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die börsengänge vieler unternehmen haben aber auch geade dazu geführt, dass die firmenleitung nicht nur sich selbst und seinen angestellten gegenüber "rechenschaft" ablegen muss, sondern vielmehr nur noch den anteilseignern. und die sehen nun mal AUSSCHLIESSLICH die zahlen und vergessen dabei jedwede soziale komponente.


Falsch. Erstens haben wir in Deutschland immer noch die gesetzlich verankerte Arbeitnehmer-Mitbestimmung. Zweitens stimmt es auch nicht, daß die Shareholder sich nur für die Zahlen interessieren. Das trifft auf manche (gerade auf bestimmte institutionelle Anleger) zu, aber bei weitem nicht auf alle. Denn GERADE Aktienhalter sind generell eher langfristig orientiert!

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jeder nur halbwegs intelligente bwl-abgänger ist in der lage, die bilanzen eines betriebes sofort zu verbessern, indem er einen teil der belegschaft auf die strasse setzt <img src="/ubbthreads/images/graemlins/memad.gif" alt="" />
das ist zudem reichlich kurzfristig gedacht und dient also nur der bilanzierung.


Habe ich ja selbst angeprangert.

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kaum einer scheint eine art "masterplan" für die nächsten 5 oder 10 jahre zu haben.....


Übertrieben! Immerhin hat die Industrie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik so viele Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt wie 2007! Auch wenn darunter natürlich ebenfalls Mini-Jobs und Teilzeit fallen.
Das Ganze ist sowieso eine optische Verzerrung. Kündigt ein Unternehmen an, 2000 Stellen abzubauen, steht das am nächsten Tag auf Seite 1 der BLÖD-Zeitung. Kündigen aber 100 Unternehmen an, jeweils ein paar Hundert neue Stellen zu schaffen, steht das lediglich irgendwo hinten im Wirtschaftsteil, den sowieso keiner liest!


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gegen die billigproduzierer aus china und indien haben wir eh keine chance also müssen wir uns auf die traditionellen deutschen werte wie "qualität" und "zuverlässigkeit" konzentrieren und technologisch immer die nase ein stückweit vorn haben. das mitschwimmen im mainstream bringt nix - sich von der masse abheben ist das rezept.

nicht umsonst stehen die "kopierer" bei uns schlange <img src="/ubbthreads/images/graemlins/wave.gif" alt="" />


Dem kann ich nur zustimmen.

Ddraiggy: Du wirst ja wohl einsehen, daß Einzelfallbetrachtungen hier nicht wirklich weiterführen, oder? <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />
Bei der HVB kann man kommen und gehen, wann man will - solange man die Monatsarbeitzeit erfüllt.
Bei Siemens kann man in den dafür geeigneten Arbeitsbereichen Telearbeits-Tage machen (spricht: Arbeit von zu Hause).
Und bei immer mehr Unternehmen - vor allem Aktiengesellschaften! - bürgert es sich immer stärker ein, den Arbeitnehmern beispielsweise Teilzeitregelungen zu ermöglichen (wohlgemerkt: ermöglichen, nicht erzwingen!) und sogar Sabbaticals.
Schwarze Schafe wird es immer geben, aber auf beiden Seiten! Wieviele Arbeitnehmer gibt es denn, die wirklich stets 100% Leistung abliefern? Sicher nicht allzu viele. Und etliche liefern sogar weniger als 50% ab.
Es hat niemals irgendjemand behauptet, daß die Wirtschaft ohne Fehl und Tadel sei. Aber in Deutschland - dem insgesamt immer noch und trotz aller Probleme mit zunehmender Kluft zwischen Arm und Reich sehr wohlhabenden Deutschland - wird der Schwarze Peter immer nur auf die Wirtschaft geschoben.

Das ist falsch, das ist mies, das ist unwahr und das ist feige. Und deshalb werde ich da stets eine Gegenposition einnehmen - und das, ohne auf die Wahrheit zu verzichten!

Edit: Noch mal ein bißchen genauer zum Shareholder Value. Es stimmt natürlich schon, daß in den 90ern viele Firmeneigner vorübergehend den Fehler gemacht haben, die Manager ausschließlich nach dem Aktienkurs zu bewerten bzw. zu entlohnen. Das führte dann eben vielerorts zu kurzsichtigem Verhalten, sprich: Zu ziemlich unschönen Situationen!
Inzwischen haben die meisten AGs diesen Fehler aber teilweise bis komplett überwunden, indem sie den Managern andere, vielfältigere und für Unternehmen, Arbeitnehmer wie auch Gesellschaft vorteilhafte Leistungsanreize bieten. Und dieser Trend wird sich ebenso wie der der Flexibilisierung (bei Arbeitnehmern wie auch -gebern!) weiter verstärken, das ist ziemlich gesichert.

Ein Kardinalsfehler, der in Deutschland seit jeher gemacht wird, ist nach meiner festen Überzeugung die fehlende Wirtschafts-Ausbildung der Menschen! Ich weiß ja nicht, wie es bei euch war, aber ich habe in 13 Jahren auf Grundschule und Gymnasium so ziemlich genau NICHTS Nützliches über das Funktionieren der Wirtschaft gelernt. Mag sein, daß das an manchen Schulen etwas besser läuft, insgesamt reicht es aber mit Sicherheit BEI WEITEM nicht aus.
Auch das Wirtschafts-Studium ist allemal verbesserungswürdig, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Die Nürnberger Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät gilt als eine der besten deutschlandweit und dennoch mußte ich immer wieder mit Schrecken feststellen, wie wenig viele Wirtschaftsstudenten im Hauptstudium (und mit guten Noten) wirklich verstanden haben.
Wie schon in der Schule dominiert auch im Studium leider immer noch das Auswendiglernen. Zwar gibt es hin und wieder, auch dank der Einbeziehung von Unternehmen der jeweiligen Region, praktische Ausbildungseinheiten (wir durften beispielsweise in einer sich über zwei Semester erstreckenden Gruppenarbeit einen kompletten Geschäftsplan für ein neues Unternehmen erarbeiten. Manche Gruppen haben das so professionell hinbekommen, daß sie die entsprechende Firma anschließend tatsächlich erfolgreich gründen konnten!), aber ideal ist das Ganze sicherlich noch lange nicht. Zugegeben, mittlerweile gab es ein paar Reformen wie die Einführung von Bachelor- und Master-Graden, aber ich weiß nicht, ob das in der Praxis wirklich was bringt.

Fakt ist jedenfalls: Würden die Deutschen die Wirtschaft besser verstehen, dann würden sie sie auch nicht mehr primär als Feind betrachten - wie es derzeit leider sehr wohl teilweise der Fall ist. Und größeres Verständnis könnte schließlich auch in bessere ZUSAMMENarbeit zwischen Arbeitgebern und -nehmern auf Augenhöhe münden. Erneut ist IMHO also zunächst einmal die Politik am Zuge.
Was Arbeitnehmer und -geber aber selbstverständlich keineswegs zum Nichtstun animieren sollte. Denn eines kann wohl niemand leugnen:
Es gibt noch viel zu tun in unserem Lande.

Last edited by Ralf; 08/02/08 08:45 PM.