„Wo willst du hin?“ fragt der Beschwörer.
„Mein Ring liegt immer noch außerhalb der Stadt, ich dachte es sei zu gefährlich ihn zu bald nach der Versiegelung zu holen. Außerdem kann ich nicht schlafen und gehe ein wenig… spazieren.“
Ephraim nickt nachdenklich.
„Dann wünsche ich dir viel Glück, und nicht vergessen, morgen früh reiten wir los.“
„Ja. Ich werde da sein.“ Mit diesen Worten verabschiedet sich der Magus.
Die Stadt ist leer, kaum Menschen sind auf den Straßen, das einzige bemerkbare Leben kommt aus den Tavernen, aus welchen Gelächter und Lärm zu vernehmen ist.
Langsamen Schrittes geht Salterian Richtung Südtor. Während ihn die kalte Abendluft umgibt, durchdenkt er noch ein Mal die Ereignisse der letzten Tage.
War das alles Schicksal? Was wäre, wenn er nicht zufällig an dieser Stadt vorbeigekommen wäre? Der Sturm war viel zu stark. Ein normaler Siegelmagier hätte keine Chance gehabt, nur durch seinen rechten Arm war es ihm möglich, den Sturm zu bändigen, was ihm jedoch fast das Leben gekostet hat. Sein Arm. Der Magus wirft seinen Blick darauf. Unter dem schlichten, dunklen Umhang ist er kaum zu sehen. Salterian denkt sogar, dass das Leuchten etwas schwächer geworden ist, nachdem die Siegel aufgefrischt worden sind.
Aber das ist jetzt nebensächlich.
Nach wenigen Minuten hat er das Südtor erreicht. Irgendetwas macht ihn nachdenklich. Er weiß nicht genau was, aber da ist etwas. Vielleicht ist es einer der anderen. Wer weiß, ob das ganze nicht eine Falle ist und einer von denen zu dieser ominösen “Sturm Sekte“ gehört? Doch wer? Und wenn, konnte das alles von jemand anderem geplant worden sein? Sein Besuch in die Stadt? Seine Siegelmagie? Die Unterstützung des Beschwörers? Der Beschwörer. Vielleicht ist er derjenige?
Darkon? Nein, eher nicht. Dieser Betrunkene Halbelf vielleicht? Salterian muss lachen. Nein, der sowieso nicht. Bleiben noch Vinco und die Frau.
Die Frau. Salterian bekommt Kopfschmerzen, irgendwo hatte er sie schon mal gesehen, doch es ist ihm während der letzten drei Wochen nicht eingefallen. Das ist es wahrscheinlich, was Salterian nachdenklich macht. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr, oder zumindest kennt er sie bereits.
Gedanken versunken geht Salterian weiter und wird erst wachgerüttelt, als er mit dem Kopf gegen etwas stößt.
Sich die Stirn reibend geht er einige Schritte zurück und wendet seinen Blick nach vorne. Er steht vor seinem Siegelring. Er besitzt momentan eine Größe von etwa vier Metern. Eigentlich ungewöhnlich, wo es normal doch nur drei sind, der Sturm muss den Ring wohl enorm verstärkt haben, fragt sich nur, ob diese Kraft zu kontrollieren ist.
Der Boden um den Ring herum ist kahl und die Vegetation ist verschwunden, anscheinend hat er die ganzen Tage über sehr viel magische Energie verstrahlt und somit die Pflanzen zerstört.
Salterian streckt seine linke Hand aus.
Der Ring gehorcht und steigt empor, wodurch er viel Erde und Staub aufwirbelt, da er zu einem Teil im Boden versunken war. In seiner ganzen Größe merkt Salterian den Unterschied deutlich, es kostet auch mehr Kraft den Ring zu kontrollieren, auch wenn er ihn gerade nur durch die Luft fliegen lässt. Salterian lässt den Ring schrumpfen, merkt jedoch dass das nicht so klappt wie früher. Er wird kleiner, gewiss, aber er bekommt ihn nicht auf die Ringgröße für seine Hand, das kleinste, was er hin bekommt, ist sein Unterarmumfang. Der Magus beschließt, der Sache später auf den Grund zu gehen und zweckentfremdet seinen Ring nun als Armreif. Ansonsten ist der “Ring“ immer noch Derselbe. Entgegen seiner Befürchtung ist das Windelement, durch die große Energiemenge des Sturms, nicht zerstört worden, Salterian beschließt jedoch, trotzdem eine Weile keinen Gebrauch von ihm zu tun.
Jemand nähert sich ihm.
Als er sich umdreht erkennt er die Person sofort. Es ist Cynthia.
„Bist du mir gefolgt?“ fragt Salterian.
Die Magierin schüttelt den Kopf.
„Nein, ich hab nur gesehen, wie ihr die Stadt verlassen habt und bin dann...“
„Das ist folgen...“
„Ich wollte nur sehen wohin ihr geht.“
Salterian nickt.
Morgen geht es also Richtung Obsidian Turm, richtig?
„Ja.“
Der Magus kann kein richtiges Gespräch mit der Frau eröffnen.
„Wo kommt ihr her?“
„Wieso fragt ihr das?“
„Interesse.“
„Ihr seid etwas merkwürdig, so jemanden vergisst man nicht, aber, kenne ich euch vielleicht irgendwoher?“
„Ich wüsste nicht, woher.“
„Zu eurer Frage, ich habe bei der Akademie des Nordens studiert. Habt ihr schon mal von ihr gehört?“
Salterian geht auf die Magierin zu, lenkt seine Schritte dann jedoch ab. Im Vorbeigehen sagt er noch:
„Gehört, ja.“
Er hofft, dass er sein vor Schmerzen verzerrtes Gesicht erst aufgesetzt hat, als er ihr den Rücken zugekehrt hat. Die Schmerzen kommen aus seinem rechten Arm. Er erinnert sich.
„Ich… wir sehen uns morgen, ich gehe jetzt zu Bett. Angenehme Nacht.“
Als Salterian beim Gasthaus angekommen ist, ignoriert er den Beschwörer, der immer noch draußen ist, sich nun aber sitzend an die Wand lehnt, und geht durch die Tür und die Treppe rauf direkt in sein Zimmer, um todmüde und von Schmerzen gequält ins Bett zu fallen.
Ein anderes Szenario. Wieder befindet sich Salterian in dieser Einöde, ohne Nichts, nur der staubige, trockene Boden.
Und sein Ebenbild, von drei Obelisken angekettet vor ihm.
Der Gefangene hebt den Kopf.
„Endlich, wurde auch Zeit.“
Langsam bröckelt der Rost von der Kette ab.
Last edited by Skydragon; 09/11/08 11:18 AM.