Holocaust - Die Ahnungslosen von EvianBei der Konferenz von Evian vor 70 Jahren weigerte die internationale
Staatengemeinschaft sich, die von Hitler verfolgten deutschen Juden
aufzunehmen - Historiker monieren, dass Politiker daraus zu wenig gelernt
haben.
Von Robert ProbstDie Teilnehmer der Konferenz im noblen franz�sischen Badeort Evian-les-Bains
hielten sich vornehm zur�ck. Im Juli 1938 entschied am Genfer See die
internationale Staatengemeinschaft �ber das Schicksal Tausender Juden, die
aus Nazi-Deutschland fliehen wollten. Doch in die inneren Angelegenheiten des
NS-Staates wollte sich keiner gern einmischen.Die Konferenz von Evian gilt als einer der besch�mendsten H�hepunkte der
Appeasementpolitik gegen�ber Adolf Hitler. Doch eine weitere Wahrheit dieser
Tagung im Luxushotel war auch: Die Emigrationswilligen waren nirgends
erw�nscht. Aber nur der Vertreter Australiens sprach Klartext: "Da wir kein
wirkliches Rassenproblem haben, versp�ren wir auch keine Neigung, durch eine
ausl�ndische Masseneinwanderung eines zu importieren."
Nach dem "Anschluss" �sterreichs im M�rz 1938 und den damit verbundenen
antisemitischen Ausschreitungen sowie dem heraufziehenden NS-Terror hatte
US-Pr�sident Franklin D. Roosevelt eine internationale Tagung angeregt, um
M�glichkeiten zur Hilfe f�r j�dische Emigranten auszuloten. Vom 6. bis 15. Juli
berieten die Diplomaten aus 32 L�ndern und Vertreter Dutzender j�discher
Hilfsorganisationen - und beschlossen letztlich die Gr�ndung eines
zwischenstaatlichen Fl�chtlingskomitees.
Doch niemand lockerte die Aufnahmebedingungen, keiner war bereit, seine
Einwandererquote zu erh�hen. Zum 70.Jahrestag hat nun das Zentrum f�r
Antisemitismusforschung der TU Berlin gemeinsam mit Pro Asyl und dem
Ausschuss f�r Menschenrechte und humanit�re Hilfe im Deutschen Bundestag
eine Tagung zum Thema "Festung Europa" veranstaltet. Der Historiker und Leiter
des Zentrums, Wolfgang Benz, nennt die Konferenz von Evian "eine historische
Schande f�r die zivilisierte Welt".
...
Benz kritisiert vor allem die "restriktive Fl�chtlingspolitik" der USA, die viele andere
Staaten in ihrer Haltung best�rkt h�tten. "B�rokratische Hindernisse, die durch
isolationistische Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus von
amerikanischer Seite aufgerichtet wurden, spielten die entscheidende Rolle."
Der V�lkische Beobachter kommentierte triumphierend: "Niemand will sie!" Die
westliche Presse fand schnell heraus, dass Evian umgekehrt gelesen das Wort
"naive" ergab.
"Heuchlerische Rhetorik"
Benz h�lt einen Vergleich der j�dischen Fl�chtlinge nach 1933 mit der Situation
heutiger Asylbewerber f�r zul�ssig. Jedoch seien die Lehren aus der Geschichte
"wenig nachhaltig". Zwar h�tten die V�ter des Grundgesetzes formuliert: Politisch
Verfolgte genie�en Asylrecht - doch wie kaum ein anderer Artikel sei der Satz
sp�ter durch "politische Formeln und juristische Klauseln" verw�ssert worden.Auch Heiko Kauffmann von Pro Asyl kommt zu einem bitteren Ergebnis:
"Missbrauch des Asylrechts" - dies sei auch den NS-Verfolgten vorgehalten
worden. In Evian habe die Zivilisation ihre Pr�fung nicht bestanden, sagt
Kauffmann. Heute erinnere die Politik der EU mit ihrem Konzept von Abschottung
und Abweisung "fatal an die heuchlerische humanit�re Beschw�rungs- und
Mitleidsrhetorik und ihren in der Sache jedoch unerbittlich harten Abwehrkurs
gegen�ber Fl�chtlingen vor 70 Jahren".
Doch Politiker sind f�r Geschichte offenbar wenig sensibel: Im Juli 2005 tagte
erneut eine Konferenz in Evian.
Diesmal waren es die Innenminister von
Gro�britannien, Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland. Ihr Thema:
"Bek�mpfung der illegalen Einwanderung und die konsequente R�ckf�hrung
ausreisepflichtiger Ausl�nder." Der gr��te Erfolg: Die Vereinbarung, Fl�chtlinge
per Charterflug in ihre Heimat zur�ckzubef�rdern.
...Ich denke das steht alles f�r sich selbst.

Ragon