Nachdem ich ja leider aus Zeit- und Geld-Gründen immer seltener dazu komme, ins Kino zu gehen, habe ich nun einfach mal sieben auf einen Streich erledigt! Nämlich beim ersten deutschen Filmmarathon, ausgetragen am gestrigen Samstag von 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr nachts im Augsburger CineMaxx. smile

Bisher lag mein Rekord wohl bei drei Filmen am Stück beim Fantasy Filmfest - möglicherweise waren es einmal sogar vier, ich weiß es nicht mehr genau. Jedenfalls fand ich drei schon recht stressig, weshalb ich auch lange zögerte, an diesem Marathon teilzunehmen. Zumal das Programm vorher nicht bekanntgegeben wurde. Klar war nur, daß es einen Klassiker geben würde und sechs Filme, die innerhalb des nächsten halben Jahres ihren regulären deutschen Kinostart haben (bzw. teilweise sogar nur DVD-Start).

Und das waren sie:

1. "Strange Days":
Eigentlich hatte ich ja einen älteren Klassiker (mindestens 80er, wenn nicht noch früher) erhofft und, ehrlich gesagt, auch einen besseren. Nein, "Strange Days" ist kein schlechter Film, in vielerlei Hinsicht ist er sogar ein richtig guter. Aber wie schon bei meiner Erstsichtung vor einigen Jahren hat der doch arg vorhersehbare Handlungsverlauf auch diesmal nicht die ganz große Begeisterung in mir aufkommen lassen.
Immerhin aber schön, Vincent D´Onofrio und William Fichtner zu sehen - ich glaube, als ich "Strange Days" zum ersten Mal sah, kannte ich die noch gar nicht und wußte deshalb auch nicht mehr, daß sie in dem Film mitspielen ... wink
7,5 Punkte.

2. "Tödliches Kommando - The Hurt Locker" (OmU):
Mit ziemlicher Sicherheit der bisher beste Film, der im letzten Irak-Krieg oder - wie hier - in dessen Nachwehen spielt (habe zugegebenermaßen auch nicht alle gesehen ...). Die fast dokumentarische, stets wertfrei bleibende Inszenierung zieht den Zuschauer mitten ins nervenzerfetzende Geschehen hinein und zeigt ihm auch jene Seiten dieses Krieges, die man in den Medien nicht sieht.
Obwohl der Film streng die Perspektive der amerikanischen Bombenentschärfungs-Spezialisten beibehält, ist er doch keinesfalls parteiisch. Wie gesagt, die Inszenierung ist wertfrei, allerdings bleibt dem Zuschauer bei dem Gezeigten gar nichts anderes übrig, als seine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen (z.B. was das - natürlich durch die Angst vor Anschlägen gesteuerte - Verhalten der GIs gegenüber der irakischen Zivilbevölkerung betrifft, das sicherlich nicht immer dazu beiträgt, Spannungen abzubauen).
Wenn man dem Film etwas vorwerfen kann, dann daß er keine wirkliche Handlung hat. Er zeigt im Grunde genommen einfach nur diverse aneinandergereihte Episoden, wenngleich garniert durch eine gewisse Entwicklung der Haupt-Charaktere. Ähnlich wie bei "Black Hawk Down" sind übrigens einige bekannte Gesichter in Mini-Gastrollen zu sehen (Guy Pearce, David Morse, Ralph Fiennes und Evangeline Lilly).
Davon abgesehen: Toller Film, starkes Comeback für Kathryn Bigelow.
8,5 Punkte.

3. "The Visitor" (OV):
Mein Lieblingsfilm des Marathons. Eine kleine Geschichte über einen vom Leben verbitterten, verwitweten Wirtschafts-Professor (darf endlich auch mal in einer Hauptrolle glänzen und wurde dafür prompt mit einer OSCAR-Nominierung gewürdigt: Richard Jenkins), der sich gewissermaßen zufällig mit einem jungen Pärchen illegaler Immigranten anfreundet und dabei die Lebensfreude wiederfindet.
Ein bißchen hat mich "The Visitor" an Filme wie "Lost in Translation" oder "Broken Flowers" erinnert (anders formuliert: Ich glaube, der Film ist was für dich, Elgi smile ) - allerdings enthält er zusätzlich noch eine ebenso wichtige wie deutliche, kritische Note, was den Umgang speziell der Bush-Regierung mit Immigranten betrifft. So gesehen ein bißchen doof, daß wir in Deutschland den Film erst sehen dürfen, nachdem wir Bush endlich los sind - aber ich denke, das können wir alle verschmerzen. wink
9 Punkte.

4. "Oben" (OV; nicht in 3D):
Wie üblich ein guter Pixar-Film, aber zu meinen absoluten Favoriten gesellt er sich nicht. Obwohl ich das zu Beginn dachte, denn speziell bei der Collage über das gemeinsame Leben von Hauptfigur Carl und seiner Frau Ellie zeigen die Pixar-Leute, was sie draufhaben: Obwohl das Ganze wahrscheinlich keine fünf Minuten lang dauert, bringt es einem die beiden so nahe, daß ich am Ende der Collage tatsächlich den Tränen nahe war ... wink
Nunja, nach diesem brillanten Beginn konnte es wohl nur noch bergab gehen - das aber immerhin auf gewohnt hohem Niveau. Die Gagdichte ist nicht überragend und echte Brüller gab es meiner Meinung nach selten - unterhaltsam bleibt es aber stets und trotz einiger doch recht klischeehafter Storyschlenker. Leider hatte ich hier im Gegensatz zum wunderbar verständlichen "The Visitor" auch bei einzelnen Charakteren Verständnisprobleme, vielleicht hätte es mir ja ansonsten noch besser gefallen.
8 Punkte.

5. "Red Cliff" (OmeU):
John Woos Historienepos brilliert mit - das kennen wir ja von den Chinesen - beeindruckenden Massenszenen, jeder Menge gut choreographierter Action, schillernden Charakteren und dem nötigen Schuß Pathos. Leider gibt es nicht wirklich eine Handlung, weshalb ich die Schlachtplatte auf Dauer etwas ermüdend fand.
Ich schätze mal, das liegt an der vorliegenden internationalen Fassung - bei asiatischen Filmen wird ja leider häufig viel Handlung für die internationale Verwertung rausgeschnitten und da hier der Unterschied zwischen dieser Version und dem chinesischen Zweiteiler wohl rund 90 Minuten ausmacht, kann man sich den Rest wohl denken.
Das Gezeigte bekommt von mir knapp 7 Punkte (vor allem, weil ich Fan des Genres bin und dem Film handwerklich nicht viel vorgeworfen werden kann).

6. "The Brothers Bloom" (OV):
Ach hier habe ich leider nicht alles genau verstanden, weil teilweise ziemlich schnell geredet wird und meine Konzentration zu diesem Zeitpunkt auch schon merklich nachgelassen hatte.
Dennoch hat mir Rian Johnsons Gaunerstück und Nachfolge-Werk zum von mir heiß und innig geliebten "Brick" (aus dem übrigens etliche Hauptdarsteller hier kurze Gastauftritte haben) gut gefallen, vor allem hatte der Film wohl mit die größten Lacher des gesamten Marathon-Programms zu bieten (was um die Uhrzeit durchaus hilfreich war, um nicht wegzudösen grin ), an denen übrigens meist Rinko Kikuchi aus "Babel" in ihrem US-Debüt beteiligt war. Die Story selbst ist allerdings nichts Außergewöhnliches - wer die "Ocean´s"-Reihe mag, dürfte auch an den "Brothers Bloom" gefallen finden.
Von der namhaften Darstellerriege hat mir (neben Kikuchi) zu meiner eigenen Überraschung Mark Ruffalo am meisten gefallen - was aber nicht heißen soll, daß Adrien Brody, Rachel Weisz, Robbie Coltrane oder Maximilian Schell (dessen Rolle auf mich allerdings irgendwie stets etwas deus-ex-machina-mäßig wirkte) schlecht gewesen wären.
8 Punkte.

7. "Zack and Miri make a porno":
Zum Abschluß noch die erste richtige Komödie - und zu Lachen gab es in der Tat viel. Elizabeth Banks (die sich mit der Bereitschaft, in solchen Rollen aufzutreten, immer fester als echte Traumfrau etabliert grin )und Seth Rogen harmonieren hervorragend als beste Freunde, die ihre chronische Geldknappheit mit dem Dreh eines Pornos beenden wollen. Die Gagdichte ist sehr hoch, die Nebencharaktere sind hübsch skurril und Justin Long und Brandon "Superman" Routh haben einen brillanten Gastauftritt als schwules Pärchen. up
Hundertprozentig meinen Geschmack getroffen hat der Film leider dennoch nicht, weil er - wie eigentlich immer bei Werken von Kevin Smith - mitunter doch arg zotig geraten ist und das Zentrum der Aufmerksamkeit für meinen Geschmack zu eindeutig bei der Sex-Thematik liegt. Außerdem fällt das Ende der Geschichte ganz bestimmt nicht in die Kategorie "originell" ...
7,5 Punkte.

Man sieht also: Es gab erfreulicherweise keinen einzigen Reinfall, insgesamt war die Qualität des Gezeigten ehrlich gesagt sogar höher als von mir erhofft - was wohl vor allem daran lag, daß es bis auf "Oben" (und vielleicht noch "Zack and Miri") keine echten Mainstream-Filme gab, sondern eher etwas für echte Filmliebhaber. Was möglicherweise bei einigen nicht so cineastisch interessierten Zuschauern für eine gewisse Enttäuschung gesorgt haben könnte ...

Fazit: Schönes, aber auch anstrengendes Erlebnis. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich bei einer erneuten Austragung wieder dabei sein werde. Die Reisekosten sind schon recht happig (obwohl ich gar nicht so weit weg wohne) und für sieben Filme am Stück werde ich langsam echt zu alt ... wink