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Huch! Wo bin ich?
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PARIS, PARIS: Paris, Mitte der 1930er Jahre: Inmitten des Spannungsfeldes zwischen den Nachwehen der Weltwirtschaftskrise, dem erstarkenden Faschismus und der gleichfalls erstarkenden sozialistischen Arbeiterbewegung versucht eine Gruppe arbeitsloser Künstler das altgediente Theater "Chansonia" wieder erfolgreich in Betrieb zu nehmen. Erwartungsgemäß stoßen sie dabei auf viele Hindernisse ... "Paris, Paris" ist die erste Regiearbeit von Christophe Barratier nach seinem Überraschungserfolg "Die Kinder des Monsieur Mathieu" aus dem Jahr 2004, wobei erneut Gérard Jugnot die Hauptrolle übernimmt. Optisch ist "Paris, Paris" ein wahrer Augenschmaus. Offensichtlich wurde ein nicht geringer Teil des Budgets in die Wiederbelebung der 1930er Jahre und des Vaudeville-Theaters gesteckt und das zahlt sich aus. Leider kann die Handlung da nicht ganz mithalten, denn die Hauptstoryline um eine Dreiecksgeschichte (mit dem neuen Asterix-Darsteller Clovis Cornillac und der bezaubernden Neuentdeckung Nora Arnezeder) wirkt über weite Strecken wie aus "Moulin Rouge!" geklaut, allerdings ohne dessen Kitsch und Pathos (die bei dieser Art von Film einfach unverzichtbar sind, damit er funktioniert ). Dafür können einige Nebenstränge mehr überzeugen, etwa die Vater-Sohn-Story um Jugnots Filmfigur oder - mein Lieblingsteil des Films - die Geschichte eines klaustrophobischen ehemaligen Stardirigenten (eigentlicher Star des Films: Pierre Richard - wobei ich zugeben muß, daß ich ihn echt nicht erkannt habe! Erst beim Abspann fiel der Groschen ), der seinen Lebensmut wiederfindet. Die Behandlung der oben genannten historischen Themen ist ein weiterer Pluspunkt des Films. Zwar bleibt sie zwangsläufig (da sie eben nicht im Zentrum des Films steht) relativ oberflächlich, verkommt aber niemals zum Selbstzweck und bereichert somit die Handlung und die Vertiefung der Charaktere. Leider wartet die erste Hälfte des zweistündigen Filmes mit einigen argen Längen auf, was die Gesamtwertung nach unten zieht. Denn die zweite Hälfte ist dann genau der Film, den ich erhofft hatte. Und das liegt auch an der Musik und den schönen Chansons, die nun auf der Theaterbühne dargeboten werden. Insgesamt also ein schöner französischer Vorweihnachtsfilm, der nach sehr zähem Beginn doch noch zu einem kleinen Highlight wird. 7,5 Punkte.
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EIN QUANTUM TROST:
In einigen Punkten stimme ich Elgi zu: "Ein Quantum Trost" ist leider deutlich schwächer, Regisseur Marc Forster hat es mit dem Einsatz der Wackelkamera etwas übertrieben und die Story ist eher enttäuschend. Dennoch fällt mein Gesamtfazit positiver aus, was vor allem daran liegt, daß ich zwar nicht gerade ein Wackelkamera-Fan bin, aber auch keine wirklichen Probleme damit habe (bei den "Bourne"-Filmen soll ja etlichen Zuschauern schlecht geworden sein, aber ich habe mich sehr schnell daran gewöhnt).
Positiv sind wie erwartet wieder die schauspielerischen Leistungen von Daniel Craig und Dame Judi Dench zu bewerten, auch Olga Kurilenko gefällt als toughes Bondgirl. Mathieu Amalric dagegen, noch zu Jahresbeginn gefeiert und OSCAR-nominiert für "Taucherglocke & Schmetterling", bekommt leider kaum Gelegenheit zu glänzen und wird somit wohl als einer der uninteressantesten Bond-Bösewichten aller Zeiten in die Filmgeschichte eingehen. Das liegt natürlich vor allem am Drehbuch, das den Charakteren allgemein sehr wenig Spielraum zur Entwicklung gewährt und dabei noch nicht mal eine wirklich interessante Grundstory zu erzählen hat.
Zudem paßt vor allem im ersten Filmdrittel die Erzählstruktur nicht wirklich: Eine Actionszene reiht sich an die nächste, ohne große Erklärungen, manchmal sogar scheinbar ohne echten Sinn (zumindest ist für den Zuschauer nicht immer einer ersichtlich), erst nach etwa einer halben Stunde beruhigt sich alles ein wenig und die typischen Bond-Stärken können sich zumindest einigermaßen entfalten.
Daß ich insgesamt dennoch halbwegs zufriedengestellt den Kinosaal verließ, liegt wohl wirklich vor allem an Daniel Craig und seiner überzeugenden Darbietung als infolge der Ereignisse in "Casino Royale" getriebener, vielleicht sogar verzweifelter Mann, der nicht nur in "M"s Augen stets an der Schwelle zum puren Amoklauf steht. Craig trägt diesen Film, er prägt (gemeinsam mit Kurilenkos Figur der Camille) die pessimistische Grundstimmung, die viel wichtiger für das Gelingen ist als die zahllosen - trotz Wackelkamera im allgemeinen ganz ordentlichen - Actionszenen. Und in den wenigen ruhigen Momenten der Geschichte gelingt es Forster sogar, seine eigentlichen Stärken als Autorenfilmer auszuspielen (etwa zu Beginn der Bregenz-Sequenz).
Fazit: "Ein Quantum Trost" wird wohl als einer der schwächeren Beiträge zur Bond-Reihe in Erinnerung bleiben, vom Niveau her etwas über "Stirb an einem anderen Tag". Aber selbst ein schwacher Bond-Film ist immer noch ein akzeptabler Actionfilm. 6,5 Punkte.
Last edited by Ralf; 10/12/08 05:37 PM.
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AUSTRALIA: Wir schreiben das Jahr 1939. Die britische Aristokratin Lady Sarah Ashley (Nicole Kidman) reist nach Australien, um auf der dort von ihrem Mann bewirtschafteten Farm nach dem Rechten zu sehen. Doch als sie ankommt, ist ihr Mann ermordet und Lady Ashley findet schnell heraus, daß der Vorarbeiter der Farm, Neil Fletcher (David Wenham), in Wirklichkeit für den Rinderbaron Carney (Bryan Brown) arbeitet und heimlich die besten Rinder der Farm zu Carneys Herden bringt. Lady Ashley feuert Fletcher kurzerhand und entschließt sich, gemeinsam mit dem raubeinigen Viehtreiber Drover ("Sexiest Man Alive" und frischgebackener OSCAR-Moderator: Hugh Jackman) und den verbliebenen Farmarbeitern - ein Säufer, ein chinesischer Koch und einige Aborigines - die Viehherde nach Darwin zu treiben, wo sie an die Armee verkauft werden soll. Carney, der unbedingt das Rindermonopol in Australien will, ist davon nicht begeistert ... Auf diesen Film habe ich lange gewartet. Es ist das erste Werk von Baz Luhrmann seit seinem Meisterwerk "Moulin Rouge!" vor sieben Jahren und es ist ein klassisches Leinwandepos, wie man es heutzutage kaum noch zu Gesicht bekommt. Nun ist "Australia" endlich da und bietet fast alles, was ich mir davon erhofft habe: Phantastische Breitwandbilder, einen schwelgerischen Soundtrack, gute Schauspieler, eine dramatische Story, große Gefühle - und das alles eingebettet in historische Ereignisse wie den japanischen Angriff auf Darwin 1941 und den allgegenwärtigen Rassismus gegenüber Aborigines und Mischlingskindern. Bin ich also wunschlos glücklich, so wie bei "Moulin Rouge!"? Leider nicht. "Australia" hat mir mehr als zweieinhalb Stunden lang viel Freude bereitet, aber ein Meisterwerk ist er nicht geworden. Die Grundstory ist für diese Filmlänge recht dünn und manche Filmfiguren sehr oberflächlich. Mit Abstand am meisten hat mich jedoch der von David Wenham verkörperte Ober-Bösewicht des Films genervt. Die Rolle des Neil Fletcher ist fast eine Kopie des damals von Richard Roxburgh verkörperten Duke in "Moulin Rouge!". Doch wo dessen Boshaftigkeit dort erstens noch einigermaßen nachvollziehbar war und vor allem zweitens wunderbar in diese Extravaganz von einem Film paßte, wirkt die Figur des Fletcher im eher im historischen Realismus verhafteten "Australia" merkwürdig fehl am Platz. Fletcher ist so unfaßbar böse und frei von jeglichen positiven menschlichen Charakterzügen, daß er in meinen Augen kein Mensch mehr ist, sondern nur noch die Karikatur eines Menschen. Ein klassischer Klischee-Oberschurke, wie er eher in eine bunte Comic-Verfilmung passen würde. Vor allem ist im historischen Rahmen der Handlung, in dem es Ungerechtigkeiten und Tragödien zu genüge gibt, eine solche Figur sowieso überflüssig. Da hätte der auch nicht gerade sympathische Rinderbaron Carney als authentischer Haupt-Bösewicht des Films vollauf genügt, doch im Vergleich zu Fletcher ist Carney ein echter Engel ... Glücklicherweise gibt es lange Passagen von "Australia", in denen Fletcher überhaupt nicht vorkommt, dennoch hat mich diese Rolle wirklich genervt und kostet den Film in meiner Bewertung mindestens einen Punkte. Erfreulich ist dafür, daß Regisseur Luhrmann die lange Laufzeit des Films ausgenutzt hat, um geschickt glaubwürdige und (soweit vorgesehen) sympathische Nebencharaktere zu etablieren, die man in den meisten Hollywood-Blockbustern der heutigen Zeit lange suchen kann, ohne Erfolg zu haben. In einer dieser Nebenrollen ist übrigens auch Jacek Koman, der "narkoleptische Argentinier" aus "Moulin Rouge!", wieder mal zu sehen. Eine echte Entdeckung ist zudem 12-jährige Brandon Walters, der das Mischlingskind Nullah spielt, für das Lady Ashley sehr bald mütterliche Gefühle entwickelt. Zudem fungiert er als Erzähler des Films. Ich bin gespannt, was von ihm in den nächsten Jahren noch zu erwarten ist. Fazit: "Australia" ist ein wahrlich klassisches Abenteuerepos, das vor allem ältere Semester und Frauen ansprechen dürfte (ich glaube auch, daß ich der mit Abstand jüngste Zuschauer im Saal war ...). Nicht umsonst muß man in keiner Kritik lange auf den obligatorischen Vergleich mit "Vom Winde verweht" und/oder "Jenseits von Afrika" warten. Allerdings muß ich sagen, daß mir "Australia" deutlich besser als diese beiden Filme gefiel - vielleicht auch deshalb, weil man solch ein Epos einfach im Kino sehen muß und das habe ich bei "Vom Winde verweht" und "Jenseits von Afrika" natürlich nicht geschafft. Von mir erhält "Australia" jedenfalls zufriedene 7,5 Punkte. Und wie erwähnt: Ohne den bösen Bösewicht wäre die Wertung noch deutlich höher ...
Last edited by Ralf; 26/12/08 02:47 PM.
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VICKY CRISTINA BARCELONA: Die beiden jungen Amerikanerinnen Vicky (Rebecca Hall) und Cristina (Scarlett Johansson) verbringen den Sommer in Barcelona. Eines Abends taucht in einem Restaurant der spanische Maler Juan Antonio (Javier Bardem) an ihrem Tisch auf und bietet den beiden attraktiven Damen kurzerhand an, mit ihm das Wochenende in Oviedo zu verbringen - Sex inklusive. Während die bodenständige und glücklich verlobte Vicky entrüstet ablehnt, ist Cristina sofort fasziniert von diesem spanischen Freigeist. Sie nimmt das Angebot an und Vicky kommt auch mit, damit Cristina keine Dummheiten anstellt. Doch dann entwickelt sich alles ganz anders erwartet und als auch noch Juan Antonios ziemlich durchgeknallte Ex-Frau Maria Elena (Penelope Cruz) auftaucht, nehmen die amourösen Komplikationen weiter zu ... Auf seiner Europa-Tour ist Regie-Altmeister Woody Allen nach drei London-Filmen ("Match Point", "Scoop" und "Cassandras Traum") nun also in Spanien angelangt. Und der Ortswechsel hat ihm wieder einmal gut getan. "Vicky Cristina Barcelona" ist der lustigste Woody seit "Im Bann des Jade Skorpions" vor über zehn Jahren! Dabei dreht sich alles nur um die Liebe in ihren verschiedensten Formen. So gut wie alle Figuren scheinen sind stets auf der Suche nach der für sie richtigen Form der Liebe, selbst solche, bei denen man das zu Beginn gar nicht erwartet. Aber glücklicherweise ist diese ewige Suche verpackt in überwiegend sehr amüsante Dialoge, dargeboten von begnadeten Schauspielern. Vor allem Bardem und Cruz - deren spanisch-sprachige Dialoge fast komplett improvisiert sind - ist die Spielfreude anzusehen, sie leben ihre eigentlich ziemlich übertriebenen Charaktere als Obermacho und hysterische Sirene leidenschaftlich aus. Doch im Zentrum steht immer wieder Scarlett Johansson. Nicht immer im Zentrum der Handlung, aber umso öfter im Zentrum der Kamera. Denn es ist nicht zu übersehen, daß Woody Allen, der alte Schwerenöter, tierisch auf sie steht - und wer will es ihm verdenken? Die Kamera liebkost regelrecht ihr Gesicht, ihren Körper, selbst wenn sie nur dasteht, während andere Figuren reden, sieht das Publikum häufig nur ihr Gesicht. Jaja, Woody kann es halt nicht lassen ... eigentlich erstaunlich, daß er sich in den drei Filmen, die er mit Johansson bereits gedreht hat, noch keine einzige Liebesszene mit ihr in die Drehbücher geschrieben hat. Jedenfalls funktioniert "Vicky Cristina Barcelona" als romantische Komödie wunderbar, auch wenn die Gagdichte der ersten 20 Minuten leider nicht durchgängig gehalten wird und das Ende etwas sehr abrupt kommt. 8 Punkte.
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Und damit gleich zu meiner traditionellen Kino-Jahresbilanz - diesmal leider etwas weniger repräsentativ als sonst, da ich nur etwa halb so viele Kinobesuche wie in den Vorjahren geschafft habe ... Wie immer zählen jene Filme, die ich im Kalenderjahr 2008 gesehen habe und wie immer ist die Reihenfolge der Filme rein subjektiv. Die Top15: 1. There will be Blood Nicht weniger als ein grandioses Meisterwerk, das in die Filmgeschichte eingeht! 2. The Dark Knight Die beste Comic-Verfilmung aller Zeiten und einer der besten Popcorn-Filme aller Zeiten! 3. Brügge sehen ... und sterben? Der mit Abstand witzigste Film des Jahres! 4. Hellboy 2 - Die Goldene Armee Der mit Abstand fantasievollste Film des Jahres! 5. WALL-E Der mit Abstand gefühlvollste Film des Jahres! 6. Darjeeling Limited Eine unspektakuläre, aber höchst amüsante Komödie von Wes Anderson. 7. Michael Clayton Konventionell erzählter, aber spannend und innovativ inszenierter Verschwörungsthriller. 8. Der Nebel Wunderbar atmosphärischer Gruselfilm nach Stephen King. 9. Keinohrhasen Der beste und erfolgreichste deutsche Film des Jahres punktet vor allem mit offenherzigen Dialogen und brüllkomischen Cameos. 10. Charlie Bartlett Kleine, aber feine Independent-Komödie. 11. Tödliche Entscheidung Das Charakterdrama ist zwar sehr langatmig erzählt, entfacht im Finale aber eine emotionale Wucht von shakespeare´schen Ausmaßen. 12. Get Smart Einfach witzig, vor allem in der Originalfassung. 13. Juno Kluge und unterhaltsame Independent-Komödie um einen schwangeren Teenager. 14. Willkommen bei den Sch´tis Der erfolgreichste französische Film aller Zeiten punktet auch in Deutschland dank einer hervorragenden Synchronisation, die den innerfranzösischen culture clash einwandfrei in die deutsche Sprache hinüberrettet. 15. Gefahr und Begierde Ang Lees erotisches Spionage-Drama zeigt trotz Überlänge wieder mal die großen Stärken des taiwanesischen Regisseurs. Amerikanische Filme dominieren meine Top15 diesen Jahres, allerdings halten sich Hollywood- und Independent-Produktionen in etwa die Waage. Abgerundet wird der Cocktail durch - das gibt´s bei mir selten! - einen deutschen, einen französischen, einen britischen und einen taiwanesischen Beitrag. Die Flop5: 1. Alien vs. Predator 2 Nicht nur eine Beleidigung für jeglichen Fan einer der beiden zugrundeliegenden Filmreihen, sondern auch für sich genommen einfach nur unglaublicher Schrott und der schlechteste Film, den ich je im Kino über mich ergehen lassen mußte! 2. The Happening Ich war wirklich stets nachsichtig mit M. Night Shymalan und mochte selbst seine letzten, von den meisten Kritikern bereits verrissenen Werke "The Village" und "Das Mädchen aus dem Wasser" - aber "The Happening" ist einfach nur schwach. 3. Wanted Visuell überzeugend, aber vorhersehbar und gewaltverherrlichend - einfach nur ärgerlich. 4. Das Waisenhaus Ein Gruselfilm, wie man ihn schon 1000 Mal gesehen hat - und daher trotz gelungener Auflösung insgesamt langweilig. 5. Akte X - Jenseits der Wahrheit Mittelmäßiger Krimi ohne großes "Akte X"-Flair. Guilty Pleasure des Jahres: Speed Racer Von den Kritikern verachtet, aber eigentlich grelles, spaßiges Popcorn-Kino, das den Zuschauer nicht mit unnötiger Handlung von den spektakulären Schauwerten ablenkt. Insgesamt hat das Kinojahr 2008 hervorragend begonnen, verlor in der zweiten Jahreshälfte aber zunehmend an Fahrt. Zwar gab es immer noch viel Gutes zu bestaunen, doch Herausragendes gab es kaum noch. Im Durchschnitt also ein durchschnittliches Kinojahr.
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Joined: Mar 2003
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Insgesamt hat das Kinojahr 2008 hervorragend begonnen, verlor in der zweiten Jahreshälfte aber zunehmend an Fahrt. Zwar gab es immer noch viel Gutes zu bestaunen, doch Herausragendes gab es kaum noch. Im Durchschnitt also ein durchschnittliches Kinojahr. Sehe ich auch so - leider, denn von den Titeln her hatte ich mir sehr viel erhofft. ;( Ich werde nur eine Top5 auflisten: 1. There will be Blood - besser war kein Film in den letzten Jahren! 2. Cloverfield - perfekte Inszenierung. 3. Michael Clayton - feiner Thriller alter Machart. 4. The Dark Knight - besser als Batman Begins, zu Ehren von Heath Ledger. 5. Hellboy 2 Ehrenpreis geht an: Juno, weil er in der Retrospektive doch ein kleiner, lieber Film ist. Der Super-Ehrenpreis natürlich an: John Rambo (allerdings in der Uncut-Variante) Der Enttäuschungen gibt es einige, hier eine Auswahl: - Indy 4 - Burn after Reading - in gewisser Weise auch No Country for Old Men - Wanted(!) - Das Vermächtnis des geheimen Buches - Quantum of Solace
Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"
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Joined: Apr 2003
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"Wanted" habe ich noch nicht gesehen. ich bin aber ein Fan der Comicvorlage - deshlab traue ich mich fast nicht, mir den Film zu "geben".
"Indy 4" fand ich - nachdem ich auf 50er umgestellt habe - eigentlich ganz toll. Mein Lieblingsteil ist immer noch der Kreuzzug - irgendwie sind sie 30er für mich einfach "indyger".
"The Dark Knight" ist grandios - hätte meiner Meinung nach aber in zwei Filme geteilt werden sollen aber dafür mit verlängertem Twoface-Teil.
"Hellboy 2" konnte ich leider auch noch nicht sehen aber als Fan des Comics und des ersten Filmes sehe ich da positiv entgegen.
Meine grosse Enttäuschung war "Quantum of Solace", der meiner Meinung nach zwar ein netter (leich besser als mittelmässig) Actionfilm geworden ist, aber für mich kein James Bond ist (was übrigens nicht an Craig liegt).
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Joined: Mar 2003
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"Wanted" habe ich noch nicht gesehen. ich bin aber ein Fan der Comicvorlage - deshlab traue ich mich fast nicht, mir den Film zu "geben". Ich habe keine Ahnung, wie werknah der Film ist... aber wenn der Comic genauso bescheuert ist und du ihn dennoch magst, kannst du ihn dir anschauen. So schlecht der Film ist: Ich habe mir dennoch die Blu-ray bestellt. Denn audiovisuell war das schon nicht schlecht - und bei DEM Pfundkurs muß man einfach nahezu täglich bei Amazon UK zuschlagen.
Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"
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Joined: Mar 2003
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Soweit ich weiß, hat "Wanted" sich ziemlich weit von der Comicvorlage entfernt - mit Billigung des Comic-Autors Mark Millar, der sich deshalb im Internet auch diverse Schmähungen als "Hure" u.ä. anhören durfte, weil er sein Werk "verkauft" habe. Nunja, angesichts des Geldes, das er durch den Film verdient hat, wird er damit leben können ...
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Joined: Mar 2003
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Weiss von euch eigentlich jemand, wann der schwedische Vampirfilm " Let the Right One In" in Deutschland erscheint? Der wuerde mich dann doch auch mal interessieren, zumal er ja einige gute Kritiken zu bekommen scheint.
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Joined: Mar 2003
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Der läuft schon seit ein oder zwei Wochen unter dem deutschen Titel "So finster die Nacht" (IMHO eine der besseren Eindeutschungen im Kinobereich ...). Allerdings ist er deutschlandweit nur in 42 Kinos gestartet, du mußt also eventuell etwas suchen. In meinem Stammkino wird er leider nur spätabends gezeigt, falls sie ihn nicht noch irgendwann etwas vorverlegen, gibt es leider keine Kritik von mir ...
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Joined: Mar 2003
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Aha, so kann man sich also vor einer der erbarmungslosen Kritiken von Ralf "in Sicherheit bringen" - die Filme immer nur als Spätvorstellungen.
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Joined: Mar 2003
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RIGHTEOUS KILL (dt: Kurzer Prozess)Der zweite Film, in dem Robert de Niro und Al Pacino wieder gemeinsam vor der Kamera stehen (nein, der Pate 2 zählt nicht) - das kann doch nicht schief gehen oder? Schauen wir mal. Erst zur Story: Eine Reihe von nicht verurteilten Straftätern wird professionell und kaltblütig ermordet. Die ermittelnden Cops Turk (De Niro) und Rooster (Pacino) stehen besonders im Fokus - nicht nur weil Turk ein ruppiger, cholerischer Cop alter Schule ist, sondern auch noch direkt oder indirekt mit den Opfern zu tun hatte. Zudem deuten die Indizien halt auf einen Cop als Täter hin... war es nun Turk, der seinem beruflichen Frust über frei herumlaufenden Abschaum freien Lauf läßt? Oder steckt doch etwas anderes dahinter? Ganz ehrlich: Die Story ist dünn, sogar äußerst dünn - mit einem leidlich überraschenden Ende, über das ich nichts verraten will, damit die Spannung aufrechterhalten bleibt. der Film lebt einzig und allein von den Morden und der Auflösung der Verbrechen. Der Hintergrund der Taten, die wirkliche Motivation des Täters, mehr über die Opfer, die Beziehungen zwischen den Charakteren... bis auf wenige Ausnahmen (besonder dann am Ende halt) bleibt das alles unbefriedigenderweise im Dunklen. Mehr wüßte ich jetzt nicht darüber zu schreiben... Wenn wir zu den Schauspielern kommen... Robert De Niro spielt den grimmigen, alten Cop mit Bravour - auch wenn es keine allzu herausfordernde Rolle ist. Al Pacino hingegen fand ich extrems unterfordert... teilweise erinnerte seine Rolle und auch sein Spiel an Vincent Hanna aus Heat, aber hat viel zu wenig Tiefgang und nahezu keinen Raum, sich richtig zu entfalten. Schade eigentlich. Die restlichen Darsteller sind OK, John Leguizamo (spielt einen anderen Cop, den Partner von Donnie Wahlberg, der seine Sache auch gut macht) nervig wie eh und je (für mich zumindest ), Carla Gugino (so eine Art CSI-Tussi und zugleich Turks Sex-Freundin) so lecker wie eh und je (für mich zumindest ). Was bleibt übrig? Eigentlich nichts Weltbewegendes. So gesehen bin ich relativ enttäuscht über den Film... denn vom Zusammentreffen der beiden Kinogiganten hätte ich immens mehr erwartet. Am Ende ist es "nur" ein guter Cop-Thriller mit einigen Schwächen. An Heat allerdings kommt er nicht einmal in Ansatz heran - der bleibt sowohl was das Zusammentreffen von Pacino und De Niro angeht, als auch was die allgemeine Einstufung als Film betrifft, einsame Spitze! Note: 6,5/10 (mindestens 0,5 Punkte Bonus für Al Pacino und vor allem Bobbie die Niere )
Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"
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Joined: Mar 2003
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TRANSPORTER 3: Bei einem "Transporter"-Film muß man nicht groß über die Handlung reden: Es gibt keine. Na gut, theoretisch geht es um illegale Giftmüllentsorgung, Entführung und Erpressung. Aber praktisch stehen wie immer Action und knackige Oneliner im Vordergrund. Und das ist auch gut so! Nunja, leider gilt obiger Paragraph diesmal nur halb, nämlich für die erste Filmhälfte. In der zweiten gibt es bis zum krachenden Showdown leider fast gar keine Action mehr, stattdessen versuchen sich Regisseur Olivier Megaton und die beiden Autoren (darunter immerhin Luc Besson, von dem man eigentlich mehr erwarten dürfte ...) in langsameren, charakterbezogenen Szenen. Und das geht gewaltig in die Hose. Hauptdarsteller Jason Statham ist ein hervorragender, charismatischer Actiondarsteller und dabei sogar ein passabler Schauspieler (wie er zuletzt in "Bank Job" zeigen durfte) - als männlicher Part einer Romanze taugt er nicht wirklich. Zumal, wenn der in der ersten Filmhälfte durchaus überzeugende weibliche Part - gespielt von Newcomerin Natalya Rudakova in ihrer laut IMDB allerersten Filmrolle - immer mehr zur tierischen Nervensäge verkommt. Ja, das ist Charakterentwicklung, die Actionfilme so häufig vermissen lassen. Allerdings schlechte und unglaubwürdige Charakterentwicklung. Und die teils lachhaft trashigen Dialoge helfen auch nicht unbedingt. Zum Glück gibt es aber eben auch die erste Filmhälfte und die bietet alles, was man sich von einem neuen "Transporter"-Film erhofft: Erstklassig choreographierte Kampfszenen, in denen Statham mit seiner phantasievollen Miteinbeziehung der Kampfumgebung im besten Sinne an die alten Jackie-Chan-Abenteuer erinnert - sicherlich das Verdienst des bewährten Kampfchoreographen Corey Yuen (auch wenn der eigentlich öfter mit Jet Li als mit Chan gearbeitet hat) -, eine Prise Humor (für die wie in den Vorgängern v.a. Francois Berléand verantwortlich zeichnet) und jede Menge Tempo. Dazu mit Robert Knepper aus "Prison Break" ein schön finsterer Bösewicht und Ex-Bond-Schurke Jeroen Krabbé ("Der Hauch des Todes") ist auch mal wieder zu sehen. Schade, daß dieser spaßige Auftakt nicht durchgehalten wird. Erste Filmhälfte: 8 Punkte. Zweite Hälfte: 4 Punkte (und das auch nur dank des Showdowns). Ergibt also im Schnitt 6 Punkte und damit den IMHO schwächsten Film der Reihe (Teil 1 habe ich mit 6,5 in Erinnerung, Teil 2 dürften wohl so um die 7,5 gewesen sein). Kurioserweise ist dieser dritte Teil in Deutschland aber um ein Vielfaches stärker gestartet als die beiden Vorgänger ...
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Joined: Mar 2003
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HITMAN
Ich bin ja normalerweise ein Fan von Spielverfilmungen und sogar das unsägliche Mario Brothers hat einen Trash-Sympathiebonus. Hitman allerdings kriegt den nicht. Ich musste sogar zweimal schauen, ob der Film nicht in Wirklichkeit von Uwe Boll kommt!
Lasst mich ganz kurz zum Spiel kommen: Ziel des Spieles ist es auf möglichst verteckte und auffällige Art jemanden umzubringen (meist aus relativ noblen Gründen) und zum "Extraction-Point" zu gelangen - möglichst ohne Spuren zu hinterlassen oder unschuldige zu verletzen/töten.
Im Film geht es um eine Horde Mörder (wie 47), die allesamt nicht zielen können, einem 47, der wild umsichballernd durch die Gegend zieht, und einer von Plotlöchern strotzenden abstrusen Handlung. Wohlwollende 3 Punkte, wenn man auf einen Ballerfilm steht, als Hitman-Verfilmung allerdings furchtbar! Gestern habe ich HITMAN auf BD gesehen und bin überrascht, daß ich gänzlich anderer Meinung als der liebe Pat bin. Es gibt reichlich Action - die herrlich blutig und übertrieben ist ABER nicht hektisch geschnitten -, der Humor kommt nicht zu kurz, Olga Kurylenko sieht zum Anbeißen aus und macht ihre Sache sogar recht gut, Timothy Olyphant - den ich im Vorfeld als sehr schlechte Wahl empfunden hatte - überzeugt ebenfalls auf ganzer Linie... und die Story, nun ja, sie ist nicht Oscar-verdächtig, aber immerhin ist sie vorhanden und für einen Action-Reißer und eine Computerspiel-Umsetzung ist sie eigentlich gar nicht mal so schlecht. Alles in allem bin ich - als großer Fan der Spiele - positivst überrascht und nachgerade begeistert... und gebe daher höchst subjektive 9 Punkte. Wohlgemerkt: Die Note gibt's für einen überzogenen, stylisch inszenierten, teilweise lustigen Action-Kracher, und zwar von einem Fan der Spiele. Ganz und gar nicht jedermanns Sache, aber mir hat er ausgesprochen gut gefallen. Und Ralle: Im Free-TV würde ich DEN Film nicht anschauen wollen.
Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"
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Joined: Mar 2003
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Und Ralle: Im Free-TV würde ich DEN Film nicht anschauen wollen. Habe ich aber vor! Und da der Film von der FSK ungeschnitten mit "keine Jugendfreigabe" durchgewunken wurde, sollte es eigentlich auch im Free-TV keine Zensur-Probleme geben.
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Joined: Mar 2003
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Naja, wir werden ja sehen, ob sie ihn wirklich irgendwann mal gänzlich ungeschnitten zeigen.
Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"
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Joined: Mar 2003
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Heute habe ich mir mal wieder ein Double Feature gegönnt:
OPERATION WALKÜRE - DAS STAUFFENBERG ATTENTAT:
Noch Monaten voller überwiegend negativer Presse zeigten sich Kritiker und Historiker beim Filmstart überrascht, daß der Film ja doch kein totaler Reinfall geworden ist! Das ist leider durchaus bezeichnend für die absolute Ahnungslosigkeit, die einen Großteil des deutschen Feuilletons heute mehr denn je auszuzeichnen scheint. Mal ehrlich, man muß doch nur die Namen anschauen, die hinter diesem Projekt stehen: Regie führte Bryan Singer, Regisseur von "Die üblichen Verdächtigen" und "X-Men 1 + 2". Das Drehbuch stammt von Christopher McQuarrie, Autor von "Die üblichen Verdächtigen". Vor der Kamera stehen unter anderem: Tom Cruise, Tom Wilkinson, Kenneth Branagh, Bill Nighy, Thomas Kretschmann, Carice van Houten, Terence Stamp, Christian Berkel, Eddie Izzard, Bernard Hill und Matthias Schweighöfer. Wie konnte irgendjemand ernsthaft erwarten, daß bei solch einer versammelten Menge an Talent ein Debakel herauskommen würde? Selbst im schlimmsten Fall hätte es nur ein mittelmäßiges Hollywood-Helden-Epos werden können. Wurde es aber nicht.
Bryan Singer hat letztlich einen klassischen historischen Verschwörungs-Thriller geschaffen. Es ist kein Kriegsfilm, überhaupt gibt es nur sehr wenige Action-Szenen. Stattdessen stehen die Handlung und die Dialoge im Vordergrund, was den ausgezeichneten Darstellern natürlich schön viel Raum zum Glänzen bietet. Was allerdings auch ein kleines Problem von "Operation Walküre" ist, denn trotz insgesamt ordentlicher Leistung bleibt Hauptdarsteller Tom Cruise im Vergleich zu etlichen seiner Kollegen ziemlich blaß. Was aber immerhin gleichzeitig die vorher von vielen Seiten geäußerte Befürchtung der pathetischen Heldenzeichnung den Stachel nimmt. Zwar wird Stauffenbergs anfängliche Hitler-Unterstützung mit keinem Wort erwähnt, was man durchaus kritisieren kann. Aber es wird auch nicht so dargestellt, als wäre er immer gegen Hitler gewesen. "Operation Walküre" präsentiert ganz einfach einen bestimmten Ausschnitt aus der Geschichte und aus Stauffenbergs Leben - beginnend mit seiner schweren Verwundung in Afrika. Aber ein glattgebügelter Super-Saubermann ist er keineswegs. Überhaupt ist es eigentlich sogar überraschend, wie wenig Pathos Singer in sein Werk hat einfließen lassen. Dabei würde sich die Geschichte ja durchaus dafür anbieten. Doch Singer setzt allein auf die Kraft der Handlung und seiner Darsteller und diese Strategie funktioniert. Insgesamt haben selbst die meisten Historiker eingestehen müssen, daß sich "Operation Walküre" weitgehend an die historischen Fakten hält - auch wenn Singer und McQuarrie naturgemäß manche Details aus dramaturgischen Gründen leicht verändert und diverse Dialoge schlichtweg erfunden haben. Künstlerische Freiheit nennt man das und es ist völlig legitim, auch bei historischen Stoffen.
In technischer Hinsicht gibt es wenig zu bemängeln, wenngleich der ganze Film optisch und akustisch (für einen Hollywood-Film) erstaunlich unspektakulär wird. Dafür gelingt es ihm aber, nach einer ersten Hälfte mit ein paar Längen, den Zuschauer in der zweiten Filmstunde zunehmend gefangenzunehmen. Ja, man fiebert mit Stauffenberg und den anderen Verschwörern mit und hofft, daß sie es schaffen - natürlich wider besseren Wissens. Daß "Operation Walküre" das schafft, spricht auf jeden Fall für ihn. Von mir gibt es 8 Punkte. Mit einem geeigneteren Hauptdarsteller (und damit meine ich ausschließlich die schauspielerischen Fähigkeiten) wäre noch mehr drin gewesen.
ZEITEN DES AUFRUHRS (leichte *SPOILERWARNUNG!!!*, da ich hier etwas tiefer in die Analyse eindringen werde, was nicht völlig ohne Spoiler möglich ist): In der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Richard Yates geht es um ein junges Ehepaar, das zu Beginn der 1950er Jahre in einer typischen amerikanischen Kleinstadt lebt. Frank Wheeler (Leonardo DiCaprio) hat einen langweiligen Telefon-Verkäufer-Job, den er haßt. Seine Frau April (Kate Winslet) langweilt sich als Hausfrau und Mutter zweier Kinder zu Tode. Beide sind mit ihrem Leben unzufrieden. Beide trauern ihren einstigen Träumen nach. Beide haben Affären. Beide lassen ihren Frust am jeweils anderen aus. Nein, "Zeiten des Aufruhrs" ist nicht wirklich ein Feelgood-Movie und auch keine Werbeveranstaltung der katholischen Kirche für den Sinn der geheiligten Institution der Ehe ... In gewisser Hinsicht ist es ein idealer Nachfolger für Regisseur Sam Mendes´ Durchbruch mit "American Beauty" vor zehn Jahren. Hier wie dort seziert er die amerikanische kleinbürgerliche Gesellschaft mit Argusaugen und offenbart (nicht nur dem amerikanischen Publikum) unbequeme Wahrheiten. Doch wo Mendes bei "American Beauty" eine beißende, schwarzhumorige Satire schuf, ist "Zeiten des Aufruhrs" ein reinrassiges Drama, das den Zuschauer ähnlich desillusioniert zurückläßt wie seine Protagonisten. Zwar ist auch "Zeiten des Aufruhrs" nicht völlig frei von Humor, allerdings bleibt einem das Lachen buchstäblich im Halse stecken, so zynisch wird er präsentiert.
Bestes Beispiel dafür ist die Figur des John Givings (für dessen Darstellung Michael Shannon die überraschenderweise einzige OSCAR-Nominierung des Casts erhalten hat). Denn de facto sind weder Frank noch April Wheeler positive Identifikationsfiguren oder gar Helden der Geschichte. Eigentlich sind beide sogar abschreckende Beispiele, in denen sich allerdings mit Sicherheit mehr Menschen selbst wiedererkennen werden, als es ihnen lieb ist (und da nehme ich mich selbst nicht aus). Der einzige "Held" von "Zeiten des Aufruhrs" ist meiner Ansicht nach ebenjener John Givings, denn er ist der einzige, der stets die Wahrheit sagt und auf das enge Korsett gesellschaftlicher Konventionen in den 1950er Jahren pfeift. Mit der Konsequenz, daß er von der Gesellschaft offiziell für verrückt erklärt und in der Psychiatrie mit 37 (!) Stromstoß-Therapien "behandelt" wurde. Das ist wohl bezeichnend für Yates´ Sicht der kleinbürgerlichen Gesellschaft und, mal ehrlich: SO ungeheuer viel hat sich seitdem letztlich auch nicht geändert (abgesehen von den Stromstößen glücklicherweise ...).
Natürlich ist die erzählte Geschichte nichts für jeden. Es gibt mit Sicherheit Menschen, die empört fragen, worüber sich April und Frank eigentlich beschweren. Sie haben ein normales, in materieller Hinsicht weitgehend sorgenfreies Leben, ein Leben, das andere als "erfüllt" oder "schön" bezeichnen würden. Und dieser Einwand ist vollkommen berechtigt. Doch das Herz will, was es will. Ein solches "normales" Leben mag für viele Menschen zufriedenstellend oder gar erstrebenswert sein - für andere ist es eine Schreckensvorstellung. Und zu diesen Menschen zählen April und Frank. Sie zerbrechen unter der Last der Konventionen, obwohl sie wieder und wieder versuchen, sich anzupassen - die Lüge zu leben. Für ihre Kinder und für die Gesellschaft, die das und nichts anderes von ihnen erwartet. Als die beiden zwischenzeitlich Pläne für einen völligen Neubeginn schmieden, stoßen sie denn auch auf nichts als Unverständnis bei Bekannten und Freunden.
Wie Sam Mendes das Schicksal dieses jungen Ehepaars schildert, ist durchaus kontrovers, meiner Meinung nach jedoch nichts weniger als meisterhaft. Wenn man sich so umhört und im Internet liest, haben offenbar etliche Kritiker und sonstige Zuschauer Probleme mit der betont distanzierten Inszenierung der Geschehnisse. Das kann ich sogar nachvollziehen. "Zeiten des Aufruhrs" verzichtet eben komplett auf jegliche Sympathieträger. Für April und Frank empfindet man abwechselnd Mitleid, Unverständnis, Verständis, Zorn. Und die anderen Filmfiguren sind auch nicht wirklich besser dran. Und wer die Eheleute als mickrige, weinerliche, ewig unzufriedene Mimosen empfindet (was ebenfalls eine mögliche und absolut verständliche Haltung wäre), der wird sich kaum emotional auf das persönliche, für den neutralen Beobachter häufig maßlos übertrieben wirkende Drama dieser beiden Durchschnitts-Menschen einlassen. Und somit den Film auch nicht "genießen" können, falls dieses Wort bei einem Film dieser Art wirklich angemessen ist. Wer sich jedoch darauf einläßt und sich zumindest ansatzweise in April und/oder Frank einfühlen kann, der wird mit einem wirklich tollen, nachdenklich machenden Drama belohnt, dessen Inhalt und Aussage so traurig wie zeitlos sind und das an Klassiker wie "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?", "Tod eines Handlungsreisenden" oder "Little Children" erinnert.
Das Ganze kleidet Mendes in atmosphärische, poetische Kleinstadtbilder, begleitet von einem wieder mal sehr schönen Soundtrack von Thomas Newman (der allerdings stark an frühere Kompositionen von ihm erinnert, etwa "Road to Perdition"). Achja, und natürlich bleiben die Schauspieler. Und es wird wenige überraschen, daß Kate Winslet und Leo DiCaprio sich hier buchstäblich die Seele aus dem Leib spielen. Umso empörender, daß beide nicht für den OSCAR nominiert wurden, nachdem Winslet ja immerhin bereits den Golden Globe für ihre Rolle gewonnen hat (und DiCaprio für einen nominiert war). Zudem kommt es dank Kathy Bates als Vermieterin der Wheelers zu einer schönen Dreier-"Titanic"-Wiedervereinigung und in weiteren Nebenrollen überzeugen auch die teilweise bislang unbekannten David Harbour, Kathryn Hahn, Jay O. Sanders, Zoe Kazan und Dylan Baker.
Insgesamt ist "Zeiten des Aufruhrs" meiner Meinung nach also das nächste Meisterwerk von Sam Mendes. Ein sperriges Meisterwerk zwar, das vermutlich nur ein zahlenmäßig relativ begrenztes Publikum vollends begeistern wird. Nichtsdestotrotz ein Meisterwerk. 9 Punkte.
Last edited by Ralf; 26/01/09 07:37 PM.
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DER SELTSAME FALL DES BENJAMIN BUTTON:Basierend auf einer Kurzgeschichte des "Der große Gatsby"-Autors F. Scott Fitzgerald erzählt der Film die Lebensgeschichte von Benjamin Button (Brad Pitt), der 1918 mit den körperlichen Merkmalen eines alten Mannes geboren - und fortan körperlich immer jünger wird. David Finchers Film wurde für sage und schreibe 13 OSCARs nominiert und die meisten dieser Nominierungen hat er auch verdient - speziell jene im technischen Bereich, denn optisch wie akustisch kann man "Benjamin Button" nur großes Lob zollen. Inhaltlich dagegen konnte er meine (sehr hohen) Erwartungen nicht ganz erfüllen. Der Beginn ist sehr gelungen und zugleich einfühlsam wie humorvoll erzählt. Doch spätestens in der zweiten Filmhälfte des gut 160 Minuten langen Epos merkt man zunehmend, daß eigentlich sehr wenig passiert. Während die erste Hälfte auch dank Benjamins Erlebnissen in der großen, weiten Welt stets im Fluß bleibt, konzentriert sich die zweite Hälfte fast ausschließlich auf die schwierige Liebesgeschichte zwischen Benjamin und Daisy (Cate Blanchett) - schwierig natürlich vor allem deshalb, weil Daisy normal altert, während Benjamin immer jünger und jünger aussieht. Diese Geschichte ist schön und mitunter sogar herzzerreißend erzählt, mir persönlich aber definitiv zu schnulzig. Zumal auch der zunächst reichlich vorhandene Humor immer stärker in den Hintergrund tritt. Insgesamt hat mich "Der seltsame Fall des Benjamin Button" ständig an Tim Burtons "Big Fish" erinnert. Inhaltlich ähnlich - beide Filme zeigen die sehr skurrile Lebensgeschichte eines außergewöhnlichen Mannes inklusive großer Liebesgeschichte -, entfernen sie sich vom Stil her zunehmend. Man kann wohl sagen, daß, wo "Big Fish" die ganze Zeit über vor allem ein wunderschönes, humorvolles und vor Phantasie schier übersprudelndes Märchen bleibt, "Benjamin Button" nach ähnlich skurrilem und phantasievollen Beginn (samt wunderbarem Running Gag) immer stärker in Richtung großes Melodram abdriftet. Das wird sicherlich vielen gefallen - vermutlich vor allem der weiblichen Zuschauerschaft -, ich bevorzuge aber eindeutig die "Big Fish"-Lösung. Schauspielerisch ist eines klar: "Der seltsame Fall des Benjamin Button" ist hervorragend gespielt. Zwar fehlen bis auf die beiden Hauptdarsteller die ganz großen Stars, aber dafür sind sämtliche Nebenfiguren - unter ihnen Jason Flemying, Elias Koteas, Elle Fanning, Julia Ormond, Tilda Swinton und die ebenso wie Pitt für einen OSCAR nominierte bisherige TV-Darstellerin Taraji P. Henson - hervorragend besetzt. Von mir gibt es 8 Punkte.
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