen.

Und so etwas gab es auch schon immer. Nur die Art der Ausführung hat sich, wahrscheinlich aufgrund der heutigen Möglichkeiten von Internet und anderen Medien, verschlimmert. Aber bereits zu meiner Schulzeit ist in einer benachbarten Schule ein Schüler ausgerastet und hat eine Lehrerin und mehrere Schüler mit einem Klappmesser schwer verletzt, weil er sich ungerecht behandelt fühlte. Nur hat das keiner für wichtig genug befunden, das ins Fernsehen zu bringen und die Zeitung hatte auch nur einen kleinen Artikel im Lokalteil dafür übrig.

Ich glaube eher, dass Menschen, die „anders“ sind oder sich „anders“ fühlen, zu wenig Möglichkeiten der Hilfe haben, gerade aufgrund einer Tabuisierung von solch psychischen Auffälligkeiten. Wenn die Gesellschaft endlich akzeptieren würde, dass einige auf Stress und Traumata nicht mit Magengeschwüren, sondern mit seelischen Leiden reagieren, und dass man nicht gleich irre ist, nur weil man sich psychologische Hilfe holt, dass es keine Schande ist, wenn man mal einige Wochen in einer entsprechenden Anstalt verbringt, dann würden vielleicht auch mehr Menschen, auch Eltern bzw. die Jugendlichen selber, rechtzeitig Hilfe suchen und annehmen können.