Quote
Quote
Für die Arbeitnehmer: Daß sie sich an die veränderten Gegebenheiten anpassen müssen(was speziell viel mehr Flexibilität als früher erfordert)!

Gut, für relativ junge Leute wie dich oder mich ist das mit der Flexibilität noch einigermaßen OK, aber wenn du mit 40 z.B. aus der Firma fliegst, evtl. ein Haus abzubezahlen hast, drei Kinder zu Hause warten und die Frau gerade das vierte erwartet, wird es etwas schwerer.
Zugegeben, ein recht hinkendes ( <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />) Beispiel... aber das Lieblingsargument der Flexibilität bei den Arbeitsnehmern ist nicht ein ganz so tolles, wie ich finde. Vor allem angesichts der Tatsache, daß die momentane Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt nicht gerade Lust darauf macht, flexibel zu sein, wenn man nicht mal sicher sein kann, ob man in einem Jahr noch den gleichen Job hat.


Zu Flexibilität zählt ja auch, daß man beispielsweise die angebotenen (Um-)Schulungsmaßnahmen absolviert und wirklich annimmt. Keiner behauptet, daß es leicht ist, wenn man einen womöglich langjährigen Job verliert. Aber das Leben ist nunmal kein Zuckerschlecken (es sei denn, man ist Beamter - um mal wieder ein Vorurteil zu bedienen <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />).

Quote
Zu der von dir erwähnten Antipathie ggü. Aktien: Ja, ich gebe zu, daß ich den Aktienhandel und Börsen im Allgemeinen nicht gut finde. Seitdem der berühmte Shareholder Value wichtiger geworden ist als der noch berühmtere Mensch an sich, geht es aus sozialer Perspektive vielleicht nicht stetig bergabwärts, aber sicher nicht mehr aufwärts.


Der Aktienhandel hat auf lange Sicht sehr wohl zu großem Wohlstand geführt - du darfst nicht vergessen, daß es beispielsweise die Wall Street bereits seit dem späten 18. (!) Jahrhundert und in etwa in ihrer heutigen Form auch schon seit dem 19. Jahrhundert gibt. Ohne Aktienhandel wäre der große, insgesamt bis heute anhaltende Wohlstand in Nordamerika, Europa und später auch Teilen Asiens niemals möglich gewesen (die Asiaten und Osteuropäer profitieren ja momentan auch besonders davon)!
Natürlich ist es keine reine Einbahnstraße - wie speziell die letztlich aber auch hausgemachte Weltwirtschaftskrise Ende der 1930er Jahre schmerzlich bewiesen hat - und gerade der große Aktien-Boom der vergangen 15, 20 Jahre hat gewisse Probleme mit sich gebracht. Beispielsweise in Form der von mir angesprochenen komplett auf kurzfristigen Erfolg bedachten Unternehmen. Fakt ist aber auch, daß trotz Shareholder Value (das "trotz" ist eigentlich nicht angebracht, weil der Begriff nur in Teilen der Öffentlichkeit und aufgrund einiger schwarzer Schafe seinen negativen Beiklang erhalten hat) die Aktiengesellschaften immer noch mehr Arbeitsplätze schaffen als vergleichbare Unternehmen, die KEINE Aktiengesellschaften sind (ich hatte die Statistik irgendwann mal in diesem Forum gepostet und meines Wissens hat sich seitdem nichts daran geändert)!

Der Arbeitsplatzabbau in einigen Branchen ist übrigens auch keineswegs direkte Folge des Shareholder Value. Er ist vielmehr Folge von technischen Fortschritten (bekanntlich hat auch die Industrialisierung zu extremer Arbeitsplatzvernichtung geführt, aber dennoch den gesellschaftlichen Wohlstand extrem erhöht!) und natürlich auch der Globalisierung mit ihren veränderten Rahmenbedingungen. Der weltweite Wettbewerb beschleunigte den Prozeß des Abbaus von Stellen, die einfach nicht mehr rentabel sind. Ohne diesen Wettbewerb hätte es den auch gegeben, er hätte sich nur um einige Jahrzehnte verzögert.

Aber auch das wird sich legen. Das Problem mit der Globalisierung ist ja, daß sie immer noch ganz am Beginn steht und daher weit, weit entfernt vom nötigen weltweiten Gleichgewicht ist - auch dank gewisser skrupelloser Staaten und Unternehmen, die nur von der Globalisierung profitieren wollen, ohne selbst etwas zu geben. Das ist zweifelsohne immer noch ein großes Problem, das ohne großes, gemeinschaftliches Bemühen der Weltgemeinschaft nicht so schnell gelöst werden kann.
Dennoch gibt es auch hier unübersehbare Fortschritte und auf lange Sicht wird sich das ersehnte Gleichgewicht auch einigermaßen einstellen. Sowas geht nunmal leider nicht so einfach über Nacht ...

Sicher, für den Einzelnen mag das ein schwacher Trost sein. Und daher ist Jammern auch absolut verständlich. Aber andererseits sollte man auch nicht vergessen, daß es einem Arbeitslosen heute wesentlich besser geht als einem "blue-collar"-Arbeiter vor oder zu Beginn der Industrialisierung. Daß dennoch Nachholbedarf bei der Sicherung gerade älterer Entlassener mit Familie besteht, diese Auffassung teile ich. Nur ist dafür nicht vorrangig die Wirtschaft verantwortlich, sondern die Politik. Wenn es nach mir ginge, würde es beispielsweise ein deutlich höheres Kindergeld geben ...