THE HAPPENING:

Central Park, New York, morgens: Das Wetter ist schön, der Park gut gefüllt; plötzlich bleiben die Menschen stehen, wirken verwirrt - und bringen sich dann selbst um, mit allem, was dafür in Frage kommt!
Natürlich wird sogleich ein Terroranschlag vermutet und New York evakuiert. Davon betroffen ist auch Lehrer Elliot Moore (Mark Wahlberg), der gemeinsam mit seiner Frau Alma (Zooey Deschanel), seinem Lehrer-Kollegen Julian (John Leguizamo) und dessen kleiner Tochter zu dessen Verwandten nach Philadelphia fliehen will. Doch das mysteriöse Selbstmord-Phänomen breitet sich schneller aus als selbst der Zug nach Philadelphia fliehen kann. Also müssen Elliot und die anderen auf eigene Faust versuchen, sich in Sicherheit zu bringen ...

M. Night Shyamalan ist erst 37 Jahre alt und hat schon eine Achterbahnfahrt als Regisseur hinter sich, die mancher 80-jährige Hollywood-Veteran nicht vorweisen kann. Auf den Megaerfolg mit "The Sixth Sense" folgten die bei Publikum und Kritikern ebenfalls sehr populären "Unbreakable" und "Signs" (wenngleich dessen Kritiken schon etwas negativer wurden). Sein nächster Film "The Village" wurde dann von den Kritikern gnadenlos verrissen und war auch kommerziell nur noch durchschnittlich erfolgreich. "Das Mädchen aus dem Wasser" wurde schließlich zu Shymalans (vorläufigem?) Waterloo: Gehasst von den meisten (wenigen) Kinozuschauern, verachtet von den professionellen Schreiberlingen.
Doch nun schien ihm ein großes Comeback gelingen zu können: Sein neuer Film "The Happening", der erste, der in den USA die höchste kommerziell verträgliche Alterseinstufung "R" (freigegeben ab 17 Jahren) erhielt, sorgte schon lange vor Kinostart für Aufsehen: Es gab einen regelrechten Bieterstreit um das Drehbuch, ein früher Trailer legte die Internetserver beinahe lahm und der finale Trailer sah sogar noch besser aus.
M. Night Shyamalan also zurück in Hochform? Leider nein. Es hat schon seinen Grund, warum fast alle Szenen in den Trailern aus der ersten halben Stunde stammen - denn die ist das absolute Highlight des Films. Die bedrohliche Szenerie wird mit den von Shyamalan gewohnten atmosphärischen Bildern konsequent aufgebaut, der Boden für eine Achterbahnfahrt der Emotionen bis zum grandiosen Showdown bereitet. Nur leider: Keines der filmischen Versprechen des Anfangsdrittels wird überzeugend gehalten.

Die Ansätze sind wirklich vielversprechend: Shyamalan präsentiert dem Publikum einen überzeugten Öko-Thriller, der stilistisch zwischen Hitchcocks klaustrophobischem "Die Vögel" und der beißenden Gesellschaftskritik von Romeros "Zombie"-Filmen schwankt und dabei so weit geht, daß er von manchem Republikaner mit Sicherheit als anti-amerikanisch eingestuft wird ...
Aber gute Ansätze reichen eben leider nicht.
"The Happening" ist beispielsweise alles andere als ein charaktergetriebener Film. Jede Menge teils durchaus interessante Nebenfiguren verschwinden nach wenigen Minuten wieder aus der Handlung, selbst Leguizamos Figur - die zunächst wie eine zweite Hauptrolle neben Wahlberg wirkte - wird sträflich verschwendet. Und Mark Wahlberg? So gut er sein kann (siehe "The Departed"): Hier kann er seine klischeebehaftete Rolle nicht mit echtem Leben erfüllen. Lediglich Zooey Deschanel kann wirklich überzeugen und wird hoffentlich öfters in größeren Rollen zu sehen sein.
Daß es im Handlunngsverlauf einige Logikfehler gibt, ist bei einem Horrorfilm wenig überraschend und normalerweise nicht übermäßig störend. Dafür sorgen die teils doch sehr abstrus wirkenden Erklärungsversuche der Figuren immer wieder für Erheiterung im Publikum.
Allerdings: Ich glaube, daß Shyamalan das durchaus bewußt so gestaltet hat, um die Ahnungslosigkeit und Hilflosigkeit der Menschen gegenüber der Kraft der Natur zum Ausdruck zu bringen. In dem Fall wäre es also ein durchaus überzeugendes Stilmittel - das aber trotzdem irgendwie albern wirkt, genau wie einige doch sehr skurrile Figuren, die keinen ersichtlichen Zweck innerhalb der Handlung haben als ihre Skurrilität ...

Und gibt es wenigstens den erhofften grandiosen Showdown? Weit gefehlt. Das Ende ist genauso enttäuschend wie die 60 Minuten zuvor und der Schlußgag ist so vorhersehbar wie die falschen Wahlversprechen der Politiker vor jedem Wahlkampf.

Schade, wirklich schade. Was bleibt, ist ein gut gemeinter Öko-Thriller, der nach einem wunderbar beklemmenden Auftakt fast alles falsch macht und eigentlich nur mit seiner zynischen, letztlich anti-humanen Aussage überzeugen kann. Nunja. Das werden vermutlich viele menschliche Wesen anders sehen, aber zumindest Ddraiggy würde mir hier sicher zustimmen. grin
Eine zusätzliche leichte Abwertung gibt es für die geschnittene deutsche Version. Ich dachte vorher angesichts Shyamalans eigener Beschreibung der fehlenden Szenen im "FOCUS", daß es sich lediglich um ein paar Gewaltspitzen handeln würde, auf die man notfalls wirklich verzichten kann. Teilweise trifft das auch zu, aber die Wirkung des Prologs wird durch einen wichtigen Schnitt leider so ziemlich komplett kaputtgemacht. Das muß doch wirklich nicht sein! mad

Damit gibt es am Ende 4 Punkte von mir.
Und ich muß anmerken, daß ich eigentlich Shyamalan-Fan bin und selbst "The Village" und "Das Mädchen aus dem Wasser" noch einigermaßen mochte ...
Andererseits will ich aber auch nicht verschweigen, daß "The Happening" außerhalb der USA doch deutlich besser anzukommen scheint - was wohl meine These der "anti-amerikanischen" (richtiger wäre: "anti-Bush-amerikanischen") Handlung stützen dürfte. smile

Last edited by Ralf; 20/06/08 05:22 PM.