LÖWIN UND MANTIKOR von Jochen Hahn und Karsten Kaeb:
Gleich bei ihrem ersten offiziellen Auftrag als Botin ihres Volkes wird die junge Amazone Inja zum Ziel eines Überfalls, dem ihre Mentorin zum Opfer fällt. Auf der Suche nach den Hintermännern und den Gründen der feigen Tat tut Inja sich ausgerechnet mit der etwas älteren, Kor-gläubigen und kampferfahrenen Söldnerin Erethia zu einer unkonventionellen Zweckgesellschaft zusammen. Obwohl die beiden immer wieder aneinandergeraten, machen sie doch Fortschritte und kommen einer handfesten Verschwörung auf die Spur ...
"Löwin und Mantikor" zeichnet sich vor allem durch eine ungewöhnliche Detailtreue und große Authentizität aus. Das wird die Leserschaft sicherlich spalten, denn darob werden leider Spannung und Aktion ziemlich vernachlässigt. Es ist wohl einfach eine Geschmacksfrage: Ich persönlich bin kein Freund ausufernder Beschreibungen jeder Kleinigkeit, deshalb wurde ich beispielsweise auch nie mit den Büchern eines Karl May warm. Kritiker lieben eine solche Detailfülle in der Regel und offensichtlich gibt es auch viele Leser, denen das so geht, ich persönlich mag dagegen ein direkteres Vorgehen und fühle mich durch seitenlange Schilderungen vergleichsweise unwichtiger Details eher gelangweilt. So ging es mir mitunter auch bei "Löwin und Mantikor".
Der - offenbar bewußt gewählte - Ansatz größtmöglicher Authentizität geht nämlich einher mit einem nur selten wirklich spannenden Handlungsverlauf samt betont unspektakulärer Auflösung. Das ist auf der einen Seite wie gesagt lobenswert, weil es sehr glaubwürdig und realistisch wirkt - auf der anderen Seite aber eben nicht wirklich aufregend. Die Beziehung zwischen den beiden ungleichen Protagonistinnen stellt wohl das eigentliche Zentrum des Buches dar und ist alles in allem unterhaltsam erzählt, teilweise sogar richtig witzig.
Dennoch wurde ich das Gefühl nie los, daß dieses mit 280 Seiten für einen DSA-Roman sehr kurze Buch nicht mehr und nicht weniger als eine sehr ausführliche Einleitung für die *richtigen* Abenteuer der interessanten Charaktere ist. Zumal man zu Beginn auch auf Erethias schillernde Söldnerkumpane trifft, deren Erlebnisse ich ehrlich gesagt viel lieber verfolgen würde als das vorliegende Mini-Abenteuer. Potential für Fortsetzungen ist also jede Menge vorhanden und das Ende deutet auch darauf hin, daß die Autoren das ähnlich sehen.

Als für sich alleine stehendes Buch ist "Löwin und Mantikor" jedoch ziemlich durchschnittlich geraten. Absolut professionell aufgezogen und sprachlich sehr lesenswert, aber ohne die zu den handwerklichen Fähigkeiten passende Story. Daher reicht es nur zur Note 3+.
Zwei Anmerkungen noch, eine positive und eine negative:
1. Leider ist das altbekannte Lektoratsproblem der DSA-Romane hier wieder ziemlich schlimm, nachdem ich zuletzt den Einruck hatte, es würde langsam besser werden.

2. Selten habe ich ein so passendes Titelbild bei einem DSA-Roman erlebt. Vor allem werden Inja und Erethia wirklich genauso gezeigt, wie sie im Buch geschildert werden - abgesehen davon, daß die Söldnerin vielleicht ein klein wenig zu jung wirkt. Ansonsten aber ein ausgezeichnetes Cover!
