Von ganz oben runter, einen Blick auf die Basis geworfen:


Die Krise der Trucker - Jeder Tropfen zählt[/b]

[b]Sie verbinden Küsten und Städte, ohne sie wären die USA nicht zu versorgen,
doch gegen die Diesel-Kosten sind auch Cowboys der Straße ohnmächtig.
Von Nikolaus Piper

Lou Esposito weiß, wie man Sprit spart. Er schaltet einen Gang höher, das
Zehn-Gang-Getriebe reagiert, der 550-PS-Motor ändert kaum hörbar seine
Drehzahl. "Du musst immer untertourig fahren, 1700 Umdrehungen, nicht mehr.
Sobald du drüber bist, geht das in die Kosten."

Einmal pro Woche fährt Lou Esposito diese Strecke: Von Douanesburg im
Bundesstaat New York Richtung Süden bis Edison in New Jersey und zurück nach
Albany, ein Neun-Stunden-Trip, Ladezeiten und Tankstopps inklusive. Er schafft
auf der Strecke pro Gallone (3,78 Liter) Diesel sieben Meilen, das entspricht
einem Verbrauch von 33,6 Litern auf 100 Kilometer. Eine respektable Leistung,
denn als Branchennorm gelten 42,5 Liter. Und heute kommt es auf ein paar Liter
an. An diesem Morgen hat Lou Esposito in Mahwah, an der Grenze zwischen New
Jersey und New York, getankt, für stolze 740 Dollar. Anfang vorigen Jahres musste
er für eine Tankfüllung noch die Hälfte zahlen, und das galt schon als sehr teuer.
...

Der Freightliner rollt auf den Hof eines Lagerhauses. "Fond du Lac Cold Storage"
ist eines der größten Weindepots der Ostküste: 170.000 Kubikmeter Lagerraum,
Platz für 14.000 Paletten Wein und unzählige Kisten Käse aus Europa. Im Büro
warten Trucker aus allen Ecken des Landes, bis ihr Auftrag abgewickelt wird.
Auch bei ihnen ist die Energiekrise das wichtigste Thema. "Es ist hart, du kommst
kaum noch auf deine Kosten", sagt Chester Davis aus Richmond in Virginia.
Dennis Osborne, der 16 Stunden Fahrt von Wisconsin hinter sich hat, erklärt, wie
man ein paar Gallonen mehr aus dem Lkw herausholt: "Du musst den
Reifendruck regelmäßig kontrollieren und das Tempolimit einhalten. Du setzt
Propan zu, dann verbrennt der Diesel besser." Auf dem Hof steht sein Lkw, der ist
mit allem ausgestattet, was die neue Zeit des teuren Diesels erfordert: Die
Zugmaschine ist aerodynamisch perfekt und sieht aus wie ein Raumschiff, keine
chromblitzenden Auspufftürme mehr, aber hinten ein kleines Hilfsaggregat: ein
Dieselmotor, der das Fahrerhaus mit Energie versorgt. Der Fahrer kann dann bei
Pausen den Motor ausschalten.
...

Auch das Geschäftsmodell des Lagers Fond du Lac in Edison ist durch niedrige
Energiepreise und hohe Grundstückspreise vorgegeben. In Manhattan ist Grund
und Boden so teuer, dass sich selbst Spitzenrestaurants keine großen Weinkeller
leisten können. Also haben sie ihre Vorräte am Fond du Lac ausgelagert; jeden
Tag bringt eine kleine Armada von 38 Kleinlastern den Wein über den Hudson
nach New York. Wahrscheinlich haben die Inhaber des Lagers Glück: New York
wird auch künftig so teuer bleiben, dass sich das Modell auch noch bei sechs
oder sieben Dollar pro Gallone lohnen dürfte.

"Wir sind konservativ"

Lou Esposito bringt den Wein in den Norden, in ein Lager nahe Albany, der
Hauptstadt des Staates New York. Bei jedem Schlagloch spürt man jetzt das
Gewicht von 22 Paletten Wein hinten im Auflieger. Er hat sein Satellitenradio

eingeschaltet, keine Musik, sondern Talkradio. Glenn Beck, ein bekannter
konservativer Radio-Talker, erzählt, wie wichtig für jeden Amerikaner das Recht
ist, eine Waffe zu tragen.
"Trucker sind konservativ", sagt Lou Esposito. Er selbst
glaube auch nicht "an den ganzen Quatsch mit der Erderwärmung". "Ja, die Erde
erwärmt sich, aber das tut sie schon seit der letzten Eiszeit."

Bei der Wahl will Esposito für John McCain stimmen. "Der liebt sein Land, das
kann man von allen anderen nicht sagen." Amerikas Trucker sind ein politischer
Faktor, wegen ihrer Zahl, aber auch, weil sie ein Symbol für das durchschnittliche,
patriotische Amerika sind. Sie gehören zu jenen Kräften, die als Konsequenz aus
der Energiekrise fordern, Ölbohrungen in Alaska und in den Küstengewässern
zuzulassen. McCain hat sein früheres "Nein" zu diesen Projekten bereits
zurückgenommen.

Für die Zukunft sieht Lou Esposito schwarz: "Das Land ist auf keinem guten Weg.
Bei fünf Dollar für Diesel kann Amerika nicht überleben."





Ragon, der Magier