Ein phantastisches Interview mit Rudi Carrel:
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/front_content.php?lang=2&idcatside=1704Auszüge:
Haben Sie Liz Taylor persönlich kennen gelernt?
1965 habe ich meine Abschiedsshow in Holland gemacht. Und Liz Taylor war im Land, da Richard in Noordwijk »Der Spion, der aus der Kälte kam« drehte. Ich wollte Liz Taylor in meine Show einladen. Also fuhr ich zu ihrem Hotel, da saßen hundert Journalisten in der Halle und ich fragte: »Gibt es eine Chance, an Liz Taylor heranzukommen?« – »Keine Chance«, antwortete man mir, »kannst du vergessen.« Um 19 Uhr ging ich an die Bar und fragte: »Wo finde ich Liz Taylor?« Der Barkeeper sagte: »Jeden Abend nach dem Essen kommt sie hierher und trinkt etwas. Keine Journalisten hier – nix.« Und tatsächlich: Um 21 Uhr betraten Taylor, Burton und noch ein anderes Schauspielerpaar den Raum und setzten sich in eine Ecke. Einer von ihren Begleitern kam an die Bar, musterte mich und sagte: »Habe ich Sie nicht im englischen Fernsehen gesehen? In einer Show auf einer Insel mit einer Meerjungfrau und einem Affen?« – »Ja.« – »Was für eine wundervolle Show! Bitte, setzen Sie sich zu uns.« Da saß ich zwei Stunden Liz Taylor gegenüber. Vor vierzig Jahren. Auge in Auge mit der damals schönsten Frau der Welt. Sie hat nur noch mich angeschaut. Und Richard saß daneben und hat erzählt mit seiner tollen Stimme.
Haben Sie auch etwas gesagt?
Ich muss zugeben: sehr wenig. Jahre später habe ich von einem Kumpel gehört, Richard hätte wahrscheinlich nichts dagegen gehabt, wenn ich Liz an diesem Abend vernascht hätte.
Sind Sie ein Perfektionist?
Mehr als das! Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Eine Stunde vor Beginn einer Gala in Scheveningen habe ich den Regisseur gesucht. Ich komme auf die Bühne, da steht jemand in einem Kittel mit dem Rücken zu mir und fegt. Ich frage: »Guter Mann, wissen Sie, wo der Regisseur ist?« Der Mann dreht sich um und, hoppla, es ist kein Mann, sondern Marlene Dietrich! Ich frage etwas verdutzt: »Frau Dietrich, kann nicht jemand anderes die Bühne fegen?« Und sie antwortet: »Wissen Sie, ich muss gleich diese Showtreppe runter. Wenn da irgendetwas liegt und ich rutsche darauf aus, steht es morgen in der Zeitung.« Seitdem habe ich immer selbst die Bühne gefegt und überlegt: Habe ich alles? Wie meine Mutter, wenn sie in Urlaub fuhr: »Habe ich das Gas ausgedreht? Habe ich das Licht ausgemacht?« So und nicht anders machst du gute Shows!
Was halten Sie von Harald Schmidt?
Brillant! Wie gesagt, er hat mich erst vor kurzem besucht. Wir verstehen uns von Mann zu Mann. John Wayne und Dirty Harry. Er hat sogar mal »Am laufenden Band« in seiner Sendung nachgespielt, mit Gesangseinlage. Großartig.
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Was halten Sie von Peter Alexander?
Ein Gigant. Neben mir der einzige echte Showmaster in Deutschland. Sie müssen sich über eines im Klaren sein: Es gibt einen Unterschied zwischen Showbusiness und Fernsehunterhaltung. Jörg Pilawa macht Fernsehunterhaltung. Peter und ich haben Showbusiness gemacht. Da musst du alles können: Klamotte machen, Drama, singen, tanzen, schreiben, zaubern – alles. Außerdem war Peter der größte Geschichtenerzähler aller Zeiten. Ich habe ganze Nächte mit ihm im Keller des »Bayerischen Hofs« verbracht und Tränen gelacht. Er ist der beste Stimmen- und Schauspieler-Imitator aller Zeiten.
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André Heller.
Oh, mein Gott! Der Spinner wollte meine damalige Freundin und spätere Frau Anke heiraten. Ich hatte die beiden während eines Engagements in Wien einander vorgestellt und er war fasziniert von ihr. Anke war ja auch eine wahnsinnig schöne Frau. Die beiden hatten wohl eine Affäre miteinander. Ich habe nie verstanden, warum. Sie hat ihn, na ja, geliebt ist übertrieben, aber doch schon sehr gemocht. Er hatte etwas Magisches, sagte sie mir einmal. Als ich nun im Urlaub gehört habe, dass die Fußball-Gala in Berlin abgesetzt wurde, habe ich gedacht: Armer André, du bekommst nie, was du willst.
Fehlen unserem Land Ihrer Meinung nach ein paar Cowboys?
Nein. Schröder war ein echter Cowboy, aber jetzt haben wir eine Bundeskanzlerin. Es gibt anscheinend keinen Bedarf. Kai Pflaume ist in meinen Augen kein Mann. Aber viele Frauen schwärmen von ihm, weil er ein liebes Weichei ist. Und er macht seine Sache gar nicht mal so schlecht. Thomas Gottschalk, Harald Schmidt, das sind Männer.
Haben Sie sich damals keine Gedanken über Ihre eigene Gesundheit gemacht?
Ich habe mir immer wieder gesagt, Carrell, Carrell, pass doch auf! Vor drei Jahren war ich noch beim Arzt und habe mich von oben bis unten durchleuchten lassen. Da hatte ich noch nichts.
Woran haben Sie vor einem Jahr gemerkt, dass etwas nicht stimmt?
Beim Husten habe ich ab und zu Blut drin gehabt. Daraufhin bin ich zum Arzt gegangen, der hat mich gründlich untersucht und mir mitgeteilt, dass ich Lungenkrebs habe. Ich war nicht überrascht. Es war etwas Selbstverständliches. Hätte ich eigentlich schon längst haben müssen! Ich habe immer fünf Tage vor einer Show so gut wie ohne Essen gearbeitet, nach einer Show nur Bier getrunken und mindestens sechzig Lord Extra am Tag geraucht. Ich wusste: Das geht irgendwann schief.