Interessant - diese historische Perspektive hatt´ ich bis jetzt noch nicht, wenn´s um
Küng,
Drewermann & Co., aber auch die als liberaler geltenden deutschen Kardinäle wie momentan
Kasper und
Lehmann ging:
Der finstere Geist und seine eitlen Kritiker[/b][b]Das Verhältnis von Vatikan und deutscher Geistlichkeit ist eine
Geschichte zähen Missverstehens und ewigen Starrsinns. Eher geht
noch immer ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Münchner oder
Mainzer oder Kölner Kardinal siegreich das Konklave verließe.
Von Alexander Kissler
... Die Deutschen haben in Rom einen schweren Stand. Sie galten lange
und nicht ganz zu Unrecht als geborene Störenfriede und Sektierer.
Deutsche Kleriker waren es, die den rückschrittlichen Geist Roms
attackierten, aus deutschen Landen kam die Forderung, sie selbst sollten
die Hauptträger des Glaubens stellen.
Gewiss, das ist lange her, doch wer hätte ein besseres Gedächtnis als
die Kirche? Und so erhebt das 19. Jahrhundert noch heute sein Haupt,
wenn störrische Deutsche und dogmatische Römer sich gegenseitig
des Starrsinns zeihen.
Am vorläufigen Endpunkt einer Entwicklung, die mit den deutschen
Kaisern begann, über Luthers Kirchenspaltung wider Willen zu den
antipäpstlichen Aufstandsversuchen zwischen 1786 und 1897 führte,
stehen die "Basisbewegungen" unserer Tage.
...
Irrlehren, Aftergebilde, MärtyrerDoch ausgerechnet Napoleon wurde wenig später zum Hoffnungsträger
einer neuen nationalkirchlichen Reformbewegung. Der Konstanzer
Bischof Freiherr von Dahlberg und sein Generalvikar Ignaz Heinrich von
Wessenberg sympathisierten mit der Idee einer "katholischen
Reichskirche", die durchaus im Interesse Napoleons gelegen hätte;
Dahlberg wäre dann Primas von Deutschland geworden. In seinem
Bistum hatte er die deutsche Messe eingeführt, die Predigt aufgewertet,
den Kirchenschmuck reduziert, die Segnung konfessionell gemischter
Ehen zugelassen und sich damit gegen Pius VII. aufgelehnt.
Unterstützung erhielt er vom Kölner Erzbischof Ferdinand August
Spiegel zum Desenberg, der dem Papsttum den "finstern Geist"
austreiben wollte; Rom stehe der katholischen Aufklärung im Weg.
...
Wie die Mehrzahl der österreichischen und deutschen (aber eben fast
nur österreichischen und deutschen) Bischöfe lehnte Ignaz Döllinger das
1870 verkündete päpstliche Unfehlbarkeitsdogma ab. Die Oberhirten
verließen still und leise das Erste Vatikanum, um die Annahme des
Dogmas nicht zu gefährden. Döllinger, der 1838 noch am "Athanasius"
mitgewirkt hatte, verweigerte aber den Gehorsam. 1871 wurde er
exkommuniziert. Im selben Jahr konstituierten sich die Altkatholiken.
...
Schells Bücher über den "Katholicismus als Princip des Fortschritts" und
"Die neue Zeit und den alten Glauben" landeten 1898 auf dem Index.
Schell hatte, wie viele Deutsche vor und nach ihm, eine größere
Selbständigkeit der nationalen Kirchen gefordert und den "römischen
Zentralismus" gerügt. Doch nie verstieg er sich zu den aggressiven
Tönen eines zum Protestantismus übergetretenen Antisemiten namens
Georg von Schönerer, der 1897 die "Los-von-Rom-Bewegung" startete.
Hitler erinnerte sich ihrer voll Bewunderung.
...
Ragon