Holy Mother of God, Pat schreibt eine Kinokritik?

Ja, meine Damen und Herren, ich kam wieder einmal ins Kino!
Ich habe die Gelegenheit genutzt, den Film zu sehen, auf den ich seit etwa 20 Jahren warte:


WATCHMEN

Die Geschichte um eine Gruppe Superhelden, die - anders als im Film behauptet - NICHT Watchmen heissen, ist nichts anderes als mein Lieblingscomic.

Ich habe dementsprechend versucht, meine Erwartungen tief zu halten - was nach den Trailern ziemlich schwer war.
Visuell hat mich "Watchmen" beeindruckt. Klar, einige der Kostüme wurden ein wenig modernisiert aber der Look des Filmes war unverkennbar Watchmen (bis auf die Autos aber dazu vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt mehr).

Die Musik allerdings ist katastrophal! Dafür gehört Snyder eine Ohrfeige. Nicht nur ist die Selektion der typisch 80er-Songs miserabel (wenn ich daran denke, was für geniale Musik die 80er sonst geboten hätte), sondern auch die Musik, die eigens für den Film komponiert wurde, ist mehr oder wneiger nur nerviges Kreischen. Ich mach ja oft den Witz mit dem Komponiosten, der einfach eine Runde auf einem CASIO-Keyboard rumhaut - aber das klang wirklich so!
Ich mag gar nicht daran denken, wieviel Atmosphäre ein passender orchestraler Soundtrack - mit richtigen Themen - gebracht hätte. So Schade!
Und - aber das lag vielleicht am Kino - im Verhältnis zur viel zu lauten (mir schmerzten zum Teil die Ohren) Musik waren die Dialoge viel zu leise.

Zu den einzelnen Charakteren werde ich zu einem späteren Zeitpunkt kommen. Soweit sei einfach mal gesagt, dass hier Snyder ebenfalls eine deftige Ohrfeige verdient.
Weshalb reitet unser "visionärer Regisseur" denn ellenlang auf unwichtigen oder nebensächlichen Dingen rum und lässt essentielle Fakten einfach weg.
Ja, sicher, es ist "in" die Charakter "dunkel" darzustellen. Aber sind die Watchmen-Charaktere nicht dunkel genug? Müssen sie mit Absicht noch dunkler gemacht werden bis zu einem Punkt an dem das Publikum jedes Mitgefühl für sie verliert?
Man hört aus Amerika wie "cool" die Charaktere sind und - allen voran - wie "awesome" Rorschach ist. Huh? Waren die im gleichen Film wie ich?
Rorschach wurde zu einem Psychopathen degradiert dessen "Auftauen" gegen Ende fast schon auf dem Nichts kommt und irgendwie nicht nachvollziehbar ist.

Aber Hauptsache, Snyder kann jede Menge Gewalt einbauen. Watchmen ist kein Comic für Kinder. Auch in Buchform gibt es Gewalt aber die wird fast nie explizit dargestellt. Sie findet meist "off-panel" statt oder wird nur angedeutet.
Im Film wird jedoch auf der Gewalt rumgeritten wie sonstwas. Da brechen Knochen, werden Schädel zerschmettert, durch Extremitäten geschossen, Gliedmassen abgehackt, Schädel gespalten - und alles in Slow-Motion!!
Was soll das? Wieso ist Gewaltdarstellung - in Slow-Motion!!! - Herrn Snyder so wichtig? Sie war bis auf ganz wenige Ausnahmen Alan Moore und Dave Gibbons (den machern des Comis) nicht wichtig und haben grösstenteils darauf verzichtet.

Und dann die ganzen ausgedehnten Sex-Szenen! Warum? Wenn ich unbedingt Sex-Szenen sehen will, kann ich mir einen Sexfilm kaufen!
Klar, bei Dan sind zwei der Szenen für seinen Charakter wichtig aber muss man denn mit der Kamera noch die längste Zeit draufhalten? Kann man nicht - wie im Comic - das Ganze einfach andeuten und dann mit wichtigerem weitermachen? Und, wenn wir schon dabei sind, wieso muss unbedingt ein Lied dazu gespielt werden, dass noch den letzten Rest Seriösität aus der Szene nimmt?
Na, ich bin ja schon dankbar, dass die Szenen wenigstens nicht auch in Slow-Motion gezeigt wurden (vermutlich wäre der Film eine halbe Stunde kürzer, wenn die ganzen Slow-Motion-Szenen in Echtzeit abgespielt worden wären)!

Wieso bin ich so verbittert? Eine Adaption kann nunmal nicht wie das Original sein, oder? Aber so viele Szenen sind GENAU wie im Comic und wurden fantastisch umgesetzt! Deshlab nervt mich umso mehr, dass gerade bei wichtigen Dingen einfach wild abgeändert wurde - wie der Schluss.

Aber, dazu vielleicht später einmal mehr - falls es jemanden interessiert.
Als Fazit soweit: Der Film hatte so viel Potential, dass ich noch während des Sehens das Gefühl hatte "Yes!" aber dann doch enttäuscht wurde.


Ich kann mir vorstellen, dass jemand, der den Comic nicht kennt, durchaus mehr gefallen am Film haben könnte. Für mich schrammt er aber so knapp an einer perfekten Umsetzung vorbei, dass mich dessen Fehler gewaltig stören.


PS: Es hat vermutlich nicht geholfen, dass in meiner Vortellung eine Horde junger Männer war, die sich JEDES VERDAMMTE MAL über Rorschachs Namen lustig machen (Rorschach ist - neben Hermann Rorschach, den diese Deppen vermutlich gar nicht kennen - eben auch eine Kleinstadt am Bodensee, die bei uns in der Nähe ist) UND JEDES VERDAMMTE MAL über Dr. Manhattans Penis lachen mussten (Dr. Mahattan ist eben nackt, da er als Übermensch langsam seinen Bezug zum Mensch sein verloren hat).

Last edited by Patarival; 10/03/09 12:44 PM.