Nachdem ich nun ein paar Stunden gespielt habe, die ersten Eindrücke:
Ehrlich gesagt begann es mit einer gewissen Ernüchterung. Nur 20 vorgefertigte Heldentypen, bei denen man nur Name, Geschlecht und Talentwerte verändern kann? Das ist für jemanden, der bei der NLT stundenlang an der richtigen Party herumgetüftelt hat, eindeutig zu wenig ...
Eigentlich wollte ich einen Thorwaler spielen, aber dessen Eigenschaften waren mir in den für die Gespräche entscheidenden Werten viel zu niedrig. Bei einem CRPG lege ich einfach Wert auf möglichst viele Gesprächsoptionen. Nun kann man einwenden, daß Thorwaler nunmal nicht unbedingt für ausgeklügelte Gesprächsführung bekannt sind. Stimmt schon, aber natürlich gibt es immer Ausnahmen (z.B. Skalden). Und die werden einem hier zumindest zu Beginn nicht offengelassen. Zähneknirschend habe ich mich also stattdessen für einen Krieger entschieden - nicht gerade phantasievoll, aber von den Werten her meinem bevorzugten Spielstil am entgegenkommendsten.
Allgemein muß ich auch sagen, daß mir die neuen DSA-Regeln bzgl. Steigerungen nicht allzu sehr zusagen - aber dafür kann "Drakensang" natürlich nichts.
Nunja, dann also auf ins Getümmel mit meinem frisch geschaffenen Krieger: Und es folgt der nächste Schock! Was ist denn DAS bitteschön für eine Kameraführung? Warum zum Teufel kann sich die Kameraführung nicht automatisch nach der Blickrichtung des Helden ausrichten wie in so vielen anderen Spielen? Oder warum kann man nicht wenigstens per einfachen Maus-Herumschwenkens die Kameraperspektive ändern? Stattdessen geht das nur mit gedrückter rechter Maustaste und auch dann relativ mühselig. Sehr gewöhnungsbedürftig. Aber - Entwarnung: Man gewöhnt sich in der Tat ziemlich schnell daran. Wirklich komfortabel ist es trotzdem nicht. Vielleicht wird da ja noch per Patch was geändert - keine Ahnung, wie aufwendig das zu machen wäre.
Aber genug Negatives, denn seit diesen beiden frühen Schocks kann ich eigentlich nur noch Positives berichten. Bereits zu Beginn beeindruckt mich, wie konkret die Leute auf meinen Krieger reagieren und auch seine Gesprächsoptionen nach seinem Stand ausgerichtet sind - das macht Neugier darauf, wie das bei den 19 anderen Heldentypen aussieht (Wiederspielbarkeit! :)) und dürfte zugleich erklären, warum es eben nur 20 Archetypen gibt. Wenn die dafür wirklich alle über den kompletten Spielverlauf hinweg so sorgfältig und individuell gestaltet sind, dann wäre das wohl mehr als genügend Kompensation für das geschmälerte "Erschaffungsvergnügen" ...
Die ersten Aufgaben sind typische Anfängerquesten: Nicht allzu originell, aber aventurisch-stimmig. Das Kampfsystem finde ich dank Auto-Pause prima. Fast wie der gute alte NLT-Rundenkampf.

Ziemlich bald stößt man dann auch auf die ersten zusätzlichen Partymitglieder - und ein erstes, ganz besonderes Gastpartymitglied! Eine Zeitlang zusammen mit keinem Geringeren als
durch die Gegend zu reisen, muß einfach für jeden DSAler ein Vergnügen sein!

Überhaupt sind die NPCs in der Anfangsgegend Avestreu durchgehend interessant gestaltet und die Dialoge teils bereits sehr witzig (mein bisheriger Favorit, vorsichtshalber als Spoiler, um niemandem den In-Game-Spaß zu verderben

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Ein Angeber, der davon erzählt, wie er keinen anderen als Hyggelik - ja, dem mit der Schicksalsklinge! - in einem Kampf besiegt hat; und das, obwohl Hyggelik mit zwei Äxten in jeder Hand gekämpft hat!
Die Grafik gefällt mir sehr gut. Zwar natürlich nicht auf Shooter-Niveau, aber ausgesprochen stimmig und atmosphärisch, mit vielen Details. Einziger kleiner Kritikpunkt: Den Dunkelwald hätte ich mir etwas ... nun, *dunkler* vorgestellt ...

Bislang fühle ich mich also trotz der genannten kleinen Mängel - von denen nur die Kameraführung wirklich ins Gewicht fällt - sehr gut unterhalten. Avestreu habe ich fast beendet, dann wird wohl auch erst die eigentliche Story richtig Fahrt aufnehmen.
Bisher erlebte Bugs: Null. Ich dachte, ich hätte einen erwischt, als sich eine Truhe partout nicht knacken lassen wollte. Man brauchte aber lediglich einen ganz bestimmten Schlüssel dafür. Hätte man vielleicht irgendwie deutlich machen können (statt einfach die "Schlösser knacken"-Option ohne Erklärung zu streichen), aber nicht weiter schlimm. Die Stabilität ist bislang auch gewährleistet: In den höchsten Einstellungen hat das Spiel nur an einer einzigen Stelle etwas geruckelt (im Alten Stollen - obwohl an der Stelle eigentlich gar nichts besonderes ist ...).

P.S.: Da fällt mir ein: Im weitesten Sinne habe ich doch einen Bug erlebt. Einen KI-Bug, gewissermaßen. Denn wenn ich gerade erbittert mit einem Rudel Wölfe kämpfe und dann unvermittelt im Hintergrund in wenigen Metern Entfernung in aller Seelenruhe ein Reh vorbeitrottet, dann entbehrt das nicht einer gewissen Komik.
