Hallo meine Damen und Herren, liebe Forumskollegen,
nun ist es also soweit.
Also eigentlich läuft der Countdown (s.a. SZ-Special zur EURO

) schon länger.
Spätestens seit der Nominierung des Vorbereitungs-Kaders von 26 am 16.05. (oder so).
Aber durch eigenen Zeitmangel und den kürzlichen "Blackout" dieser "Spielstätte" (

) mußte schon die "Live-Übertragung" des ersten Testspiels noch im Rahmen des einwöchigen Mallorca-Lehrgangs ausfallen.
Nu´ war ja auch nich´ so dolle. (Lehmann, Metzelder, Lahm...

)
Drum wollen wir uns nicht lange mit der überraschenden und nicht ganz korrekten Nicht-Nominierung des bisher etatmäßigen 2. Nationaltorhüters
Timo Hildebrand aufhalten, der eine durchwachsene und sehr herausfordernde Saison bei seinem Verein hinter sich hat.
Oder der wiederum überraschenden Streichung des von
Löw so hochgejubelten bisherigen 2.Ligisten und quirligen Dribbeltalents
Marko Marin von
Mönchengladbach bei der Reduzierung auf den endgültigen 23er-EM-Kader.
Nein, beginnen wir mit einem kleinen Rückblick in die glorreiche Historie deutscher Mannschaften bei der EM (zu der, wiederum, die SZ ebenfalls im Zugang auf die EURO 2008 eine so feine, lesenswerte Artikelreihe zusammengestellt hat

).
Wenn man seit
Klinsmann und seinem
"Sommermärchen", daß er uns lange darbenden Nationalmannschaftsfans dankenswerterweise mit den Jungs im WM-Jahr 2006 beschert hatte, spricht und dem ansprechenden, tollen Offensivfußball, der endlich die alte "Rumpelei" ersetzt hätte...
- tja, dann übersieht man allzu leicht, daß es sowas tatsächlich schonmal gegeben hat.
Natürlich war das zu der Zeit die so einige von uns (und so einige andere aber doch

) gar nicht bewußt miterlebt haben, die man aber zu Recht als die
"goldene" des Deutschen Fußballs bezeichnen darf.
Ich rede natürlich von der Ära welche von den "ewigen" Namen
Beckenbauer,
(Gerd) Müller,
Sepp Maier,
Paul Breitner,
Berti Vogts,
Uli Hoeneß,
"Katsche" Schwarzenbeck,
Bernd Hölzenbein u.v.m. geprägt wurde und ihren Höhepunkt im grandiosen
Weltmeister-Titel im eigenen Land 1974 hatte.
Darüberhinaus brachte sie aber auch noch 3 Finalteilnahmen in Folge beim Turnier mit sich, welches aktuell wieder vor der Tür steht.
Und bei diesem wurde sie auch geboren, bis der Geist der vorgenannten "Gründungsväter" in der WM `82 und EM `84 in einer sich natürlich über die Jahre veränderten Besetzung schließlich verrauchte.
Am Anfang stand jedoch mal wieder eine deutsche Mannschaft, der keiner etwas zutraute, in deren drögen Ergebnissen und uninspirierten Vorstellungen das "Wunder" von 1954 kaum noch blaße Erinnerung war und die legendäre WM-Finalniederlage gegen
England schon der letzte Glanz.
Hier folgt nun der Auftritt desjenigen, der dem Kenner vorhin sicher noch gefehlt haben dürfte, der aber maßgeblich an dem was in diesem denkwürdigen Frühling 1972 enstand seinen Anteil hatte - und der heute abend auch wieder den meisten als vielleicht etwas enervierender Kommentator beim 2. Testspiel der Löw-Truppe ins Ohr fallen dürfte:
Die Rede ist natürlich von
Günter Netzer!
Und wieder sollte es
England sein, daß in der erste große Ära im Deutschen Fußball schon fast sowas wie eine Nemesis darstellt (das singuläre Ereignis `54 jetzt mal ausgenommen).
Und sogar in der Heimat der Leidtragenden dieses Abends sollte man voller Respekt und Bewunderung sein für diese damals noch nicht so gut gelittenen Deutschen - erstmalig!
Denn es war im altehrwürdigen
Wembley-Stadion, in dem noch nie eine deutsche Elf zuvor gewonnen hatte...
Fußball-EM, Magic Moments - Unsterblich dicke Strähnen[/b][b]Unter der Regie von Günter Netzer wird die DFB-Elf 1972 in London zur Legende.
Ihr revolutionärer Fußball lässt auch die Jugendlichen zu Hause glauben: Die
Welt gehört uns.
Von Hans-Jürgen JakobsEs regnete in London, und in Deutschland, vor dem Fernseher, erwartete man
nicht all zu viel von den eigenen Fußballern. Noch nie hatten Deutsche im
altehrwürdigen Wembley-Stadion gewonnen. Und die Begeisterung der
Weltmeisterschaft von 1970 in Mexiko war geschwunden.
Für uns Jugendliche war ein solcher Samstagfernsehabend mit der
Nationalmannschaft ein Gewohnheitstermin - und eher ein Vorwand für eine
improvisierte Bier-Salzstangen-Party. Doch dann sollte dieses Viertelfinalhinspiel
der Europameisterschaft in London (die Endrunde der vier besten Mannschaften
fand später in Belgien statt) zu einem unvergessenen Ereignis werden, mit einem
deutschen Team, das an diesem Abend den einfachen Gesetzen der Kickerkunst
entrückte. Nie mehr spielte - in der Erinnerung jedenfalls - eine deutsche
Nationalmannschaft so gut wie an jenem 29. April 1972 im Londoner
Wembley-Stadion.
Das lag wesentlich an einem Mann, der für seine Verhältnisse ungewöhnlich
eifrig in der Abwehr war, der mit raumgreifenden, schnellen Schritten den Ball in
die gegnerische Hälfte trieb, der lange, zentimetergenaue Pässe schlug und
schließlich auch mit einem Tor dieses Match entschied: Günter Netzer. Wenn
heute der einstige Regisseur von Borussia Mönchengladbach als Experte im
Fernsehen auftritt, dann ist scherzhaft oft von seinem angeblichen Phlegma und
von seiner Lauffaulheit die Rede - in Wembley jedoch lief keiner so viel wie dieser
Günter Netzer. Seine langen blonden Haare waren vom Regen in dicke Strähnen
verwandelt, er ackerte über diesen "heiligen Rasen“. Die englischen Zeitungen
waren voll des Lobes und nannten ihn "Siegfried“. Ein Star war geboren.
...
Nicht nur Netzer wurde an diesem Regenabend zur Legende. Auch zwei
20-Jährige fielen in der Mannschaft von Bundestrainer Helmut Schön auf - durch
Spritzigkeit, Spielfreude und Unbekümmertheit. Es waren Uli Hoeneß und Paul
Breitner vom FC Bayern München. Hoeneß brach immer wieder mit Soli in die
englische Abwehr ein. Er erzielte in der 25. Minute das 1:0. Auch seine langen
Haare wehten im Wind.
Wir Jugendliche am Fernseher schauten ungläubig. Das war nicht mehr der
herkömmliche deutsche Fußball, das war eine Revolution. Das war jugendlicher,
wilder, als es der DFB erlaubt. Hier spielten sich neue Vorbilder in unsere
Teenagerwelten. Wir öffneten die letzten Bierflaschen, knabberten am Salzgebäck,
und hatten das Gefühl, die Welt gehört uns. Deutschland wagte nicht nur mehr
Demokratie, es wagte auch besseren Fußball. Logisch, dass diese Elf später
Europameister wurde.
Alle Kriegsbeile begraben
"Diese elf deutschen Fußballspieler haben in 90 Minuten mehr Kriegsbeile
begraben als die vereinigten Diplomaten der beiden Länder zusammen in 27
Jahren“, schrieb Daily Mail nach dem Wembley-Wirbel: "Das war eine Mannschaft,
die die alte Vorstellung vom Charakter der Deutschen ad absurdum geführt hat."
Die Deutschen hatten also erstmals auf der Insel gesiegt - nicht mit teutonischem
Kampf, sondern mit moderner Spielkunst. Nicht mit einem Abwehrbollwerk,
sondern mit Angriffsspiel. Gegen eine Mannschaft, die mit Leuten wie Torhüter
Banks, Alan Ball, Bobby Moore oder Geoffrey Hurst noch einige Spieler aufbot, die
1966 in Wembley gegen Deutschland Fußball-Weltmeister geworden waren. Aber
das war jetzt Geschichte.
Während der Heimfahrt mit dem Fahrrad lief im Kopf noch einmal der Film von
London ab. Noch einmal eroberten die Spieler in den grünen Trikots den Rasen,
noch einmal eilte Günter Netzer aus der Tiefe des Raums heran. Es regnete in
London. Eine deutsche Nationalmannschaft wurde unsterblich.Ein Stück Geschichte und ein Stück Fußball-Historie.
Dem folgten neben dem erwähnten EM-Titel später noch die Final-Niederlage des dann Weltmeisters 1976 gegen
Tschechien und der erneute Titel 1980 mit dem Last-Minute-Tor von
Rumenigge/Hrubesch- bevor eine zerstrittene und skandalumwitterte Mannschaft unter dem seligen
Jupp Derweil erst den möglichen WM-Titel in Spanien verspielte und bei der EM 1984 schon im Gruppenfinale gegen den späteren Finalisten
Spanien spektakulär mit wiederum einen Last-Minute-Tor ausschied.
Diese letzte Niederlage sollte bezeichnenderweise die kuriose "Inthronisation" eines "Rückkehrers" aus der
"goldenen Ära" einleiten, dessen nächsten Schritt auf dem Weg zur "Lichtgestalt" und die nächste große Zeit der Deutschen Nationalmannschaft:
Eines gewissen BILD-Kolumnisten namens
Franz B.!
(
"Franz, Du mußt es selber machen."

)
Ergänzend:
Fußball-EM 1972
Der Ramba-Zamba-RebellEr verkörperte eine deutsche Ära des Aufbruchs und begeisterte mit seinen
Pässen selbst Feuilletonisten: Günter Netzer, Spielmacher aus der Tiefe des
Raumes.Eine SZ-Serie von Kurt RöttgenRagon, der Fußball-Fan
