Werden nicht in Österreich und/oder der Schweiz die Filme im TV grundsätzlich im Zweikanalton ausgestrahlt? Sowas würde ich mir schon seit langem auch für Deutschland wünschen, einfach eine Wahlmöglichkeit. Aber nein, selbst bei den Ö-Rs wird nur alle Jubeljahre mal ein Film im Zweikanalton gezeigt ...

Aber Themenwechsel. Bei den Fantasy Filmfest Nights sah ich gestern:

SUKIYAKI WESTERN DJANGO:

Takashi Miike ist einer der berühmtesten, erfolgreichsten, auch besten, aber vor allem kontroversesten Regisseure Japans. Und hat deshalb schon lange Kultcharakter. Außerdem ist er sehr vielseitig interessiert und so gibt es kaum ein Genre, das er nicht bereits ausprobiert hat: Vom kafkaesken Psycho-Thriller ("Gozu") über brutale Gangster-Filme ("Ichi the Killer") bis hin zum Teenie-Thriller im Hollywood-Stil ("One Missed Call", gerade läuft das US-Remake in den deutschen Kinos). Vieles, was der Workaholic (laut IMDB 76 Filme seit 1991!) anfaßt, geht total in die Hose, aber vieles funktioniert auch wunderbar. Fast alle seiner Filme haben jedoch eines gemeinsam: Einen häufig sehr verqueren Sinn für Humor ...

Ein Genre, das ihm bislang noch fehlte, war ein Western. Und den hat er mit "Sukiyaki Western Django" geschaffen. Aber nicht nur irgendeinen Western: Sogar einen typischen Spaghetti-Western!
Die zugrundeliegende Story um einen schweigsamen Fremden, der in einen von zwei gewalttätigen, verfeindeten Banden tyrannisiert wird, erinnert natürlich stark an Kurosawas "Yojimbo" bzw. dessen Remakes "Für eine Handvoll Dollar" und "Last Man Standing". Aber das ist bei weitem nicht die einzige Anspielung. Miike schafft es allen Ernstes, selbst das Werk Shakespeares in der Handlung unterzubringen, eine Art japanischen Gollum und einen Gastauftritt von Quentin Tarantino!
Man ahnt es schon: Auch Miikes Western-Versuch ist ziemlich humorig geraten, teilweise sogar richtig albern. Um Logik schert sich Miikes sowieso nicht: Da hüpft schon mal ein tödlich verwundeter Charakter am nächsten Tag quicklebendig in der Gegend herum und wenn man für das letzte Duell eine schneebedeckte Landschaft á la "McCabe & Mrs. Miller" braucht, dann schneit es eben in Sekundenschnelle einen Meter Schnee ... laugh

Eine Besonderheit ist übrigens auch, daß der bis auf Tarantino ausschließlich mit asiatischen Darstellern besetzte Film auf Englisch gedreht wurde (und gestern dazu mit englischen Untertiteln lief): Das soll vor allem auf Festivals in englisch-sprachigen Ländern für mächtig Erheiterung gesorgt haben, denn lediglich die männlichen Hauptdarsteller (und natürlich Tarantino) sprechen einigermaßen flüssig Englisch. Der Rest ist zwar - wie ich finde - gut zu verstehen (daher fand ich die Untertitel auch überflüssig), klingt aber in etwa so wie jemand, der die Sprache erst seit kurzem lernt und vor allem mit der richtigen Aussprache so seine Probleme hat: Relativ langsam, zögerlich, mit ernsthaften Problemen beim "th". wink
Das ganze ist zunächst recht lustig, man gewöhnt sich aber schnell daran.

Denn: Trotz allem, was ich bislang schrieb, ist "Sukiyaki Western Django" im Grunde genommen ein echter, klassischer Western. Die Story ist recht simpel gehalten, entwickelt sich aber teilweise recht überraschend und vor allem widmet Miike den Hauptfiguren erstaunlich viel Zeit zur Entwicklung. Somit ist es Miike - auch mit guter Musik, ein paar technischen Gimmicks und tollen Landschaftsaufnahmen - tatsächlich gelungen, gleichzeitig Hommage an und hemmungslose Veralberung von (Italo-)Western zu kreieren.

Das Resultat funktioniert ziemlich gut und ist bis zum spektakulären Showdown sehr unterhaltsam, dennoch frage ich mich, ob nicht ein noch besserer Film rausgekommen wäre, hätte sich Miike auf einen Aspekt konzentriert (im Idealfall den ernsthaften Western). Und die Sache mit den englischsprachigen Japanern? Ehrlich gesagt würde ich den Film wirklich gerne irgendwann in synchronisierter Form sehen. Ich weiß nicht, was dem Film insgesamt besser stehen würde.

Fazit: "Sukiyaki Western Django" ist ein mit jeder Menge verrückter Ideen und vielen Albernheiten Gewürzter Spaghetti-Western, der seine zugrundeliegende Story viel ernster nimmt, als es auf den ersten Blick scheint. Ein Film für ein experimentierfreudiges, offenes Publikum. smile
7,5 Punkte.

P.S.: Was ich WIRKLICH liebe: Typen, die - vorzugsweise in engen Durchgängen - im Schneckentempo und in Schlangenlinien rumschleichen, weil sie unbedingt mit dem *zensiert* Handy telefonieren müssen - und einen dann auch noch wüst beschimpfen, wenn man sie beim Überholversuch zwangsläufig anrempelt ...

Last edited by Ralf; 06/04/08 09:18 AM.