Ich finde nicht, dass Pat es sich zu einfach macht - ich wollte wissen, warum es gerade Esperanto sein soll, und mit dem Austauschen von Esperanto durch Englisch hat er gezeigt, dass auch in deinem Post nicht viel für Esperanto spricht.

Originally Posted by Ddraigfyre
1.) In gar nicht mal so wenigen Regionen dieser Welt ist nicht Englisch die stärkste Fremdsprache, sondern Französisch, Spanisch oder sogar - Deutsch.


Gut, aber wo ist Esperanto die stärkste Fremdsprache, so dass es mit dem wenigsten Aufwand verbunden wäre, sie als Welthilfssprache einzuführen?

Originally Posted by Ddraigfyre
2.) Englisch ist eine Sprache, die im wesentlichen an zwei Nationen geknüpft ist, welche in weiten Teilen dieser Welt überhaupt nicht so beliebt sind - die USA und England. Esperanto ist eine "freie" und national neutrale Sprache, die nicht schon wegen ihrer Herkunft abgelehnt wird.


Na ja, Wikipedia führt da auf, dass Englisch in folgenden Ländern gesprochen wird: Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Kanada, Australien, Südafrika, Neuseeland, Jamaika, Nigeria, Ghana, Irland, Indien, Pakistan und 94 weiteren Ländern.

Die angebliche Neutralität ist immerhin mal ein Argument, wenn auch ein schwaches: Esperanto kann man zwar als "national neutral" bezeichnen, aber es ist nicht "regional neutral", sondern vorwiegend den europäischen Sprachen entlehnt. Für einen Araber, Asiaten oder Afrikaner gibt es im Esperanto nicht viel, was ihn an seinen Kulturkreis oder seine Art, sich auszudrücken, erinnert. Insofern ersetzt man eine einseitig englische Ausrichtung durch eine einseitig europäische Ausrichtung, wenn man statt Englisch Esperanto lehrt ... ob das ein so großer Unterschied ist?

Und die Grundidee der Verständigung, des Redens statt Kriegführens, die sicherlich hinter Esperanto steckt, gilt für alle anderen Plansprachen auch. Aber kann man nicht Englisch (oder jede andere Sprache) mit derselben Intention lernen, sich friedlich untereinander verständigen zu wollen?

Originally Posted by Ddraigfyre
3.) Wenn zwei Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt sich unterhalten möchten, müssen fast immer BEIDE eine neue Sprache lernen - idR. derzeit Englisch. Lerne ich z.B. Finnisch, weil ich einen Freund in Finnland habe, nutzt mir das im Rest der Welt herzlich wenig und ist daher noch wesentlich blödsinniger, als Dein "doppelter Aufwand".


Richtig, wenn du rein zufällig zwei Menschen herausgreifst, müssen meist schon beide eine neue Sprache lernen. Aber wenn man eine Welthilfssprache einführen will, warum muss man dann allen zumuten, eine neue Sprache zu lernen? Nur aus "Gerechtigkeitsgründen"?

Wenn man eine sehr weit verbreitete Sprache nimmt, spart man es vielen Menschen, eine neue Sprache lernen zu müssen. Und Esperanto bietet da mit rund 200 Muttersprachlern bzw. bis zu 2 Millionen Sprechern eine sehr magere Grundlage.

Originally Posted by Ddraigfyre
4.) Würde man dazu übergehen, weltweit Esperanto als Weltsprache in den Schulen zu lehren, hätte sich das Argument mit dem Nutzen oder der geringeren Zahl von Esperanto-Sprechern innerhalb von 1-2 Generationen erledigt. Was soll das überhaupt für ein Argument sein?


Du argumentierst da ja auch nicht wirklich für Esperanto; man könnte genauso gut irgendeine andere Sprache auswählen und sagen, die solle weltweit an allen Schulen gelehrt werden.

Das mit dem Nutzen war kein Argument, sondern eine einfache Feststellung, aus welchen Gründen Menschen sich heutzutage entscheiden, eine bestimmte Sprache zu lernen. Für eine Sprache, die verpflichtend in der Schule gelehrt würde, wäre die Frage nach dem Nutzen nachrangig. Aber man kann sich ja trotzdem mal ansehen, aus welchen Gründen Erwachsene diese und nicht jene Sprache lernen. Das erklärt vielleicht, warum Esperanto heute noch vergleichsweise wenige Sprecher hat, obwohl es die Sprache schon seit 1887 gibt und sie von Anfang an als Welthilfssprache gedacht war.

Originally Posted by Ddraigfyre
5.) Wenn jeder Esperanto spricht, könnten auch alle Bücher in Esperanto geschrieben werden oder alle Spielfilme in Esperanto gedreht werden. Ebenso Computerspiele und sonstige vielgenutzte Unterhaltungsmedien. Wäre es nicht großartig, sich nicht mehr mit miesen Übersetzungen oder winzigen Untertiteln rumärgern zu müssen, oder irgendwelche Medien überhaupt nicht nutzen zu können, weil Übersetzungen davon gar nicht erst existieren ? Wäre es nicht wunderbar, überall auf der Welt Informationen oder Zeitungen lesen zu können, so dass man die Leute nicht mehr so leicht mit erlogener Propaganda manipulieren kann ?


Auch das ist kein Argument für Esperanto, weil das mit jeder anderen Sprache als Welthilfssprache ebenfalls möglich wäre. Abgesehen davon wäre es ein immenser Verlust an kultureller Vielfalt, wenn künftig nur noch in Esperanto geschrieben, gefilmt usw. würde. In verschiedenen Sprachen gibt es durchaus sehr verschiedene Ansätze, sich auszudrücken, die sich auch auf die Art zu denken auswirken. Du scheinst hier nicht mehr für Esperanto als Zweitsprache, sondern für Esperanto als Erstsprache für alle zu argumentieren. Und Lügen und Propaganda kann man sicher auch auf Esperanto formulieren wink

Wenn plötzlich die ganze Welt Esperanto spräche, müsste übrigens erst mal ein gigantischer Berg an vorhandenen Werken ins Esperanto übersetzt werden, damit sie weiterhin nutzbar wären. Ich nehme an, die Kosten dafür würdest du gnädigerweise aus deinem Portohort beisteuern, weil sich ja nicht unbedingt ein paar Milliarden Übersetzer gleich ohne Honorar an die Arbeit machen? wink

Originally Posted by Ddraigfyre
Natürlich wird es einen Anpassungsprozess geben müssen, der gerade für unsere Generation(en) schwierig wird, weil wir eben alle noch beschränkte Muttersprachler sind, die bestenfalls 1 oder 2 Fremdsprachen sprechen und den Rest der Welt nicht verstehen können. Natürlich wird das nicht von heute auf morgen passieren und auch viele Schwierigkeiten mit sich bringen. Aber das deshalb abzulehnen ist eine eher kleingeistige Denkweise. Und es muss ja kein Esperanto sein, sondern kann auch eine neu zu erfindende Sprache sein, die aus einem Optimum der Nutzbarkeit aller Sprachen dieser Welt ermittelt wird.


Auch das klingt wieder nach einem Argument für Esperanto als Erstsprache. Klar, es hätte einige Vorteile, wenn alle Menschen irgendwann dieselbe Muttersprache sprechen würden, aber es wäre gleichzeitig mit einem großen Verlust verbunden. Gegenwärtig gibt es mehrere Sprachen, die es bald vielleicht nicht mehr gibt, weil die wenigen letzten Sprecher sterben. Ist das für dich eine begrüßenswerte Entwicklung auf dem Weg zur einheitlichen Weltsprache?

Ich finde es gut, dass es so viele verschiedene Kulturen auf der Welt gibt, und Kulturkreise werden oft durch eine gemeinsame Sprache zusammengehalten, die sie gleichzeitig von anderen abgrenzt. Häufig ist die Sprache sogar DAS prägende Element eines Kulturkreises. So praktisch und in mancher Hinsicht positiv es wäre, wenn jeder Mensch dieselbe Sprache spräche - ich fände es schade, wenn so wesentliche Identifikationselemente so vieler verschiedener Kulturkreise verloren gingen.

Ob es eine "bessere" Plansprache als Esperanto gibt, kann ich nicht beurteilen, aber es gab mehr als einen Versuch, Esperanto zu verbessern. Vielleicht könnte man mit dem heutigen Wissen auch besser als 1887 eine Sprache erstellen, die für möglichst viele Menschen möglichst leicht zu lernen ist und dabei keine Region der Welt eindeutig bevorzugt. Regional relativ neutral wären übrigens auch Quenya oder Klingonisch ... wink

Originally Posted by Ddraigfyre
Die meisten gravierenden Probleme dieser Welt haben wir nunmal, weil wir eben nicht alle dieselbe Sprache sprechen.


Na ja. Welche gravierenden Probleme meinst du? Klimaerwärmung, Umweltverschmutzung, Raubbau an der Natur, Kampf um Ressourcen, Arbeitslosigkeit, Hunger? In mehreren afrikanischen Ländern ist Englisch Amtssprache. Hindert das amerikanische Firmen, Bodenschätze und Bevölkerung auszubeuten? (Nicht, dass Firmen anderer Länder besser wären, aber die gemeinsame Sprache ist da nun mal gar kein Hindernis).