DRAG ME TO HELL:

Die Bankangestellte Christine Brown (Alison Lohman) hat keinen guten Tag: Als sie einer alten Zigeunerin eine nochmalige Verlängerung ihres Kredits verweigert, reagiert diese äußerst ungehalten, greift sie ob dieser "Beschämung" körperlich an und verflucht sie zu allem Überfluß auch noch (wie Christine allerdings erst später erkennt). In drei Tagen, so erläutert ihr ein Experte, wird ein Dämon sie in die Hölle zerren! Christine versucht alles, um diesem Schicksal zu entgehen ...

Nach Jahren, in denen Regisseur Sam Raimi sich vor allem seiner äußerst lukrativen "Spider-Man"-Trilogie gewidmet hat, kehrt er nun zu jenem Genre zurück, in dem er sich mit der kultigen "The Evil Dead"-Trilogie überhaupt erst einen Namen im Filmgeschäft gemacht hat: Der (wenig zimperlichen) Horrorkomödie. Entsprechend groß war die Erwartungshaltung der unzähligen Fans nach Raimis Ankündigung von "Drag me to Hell" - und tatsächlich wurde der Filmstart sowohl von Kritikern als auch Fans mit überwiegender Mehrheit begeistert gefeiert.

Leider kann ich mich dieser Begeisterung nur zur Hälfte anschließen - denn die erste Filmhälfte (zumindest nach dem gelungenen Prolog) hat sich für mich als große Enttäuschung erwiesen. So groß gar, daß ich den Film geistig schon als "Enttäuschung des Jahres" abhaken wollte. Denn die - sowieso nicht allzu originelle - Handlung verliert sich hier in einigen so unnötigen wie uninteressanten Nebensträngen, etwa um Christines Arbeit oder ihren Freund (Justin Long) und die Schockmomente werden in diesem Zeitraum fast ausschließlich durch maßlos übertriebene Toneffekte ausgelöst (ein Stilmittel, das vielen gefällt, ich aber nicht leiden kann, da ich es für eine billige Kompensation mangelnden Vermögens, die Zuschauer *richtig* zu schockieren, halte - zumindest, wenn es in dieser Häufung geschieht).

Doch dann kommt die zu diesem Zeitpunkt schon fast nicht mehr erhoffte Wende: In der zweiten Filmhälfte (obwohl es streng genommen wahrscheinlich eher das letzte Filmdrittel ist) konzentriert sich Raimi endlich auf das, was schon die "Evil Dead"-Filme ausgezeichnet hat: Irrwitzige Ideen in Kombination mit purer Gruselstimmung und visuellen Schockeffekten zwischen Ekel und Hysterie! grin
Dazu großartig gespielt von Alison Lohman in einer wahren *tour de force* und auch von OSCAR-Nominee (für "Babel") Adriana Barraza als Medium, das noch eine Rechnung mit dem Dämon, der hinter dem Fluch steht, offen hat (und auch von den unbekannten Dileep Rao und Kevin Foster). Das Ganze unterlegt mit einer schön atmosphärischen Musik von Christopher Young plus einzelnen Stücken von Ennio Morricone sowie (passenderweise) einem damals nicht im Film verwendeten Thema aus dem "Der Exorzist"-Soundtrack.

Hervorzuheben ist auch, daß Christine Brown - für einen Horrorfilm eher ungewöhnlich - eine Figur ist, der Raimi (der gemeinsam mit seinem älteren Bruder Ivan auch das Drehbuch verfaßte) und Alison Lohman tatsächlich eine gewisse Tiefe jenseits bloßen Helden- bzw. Opfertums verleihen. Wenigstens in dieser Beziehung funktioniert sogar die erste Filmhälfte ganz gut.

Insgesamt ist "Drag me to Hell" somit eine Horrorkomödie, die ziemlich konventionell und beinahe gemächlich beginnt, um mit zunehmender Laufzeit immer stärker an Qualität zu gewinnen. Anders als bei den "Evil Dead"-Filmen gibt es übrigens keinerlei Splatterszenen und auch sonst kaum Blut zu sehen (weshalb es auch eine Freigabe ab 16 Jahren gab) - das heißt aber nicht, daß es keine Ekelszenen gäbe ... wink

Zur Berechnung der Gesamtwertung braucht man diesmal fast einen Rechenschieber: wink
[5 (erste Hälfte) + 10 (zweite Hälfte)] : 2 (Durchschnitt) - 0,5 (Abzug für die enttäuschend unoriginelle Schlußwendung) = 7 Punkte. smile