Konzertbericht:
Tori Amos, American Doll Posse World Tour, 11.6.2007, Serenadenhof, Nürnberg:

So, mein erstes Open-Air-Konzert, das NICHT im Frankenstadion (Rock im Park, vor Urzeiten auch mal Bon Jovi) stattfand. Der Serenadenhof ist eigentlich Teil des großen Kongressgebäudes beim ehemaligen Reichsparteitagsgelände - heute als Dokumentations-Zentrum zum Zweiten Weltkrieg genutzt. Dabei ist der Serenadenhof eigentlich nicht viel mehr als eine Art Innenhof, mit Bäumen und Büschen bestanden und eben nicht überdacht (allerdings gab es gestern eine Art Zeltdachkonstruktion, sodaß selbst normaler Regen kein Problem gewesen wäre - es blieb aber zum Glück trocken!). Alles sehr athmospärisch, sehr intim, weshalb auch viele bekannte Künstler diese vergleichsweise kleine Location immer wieder besuchen (und die Nürnberger Symphoniker geben dort auch regelmäßig Konzerte). Außerdem war es ein Stehplatzkonzert, was nach etwa drei Stunden doch langsam etwas lästig wurde. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" /> Aber dafür war die Stimmung deutlich besser als bei den üblichen Sitzplatzkonzerten. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Aber der Reihe nach: Das Konzert sollte um 20:00 Uhr beginnen, tatsächlich startete es bereits um 19:55 Uhr - mit einem Supporting Act, von dem ich noch nie gehört hatte. Wie ich inzwischen herausgefunden habe, handelt es sich bei Seth Lakeman um einen in Großbritannien sehr bekannten Pop-/Folk-Musiker und wenn all seine Auftritte im Vorprogramm von Tori so abgehen wie der in Nürnberg, dann hat er nach dieser Tour mit Sicherheit auch zahlreiche Fans in Deutschland!
Seine dreiköpfige Band bestand aus Schlagzeuger, Gitarrist und Bassist, Lakeman selbst hat nicht nur gesungen, sondern dazu auch Geige und Banjo gespielt sowie etwas, das ich nicht anders bezeichnen kann als "Mini-Gitarre". Sah genauso aus wie das Instrument des Gitarristen, aber eben nur etwa halb so groß. Keine Ahnung, ob es eine offizielle Bezeichnung für dieses Instrument gibt ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />
Das restliche Publikum jedenfalls kannte Seth Lakeman offensichtlich auch nicht wirklich, denn die Reaktionen waren zunächst verhalten. Zirka drei Minuten lang. Denn schon ab dem zweiten Song ging die Menge mit zunehmender Begeisterung mit, da war es natürlich auch nützlich, daß es bis auf eine an Bryan Adams erinnernde Ballade ausschließlich schön tanzbare Mid- und Up-Tempo-Nummern gab. Dabei waren die langen Instrumental-Sequenzen in den meisten Liedern sogar die eigentlichen Highlights, obwohl Lakeman keineswegs ein schlechter Sänger ist. Aber die furiosen Geigen-, Gitarren- und Schlagzeug-Soli machten eben noch ein bißchen mehr Laune. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Nach gut 35 Minuten war es dann vorbei und Lakeman und seine Band wurden mit tosendem, hochverdienten Applaus verabschiedet. Nicht wenige kauften gleich sein aktuelles Album, das zufällig am Rande der Location angeboten wurde. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" /> Ich war auch versucht, 20 Euro waren mir aber etwas zu viel. Ich hoffe mal, daß ich das Teil irgendwo billiger bekomme - und daß es das Fehlen der grandiosen Live-Stimmung wenigstens halbwegs kompensieren kann.
Jedenfalls kann ich nur jedem empfehlen, die Augen und Ohren nach Seth Lakeman offenzuhalten! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Nach satten 40 Minuten Umbaupause ging es dann um 21:15 Uhr endlich mit dem eigentlichen Highlight des Abends los - dem Konzert von Tori Amos!
Dazu muß man wissen, daß Tori in ihrem neuen, sehr gelungenen Album "American doll posse" insgesamt fünf verschiedene Frauenrollen spielt und jedes ihrer Konzerte beginnt sie in einer dieser Rollen (was auch eine unterschiedliche Songauswahl bedeutet, da nicht alle Lieder zu allen Rollen passen). Interessanter Einfall. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" /> In diesem Fall betrat Tori als laszive "Santa" in einem Hauch von einem Kleid die Bühne - naja, ehrlich gesagt sah es weniger wie ein Kleid aus, sondern eher wie ein um den Körper gewickeltes Handtuch. Was aber nichts daran änderte, daß es ein sehr sexy Auftritt war. Kein Wunder, daß ich mich plötzlich von gefühlten Hundertschaften in die Höhe gereckter Foto-Handys umzingelt sah ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />

Insgesamt war es ein sehr abwechslungsreicher Konzert-Abend. Nach etwa einer halben Stunde verschwand Santa hinter der Bühne, während vom Band der "Professional widow"-Remix (Toris einziger Nummer-1-Hit in England) gespielt wurde, live unterstützt vom sichtlich gut aufgelegten Schlagzeuger. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" /> Nach dem Ende des Songs kehrte dann die "echte" Tori zurück und nun begann mit "Big Wheel" (dem besten Song des aktuellen Albums) ein erster vorwiegend rockiger Teil des Konzerts. Die Band legte temporeich los und auch Tori selbst haute kräftig in die Tasten ihrer Pianos - immer wieder erstaunlich, wie perfekt diese Frau es beherrscht, auf zwei sich gegenüberstehenden Klavieren gleichzeitig zu spielen und dabei auch noch zu singen; und das alles fehlerfrei!
Absolutes Highlight dieses Konzert-Teils war für mich eine mitreißende Maxi-Version von "Bells for her" (aus ihrem Durchbruch-Album "Under the pink"). <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Danach war es eigentlich gar nicht anders möglich als ein paar Nummern zurückzuschalten: Die Band verließ unter Applaus die Bühne und zurück blieben Tori und ihre beiden Klaviere (wobei eines streng genommen ein Keyboard war <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />). Somit war klar: Jetzt wird´s kuschelig! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Highlight des Balladen-Teils war meines Erachtens "Flying Dutchman" - das Lied kannte ich noch gar nicht.
Anschließend kam die Band wieder zurück und somit ging es wieder deutlich rund - stets unterstützt übrigens von einer sehr schön choreographierten Light-Show.

Gegen 23.00 Uhr war es dann vorbei. Naja, nicht wirklich, denn es folgten natürlich noch etliche Zugaben. Darunter mit "God" auch einer meiner Lieblingssongs. Wirklich aus war das Konzert somit erst um 23.30 Uhr. Da kann man wirklich nicht meckern: 135 Minuten Tori Amos plus 35 Minuten Seth Lakeman, da bekommt man wirklich was geboten für sein Geld (55 Euro).
Insgesamt war es ein richtig tolles, furioses Konzert - vermutlich das beste, das ich bislang besucht habe (zugegeben, SO viele waren das auch nicht, aber trotzdem <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />).
Einziges Manko: Da sehr viele Songs aus dem aktuellen Album gespielt wurden, fehlten leider einige ihrer früheren Geniestreiche, allen voran "Winter", aber auch Lieder wie "Jackie´s strength", "Silent all these years" oder "Crucify". Mit diesen zusätzlichen Highlights wäre es ein perfektes Konzert gewesen, so war es ein richtig, richtig tolles! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Nächstes Mal bin ich definitiv wieder dabei - und hoffentlich dauert es nicht wieder neun Jahre bis zu ihrem nächsten Konzert in Nürnberg ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />

P.S.: Damit habe ich jetzt mit Tori Amos und Nick Cave immerhin zwei der vier Künstler, die ich unbedingt mal live in concert erleben möchte, abgehakt. Bei den beiden verbleibenden (Leonard Cohen sowie Queen mit Freddie Mercury) dürfte das deutlich schwieriger werden ...

Last edited by Ralf; 12/06/07 11:45 AM.