Nach mehrwöchiger Pause geht es nun wieder mal mit einem Doppelpack weiter:

RADIO ROCK REVOLUTION:

England, 1966: Die britische Rock- und Popmusik befindet sich in ihrem Zenit, doch Radiomonopolist BBC sendet lieber klassische Musik und gönnt den Zuhörern weniger als 45 Minuten pro Tag Musik von den Beatles, den Rolling Stones und Co.
Als Folge gründen sich immer mehr Piratensender, die von Schiffen in der Nordsee senden. Das ist legal, gefällt der konservativen Regierung aber überhaupt nicht. Also werden der engstirnige Minister Dormandy (Kenneth Branagh) und sein Assistent Twatt (Jack Davenport) beauftragt, etwas gegen diese Piratensender zu unternehmen. Als mit 23 Millionen Zuhörern erfolgreichster Sender steht vor allem "Radio Rock" in der Schußlinie des Spaßverderber-Ministers ...

Wenn jemand in 50 Jahren das Lexikon unter "F" wie Feel-Good-Movie aufschlägt, wird er dort ein Foto von "Radio Rock Revolution" finden. Garantiert!
Richard Curtis, Autor von Filmen wie "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" oder "Notting Hill" macht in seiner zweiten Regiearbeit nach dem grandiosen Episodenfilm "Tatsächlich ... Liebe" einmal mehr das, was er am besten kann: Einen oberflächlichen und vollkommen unrealistischen, aber extrem spaßigen, brillant besetzten und mit einem tollen Soundtrack versehenen Gute-Laune-Film. Wobei im Vergleich zu Curtis´ früheren Werken diesmal die Romantik eine etwas kleinere Rolle spielt, dafür gibt es etwas mehr Slapstick als gewohnt.

Das Publikum lernt die durchgeknallte "Radio Rock"-Besatzung durch den Teenager Carl (Tom Sturridge) kennen, der als Patensohn des Senderchefs Quentin (Bill Nighy) auf dem Schiff über das Leben, Freundschaft und die Liebe lernt. Als teils mehr, teils weniger hilfreich erweisen sich dabei die D.J.s wie der coole Count (phänomenal wie immer: Philip Seymour Hoffman), der abgehobene Star-D.J. Gavin (Rhys Ifans), der durchgeknallte Schotte Angus (Rhys Darby), der schweigsame Frauenheld Midnight Marc (Tom Wisdom) oder der dicke Obermacho Dr. Dave (Nick Frost aus "Hot Fuzz").
Die D.J.s sind für sich genommen nicht mal allzu sympathisch, aber als Team einfach unschlagbar komisch - und das liegt natürlich auch am hemmungslos überzogenen Spiel der gut aufgelegten Darsteller. Was übrigens auch für Kenneth Branagh gilt, der seine Rolle als stocksteifer Film-Bösewicht herzhaft overacted und das sichtlich genießt. grin

Die Kritiker bemängeln an der Story - wie eigentlich immer bei Curtis´ Filmen - die fehlende Komplexität und Relevanz. Damit haben sie zwar recht, die Story IST ziemlich flach. Außerdem wird die damalige reale Piratensender-Kultur ziemlich verherrlicht, indem die dunklen Seiten (wie Bombenattentate konkurrierender Sender) komplett verschwiegen werden. Aber sowas sollte eigentlich nur Historiker und Feuilletonisten ernsthaft stören. Für den normalen Zuschauer ist "Radio Rock Revolution" einfach nur eine wunderbare, brillant besetzte, emotionale und sehr witzige Hymne auf die Freiheit, Freundschaft und tolle Musik. 9 Punkte.

Nebenbei bemerkt: Als ich die junge Schauspielerin Talulah Riley im Jahr 2005 in London im Theater in der "Philadelphia Story" und kurz darauf in der Kinoverfilmung von "Stolz und Vorurteil" jeweils in der Rolle eines unter 15-jährigen Teenagers sah (obwohl sie damals eigentlich auch schon 20 Jahre alt war), hätte ich bestimmt nicht erwartet, sie nur gut drei Jahre später als die verführerische Schönheit zu erleben, die sie hier (als Carls erste große Liebe) spielt ... smile up

Ach, noch was: Den Soundtrack auf 2 CDs gibt es bei amazon.co.uk (unter dem Originaltitel "The boat that rocked") für 10 Pfund, bei amazon.de kostet er derzeit 19 Euro ... Obwohl er 36 Lieder umfaßt, fehlt allerdings zumindest Leonard Cohens "So long, Marianne", das im Film prominent gefeatured ist. Da ich den Song sowieso schon doppelt auf CD habe, kann ich damit zwar leben, schade ist es trotzdem. wink

CRANK 2 - HIGH VOLTAGE:

In "Crank" spielte Jason Statham den Auftragskiller Chev, der nach einer Vergiftung nur solange überleben kann, wie er das Adrenalin in seinem Körper hochhalten kann. Das Resultat dieser Ausgangskonstellation war ein irrwitziges B-Movie, das mit jeder Menge unrealistischer (aber brutaler) Action, grenzwertigem Humor und diversen Geschmacklosigkeiten aufwartete. Kurzum: Ein echter Spaß-Film! grin
"Crank 2" ist genau das gleiche - multipliziert mit 10!
Ich glaube, niemand hätte ernsthaft erwartet, daß eine Fortsetzung zu "Crank" funktionieren könnte. Doch das tut sie, und das sogar so gut, daß selbst renommierte Kritiker positive Bewertungen abgeben - eine echte Sensation in diesem Genre ...
Diesmal wurde Chev sein Herz von der chinesischen Mafia geklaut und durch ein künstliches ersetzt. Das schlägt aber nur weiter, wenn Chev sich auf der Jagd nach seinem echten Herz regelmäßig selbst unter Strom setzt, um quasi die Batterie des künstlichen Herzen wieder aufzuladen. Also rennt und fährt Chev wiederum durch die Stadt, verprügelt und erschießt die Schergen der Chinesen-Mafia, trifft dabei auch noch auf Latino-Gangster, die ihm ebenfalls ans Leder wollen, findet seine Freundin Eve (Amy Smart, diesmal wirklich mit VOLLEM Körpereinsatz ...) in einem Stripclub, rettet versehentlich einer anhänglichen chinesischen Prostituierten (Bai Ling) das Leben, legt sich wiederholt mit der Polizei an, läßt diverse Macho-Sprüche vom Stapel und setzt sich immer wieder heftigen Stromschlägen aus.
Kurzum: Wieder ein echter Spaß-Film! smile

Schön ist, daß so ziemlich jeder, der den ersten Film überlebt hat, auch in der Fortsetzung mit von der Partie ist (und auch ein paar, die den ersten Film NICHT überlebt haben!). Somit wirken die beiden Filme tatsächlich beinahe wie aus einem Guß. Die kreativen Einfälle des Regie-Duos Neveldine/Taylor sind diesmal noch aberwitziger ausgefallen, übertreten dabei aber auch noch häufiger die Grenzen des guten Geschmacks. Doch irgendwie stört nicht einmal das allzu sehr, da es zu SO EINEM Film einfach paßt. Und obwohl "Crank 2" mit 95 Minuten deutlich länger geraten ist als der Vorgänger (etwa 80 Minuten), gelingt es ihm, das Tempo die gesamte Zeit über hochzuhalten - ein echtes Wunder.

Einen Film dieser Art zu bewerten ist allerdings nicht einfach. Klar ist, daß "Crank 2" erneut nur eine ziemlich eng gefaßte Zielgruppe anspricht. Wer mit B-Movies nichts anfangen kann, wird schlicht und ergreifend nicht fassen, was ihm da auf der Leinwand alles geboten wird. grin
Wer aber (zumindest gelegentlich, so wie ich) Lust auf ein hirnloses Action-Comedy-Feuerwerk hat, der wird das Kino sicher nicht unzufrieden verlassen. Ich gebe "Crank 2" 7,5 Punkte (und damit etwas weniger als dem ersten Teil, weil mir die Fortsetzung teilweise doch etwas zu sehr over the top ausgefallen ist).
Aber wie gesagt: Wirklich angemessen bewerten kann man ein solches Naturereignis wohl kaum ...

Im Abspann gibt es übrigens zunächst sogar noch ein paar Szenen, die die Handlung fortführen, gefolgt von ein paar (mäßig unterhaltsamen) Outtakes.

P.S.: Witzig finde ich übrigens, daß die Amis Jason Stathams Action-Filme nicht allzu sehr an der Kinokasse goutieren ("Crank 2" ist sogar richtiggehend gefloppt), seine gelegentlichen Ausflüge zum anspruchsvollen Film (zuletzt in "Bank Job") dort aber gut ankommen. In Europa hingegen werden seine Actionfilme immer erfolgreicher ("Crank 2" ist in Deutschland mehr als dreimal so gut wie der erste Teil gestartet, bei "Transporter 3" war es ähnlich), dafür floppen seine anspruchsvolleren Rollen. Normalerweise würde man das doch eher andersrum vermuten, oder? wink

Last edited by Ralf; 23/04/09 02:50 PM.