SPEED RACER:

Der junge Speed Racer (gespielt vom gerade erst knapp an einer OSCAR-Nominierung für seine Hauptrolle in "Into the Wild" vorbeigeschrammten Emile Hirsch - und ja, "Speed Racer" sind Vor- und Nachname! :D) macht seinem und dem Namen seiner rennsportverrückten Familie (u.a. John Goodman, Susan Sarandon) alle Ehre: Als unabhängiger Fahrer (sein Auto wird vom Paps zusammengeschraubt) fährt er innerhalb kürzester Zeit in die Spitze der futuristischen World Racing League. Doch als er das Angebot des milliardenschweren Konzerneigners und Rennstallbesitzers Royalton (schmierig: Roger Allam) zu einer Zusammenarbeit ausschlägt, macht er sich einen mächtigen Feind, der ihn und seine Familie aus dem Rennzirkus herausdrängen möchte. Unterstützung erhält Speed nicht nur von seiner Freundin Trixie (sexy: Christina Ricci), sondern auch von Inspector Detector (Benno Fürmann), der schon lange versucht, Royaltons dreckige Methoden aufzudecken, und dem geheimnisvollen "Racer X" (Matthew Fox aus "Lost") ...

Vielleicht kommt der Name "Speed Racer" dem einen oder anderen bekannt vor. Dabei handelt es sich im Original um eine japanische Zeichentrickserie aus den 1960ern, die wohl vor allem in Asien und den USA Kultstatus besitzt. Ich persönlich hatte vorher noch nie davon gehört. Jedenfalls sind die Regie-Brüder Wachowski ("Matrix"-Trilogie) Fans der Serie gewesen und bieten nun die quietschbunte Kinoumsetzung. Wie "Sin City" wurde "Speed Racer" komplett vor der Green Screen gedreht und die Kulissen und Auto-Rennen anschließend computergeneriert. Dabei ist es den Wachowskis wieder einmal gelungen, ihrem Werk einen absolut unverwechselbaren, videospielartigen Look mitzugeben (ich fühlte mich ehrlich gesagt des öfteren an "Beyond Good & Evil" erinnert :)). "Speed Racer" sprüht optisch vor Details und Kreativität und die Rennen sind rasant und spannend in Szene gesetzt (wenngleich man ab und zu schon bemerkt, daß sie nicht real gedreht wurden).
Doch da die Wachowskis nicht irgendwelche mittelmäßigen Action-Regisseure sind, muß natürlich auch eine richtige Story rein. Darin geht es um eine Familientragödie, korrupte Konzerne und positive Werte wie Familie und Freundschaft. Das ist alles nichts besonderes, teilweise sogar ziemlich klischeehaft (der böse Royalton wirkt eher wie eine Karikatur), funktioniert aber insgesamt ordentlich, um die Zeit zwischen den Rennen und vereinzelten (aber sehr amüsanten) Kampfeinlagen zu überbrücken. Dennoch: Die satten 135 Minuten Laufzeit hätte man durchaus ein wenig kürzen können und dürfen.

Beinahe erstaunlich sind angesichts der Dominanz der optischen Werte die darstellerischen Leistungen. Zwar wird mit Sicherheit kein einziger Schauspieler überdurchschnittlich stark gefordert, aber die zahlreichen Charaktere bekommen alle ihre mehr oder weniger großen Momente, in denen sie glänzen dürfen. Vor allem John Goodman hat sichtlich Spaß an seiner Rolle, in Nebenrollen sind zudem u.a. der koreanische Superstar Rain, Richard "Shaft" Roundtree und Ben Miles ("Coupling") sowie dank deutscher Co-Produktion und Drehort Babelsberg Moritz Bleibtreu, Cosma Shiva Hagen, Christian Oliver und andere zu sehen.

Der Humor des Films funktioniert meistens, allerdings muß hier klar gesagt werden, daß "Speed Racer" von Anfang an als kindertauglicher Familienfilm konzipiert wurde. Man darf also keinen Oscar Wilde erwarten ... wink

Insgesamt ist "Speed Racer" ein stilistisch unkonventioneller, wahrscheinlich sogar wegweisender, inhaltlich dagegen recht konventioneller Comedy-Action-Renn-Film für die ganze Familie, der - das zeigen die ersten Reaktionen auf den weltweiten Start - das Publikum polarisiert. Ich habe mich trotz der genannten Schwächen gut unterhalten geführt. 8 Punkte.

Leider darf nicht verschwiegen werden, daß "Speed Racer" in Deutschland mit geschätzten 15.000 Zuschauern am Startwochenende einen der schlechtesten Kinostarts aller Zeiten hingelegt hat! Daran hatte das Sommerwetter zwar seinen Anteil, ein gewaltiger Flop wäre es aber wohl auch bei schönstem Kinowetter geworden. Zwar kommt dieser Mißerfolg nicht überraschend, dennoch ist es schade, daß der Mut der Wachowskis, Neues zu wagen, wieder einmal nicht belohnt wird (schon der von ihnen produzierte und maßgeblich mitgestaltete "V wie Vendetta" floppte hierzulande ja jämmerlich).
Der US-Start war zwar deutlich besser, aber trotzdem enttäuschend. Selbst falls "Speed Racer" in Asien besser laufen sollte, dürften die bereits angedachten Fortsetzung leider so gut wie tot sein. frown

Last edited by Ralf; 13/05/08 01:46 PM.