Hier mal mein Fazit zum Spiel, auch etwas ausführlicher. Es basiert auf dreimaligem Durchspielen, was für mich einigermaßen normal ist. Die von mir vergebenen Schulnoten sind natürlich subjektiv, aber ich bemühe mich dennoch, meine Vorlieben bei der Beurteilung nicht allzusehr in den Vordergrund zu rücken.

Ganz am Anfang: das Spiel hat genug Spaß gemacht, um es dreimal durchzuspielen und dieses ausführliche Fazit zu schreiben. Es hat trotzdem lästige Mängel. Das ergibt eine Gesamtnote von 2. Jetzt zu den Details.

Beurteilung nach technischen und spielerischen Aspekten (die Zahlen sind übliche Schulnoten):

Charakterentwicklung: 3
Die üblichen Attribute und jede Menge Fertigkeiten. Freie Charaktergestaltung. Sehr gut. Leider hat man über manche der Fertigkeiten zuwenig nachgedacht. Ergebnis sind Übercharaktere mit "Lebensentzug" und "Regenerieren" oder die relative Sinnlosigkeit von Fertigkeiten wie "Weisheit". Auch ist die Spielmechanik an einigen Stellen undurchsichtig und inkonsistent, so dass etwa, wer einen Magier spielen will, erst einmal darauf kommen muss, dass ein Magieschadensbonus auf einer Waffe bei dem einen Zauberspruch mehr Schaden bewirkt, bei dem anderen jedoch nicht.
Schön ist, dass es genug Fertigkeitspunkte gibt, damit man etwas Herumspielen kann, und dass es, wenn man der altbekannten Regel folgt "Wenige Fähigkeiten maximal ausbauen", schwierig ist, einen Charakter so zu "verskillen", dass er nicht mehr durchkommt.

NPC-Interaktion: 1
Wirklich schöne Dialoge mit reichlich Humor. Und dazu noch sehr gut vertont. Da gibt es wirklich nichts zu kritisieren. Weiter so! Wenn es doch nicht nur alles für die Katz gewesen wäre (siehe "Geschichte(n), Quests etc.").

Grafik und optische Präsentation: 2
Die Welt präsentiert sich allgemein sehr schön. Gelegentlich trüben matschige oder zu gering aufgelöste Texturen das Bild, aber das ist im Spielverlauf meist schnell vergessen. Schade ist, dass es so wenig unterschiedlich aussehende Ausrüstung gibt. Ich hätte mir etwa für meine Magierin ein Gewand wie das von Sassan gewünscht, und eine passendere Waffenkombination als die zwei Äxte, die sich, auch was die magische Macht angeht, als optimal erwiesen. Ich habe nichts gegen Magier mit Äxten, es ist mal etwas anderes, aber die Wahl hätte ich gern gehabt. Insgesamt dennoch ein recht schönes Bild, das durch den angekündigten Texturpatch vielleicht noch besser wird.
Die Rendersequenzen verdienen im übrigen einen Extra-Abschnitt. Sowohl das Intro, als auch die Filme über die fliegenden Festung sind richtig gut! Und abgesehen von den im Punkt "Geschichte(n)" kritisierten Aspekten sind die in-Game-Sequenzen auch sehr gelungen. Da sind viele andere Spiele sehr viel sparsamer. Bitte weiter so!

Musik: 3
Insgesamt so lala. Trägt meistens nicht wirklich zur Stimmung bei, stört gelegentlich (Lokis' Turm) und manches nervt mit der Zeit (Drachenflugmusik). Manche Kampfmusik kenne ich aus anderen Spielen. Stört aber nicht genug, um sie auszuschalten.

Erkundung und Bewegung: 2, aber mit punktuellen wirklich unverzeichlichen Schnitzern
Es gibt viel zu entdecken, und das Umdrehen jedes Steins wird belohnt. Gefällt mir und wird auch beim dritten Durchspielen nicht langweilig - gelegentlich entdeckt man dabei etwas Neues. Die schlechte Kollisionsabfrage macht manchen Erkundungsversuch allerdings zu einem Frusterlebnis. Mehrere Schlüssel benötigen eine frustierende Art von Experimentierfreude, damit man sie aufnehmen kann - einer davon ist, soweit ich mich erinnere, sogar relevant für den Hauptplot, und das sollte nun wirklich nicht passieren.
Der Drachenflug ist sehr gut geraten. Das Herumfliegen in Drachenform macht einfach Spaß, und das Kämpfen in Drachenform ebenfalls, vor allem deshalb, weil man so viele Bewegungsmöglickeiten hat. Ob das Rückwärtsfliegen allerdings realistisch ist? Ich hätte mir im übrigen gewünscht, die Gegner auf dem Boden besser sehen zu können, und die Minimap in Drachenform ist viel zu klein.
Die gelegentlichen Sprungsequenzen kann ich zwar nicht ausstehen, aber da sie selten sind und relativ leicht, sind sie nicht in meine Bewertung eingegangen.

Kampfgeschehen: 3
Über die Balance wurde ja bereits viel geschrieben. Der allergrößte Teil des Spiels war in dieser Hinsicht OK. Negativ fällt auf, dass einige aktive Fertigkeiten den Charakter zu lange inaktiv herumstehen lassen, etwa beim Sturmangriff, was dazu führt, dass man sie gerade dann nicht einsetzen kann, wenn man sie ganz gut gebrauchen könnte. Aber das ist ein minderer Fehler: die Abwertung ist im wesentlichen zwei Gründen geschuldet: keine Schwierigkeitsgrade, und die zumindest für einige, selbst einige erfahrene Spieler, extraschweren Kämpfe gegen einige Bosse.
Im Drachenflug hat man die Schwierigkeiten mit der Fertigkeitenbenutzung zwar nicht, aber dafür besteht kaum eine Möglichkeit, es sich bei den Kämpfen in Drachenform durch Attributwahl etwas leichter zu machen. Die Lebenspunkte als Drache hängen ausschließlich von der Charakterstufe und der Rüstung ab. Dadurch ist man, falls man Schwierigkeiten etwa in der Halle der Seelen hat, in der Drachenform noch mehr eingeschränkt als ohnehin bereits. Auch dieses Problem wäre durch Schwierigkeitsgrade weitgehend vermeidbar gewesen.

Geschichte(n), Quests etc.: 2
Trotz allem, muss man sagen. Die vielen Nebenquests und die daran beteiligten NPCs - das gibt eine glatte 1. Gelegentlich kann man sogar ein Problem ohne Kampf auflösen. So sollte es - auch in einem Action-RPG - sein. Der Hauptplot hingegen bleibt irgendwo zwischen einer recht guten Grundideee und windigen und unlogischen Details hängen. Wie kann Ygerna aus der Halle der Seelen heraus kommunizieren? Warum ist Damian nicht ein wenig versöhnt, als er sie wiederbekommt? Die Zwischenbegegnungen mit Damian sind auch eher zum Lachen - man sollte ihn nicht selbst auftreten lassen in diesen Fällen, denn spätestens beim Patriarchen entlarvt er sich als dumm, weil er wie die meisten Filmschurken nicht selbst Hand anlegt. Besser wäre es gewesen, Sequenzen zu sehen, in denen Damian von den Taten des Charakters berichtet wird, da wäre es glaubwürdiger gewesen, dass er uns nicht im Vorbeigehen tötet, nur so zur Sicherheit.
Zum Ende wurde bereits genug gesagt an anderer Stelle. Ein für den Helden schlechtes Ende ist akzeptabel, aber dass alle Entscheidungen, die man vorher auch in Nebenquests getroffen hat, sich als bedeutungslos erweisen, dass gefällt mir nicht, und dass das bei manchen bereits während des Spiels passiert, drückt die Motivation. Wären die vielen schönen Nebenquests nicht gewesen, hätte ich es beim einmaligem Durchspielen belassen.

Interface - Alles außer dem Unterpunkt "Listenmanagement": 2
Allgemein lässt sich das Spiel angenehm und intuitiv steuern. Durch die Möglichkeit, die Tastenbelegung zu ändern, ist eine Anpassung an die Vorlieben einzelner Spieler auch problemlos möglich. An der Steuerung des Charakters bei Bewegung und Kampf gibt es deshalb nichts auszusetzen. Die Fertigkeiten- und Attributwahl ist ebenso intuitiv, aber die Fertigkeitsgrafiken verbrauchen zu viel Platz, da wäre es besser gewesen, alles ohne Scrollen unterzubringen. Und die Dialogsteuerung ist nicht flüssig genug, das ewige Bestätigen nervt mit der Zeit. Alles in allem recht brauchbar, bis auf das folgende:

Interface - Unterpunkt "Listenmanagement": 6
Wann immer ich eine Liste gesehen habe im Spiel, gab es Frust: Inventar - keine Sortierungsmöglichkeit. Dialog-Log - alles in einer kilometerlangen Liste statt unterteilt nach Schauplätzen. Bezauberungen - kein Ausblenden aufgrund von Ausrüstungstyp, keine Sortierung von Effekten. Alchemie - keine Sortierung von Effekten. Questlog - mit zunehmender Spielzeit dauert die Anzeige ewig, warum? Liste der Schreine - willkürliches Durcheinander bei der Reihenfolge. Liste der Fertigkeiten beim Ausbilder - dasselbe Bild, man findet nichts wieder.
Sorry Leute, aber das ist wirklich eine unglaubliche Schlamperei! Wer immer das verbrochen hat oder die Entscheidung traf, solche Dinge seien unnötig, verdient einen Anschiss im Stil des Ausbilders im Trümmertaldorf: "Ich dachte, ich hätte es hier mit kompetenten Programmierern zu tun und nicht mit unfähigen Dilettanten wie Euch! Wenn ich so etwas in der Abschlussprüfung meiner Programmierausbildung abgeliefert hätte, wäre ich mit Pauken und Trompeten durchgerasselt!"


Beurteilung nach Schauplätzen:

Trümmertal: 1
Das übliche Rollenspiel-Start-Setup: kleines Dorf mit gefährlicher Umgebung, vorhander aber niedriger Bedrohungsgrad, jede Menge Leute, viel Kleinkram zu tun. Aber mit mehr interessanten Dialogen, mehr interessanten Figuren als so manches andere Spiel im ersten Schauplatz bietet. Absolut gelungen.

Wächterinsel: 2
Weniger zu tun, weniger NPCs, aber schöne Stimmung. Etwas viel Herumlaufen vor dem Eindringen in den Turm, aber OK, das ist verschmerzbar. Weniger verschmerzbar, und der Grund für die Abwertung, ist die völlig willkürliche Tötung der nicht ausgewählten Drachenturm-Gefolgsleute. Es ist mir nicht beizubringen, warum die sterben müssen.

Orobas-Fjorde: 1
Der Ersteindruck ist wieder sehr gut. Phantastische Szenerie, viel zu tun. Nur am Ende lässt die Questdichte und die Dichte interessanter Örtlichkeiten etwas nach. Das Gebiet um den Rothammerclan hätte ein oder zwei mehr Quests und Höhlen vertragen können. Dennoch ein Aushängeschild des Spiels.

Aleroth: 5
Ein Gebiet mit sehr wenig zu tun, das wäre verschmerzbar gewesen, hätte man nicht Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt wurden. Erwartet habe ich ein Gebiet mit einigen Nebenquests und eine richtige Stadt mit vielen NPCs, Nebenschauplätzen, kleinen Geschichten etc. Was man bekam, was der Marktplatz und das Rathaus, und eine der lästigsten Aufgaben des Hauptplots überhaupt. Im ganzen ein völlig misslungener Schauplatz.

Fliegende Festungen / Rückkehr zum Trümmertal: 3
Eigentlich sind die fliegenden Festungen eine sehr schöne Idee und wurden auch sehr gut umgesetzt. Das Problem ist nur: es gab zuviele von ihnen, so dass es mit der Zeit in Arbeit ausartete. Ich hatte den Eindruck, hier sollte man als Spieler auch die Zeit verbringen, die eigentlich für Aleroth gedacht war. Zwei fliegende Festungen wären völlig ausreichend gewesen (vorzugsweise die von Kali und Keara, das waren die interessantesten). Und nachdem man die Festungen erledigt hatte, war die Rückkehr ins Trümmertal nur noch zum Gähnen.

Halle der Seelen: 4
Gerade noch ausreichend, um zum Weiterspielen zu motivieren. Zu starke Gegner beim Einflug (siehe auch mein Kommentar über Schwierigkeitsgrade oben), eine unerklärliche und willkürliche Kampfsequenz in der Arena, und der Endkampf, der mich beim ersten Versuch mit seiner Schwierigkeit fast erschlug. Die Optik im Arena-Gebiet war eindrucksvoll, aber was man da zu tun hatte, entsprach der Präsentation in keiner Weise.

So, das ganze ist jetzt doch länger geworden als geplant, aber ich wollte keinen wesentlichen Punkt auslassen. Ich hoffe, dieses Fazit bewirkt etwas. Und wenn nicht, dann habe ich's jedenfalls versucht....

Last edited by Ieldra; 24/08/09 12:06 PM.