LOFT:

Architekt Vincent (Filip Peeters) hat eine prima Idee: In einem neuen, von ihm entworfenen Hochhaus reserviert er ein Loft, das ihm und seinen vier besten Freunden (alle so um die 40 Jahre und verheiratet) als Liebesnest á la Hitchcocks "Das Apartment" dienen soll. Das geht solange gut, bis einer der fünf eines Tages eine gräßlich zugerichtete weibliche Leiche (umwerfend schön: Marie Vinck) im Loft findet! Die Freunde versammeln sich im Loft, diskutieren, was zu tun ist (ein Gang zur Polizei würde immerhin bedeuten, daß ihre Frauen von der ganzen Loft-Geschichte erfahren) und vor allem, wer für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist. Ist einer von ihnen der Mörder? Oder versucht jemand, sie reinzulegen? Haben gar ihre Frauen ihr Geheimnis entdeckt und rächen sich auf diese Weise?

"Loft" ist der erste Film des belgischen Regisseurs Erik van Looy seit seinem sehr gelungenen Thriller "Mörder ohne Erinnerung" vor sechs Jahren. Wieder handelt es sich um einen Thriller, diesmal jedoch stehen anstatt eines überlebensgroßen Protagonisten und ziemlich Action das Zusammenspiel der fünf Hauptdarsteller und eine äußerst verschachelte, nur langsam in Rückblenden aufgedröselte Handlung im Zentrum des Geschehens. Sehr lobenswert ist dabei, wie schnell es van Looy gelingt, alle fünf Hauptfiguren dem Publikum nahezubringen und ihnen auch noch sukzessive immer weitere Facetten zu entlocken. Diese sehr hohe Zugänglichkeit wird zwar auch durch eine gewisse Schablonenhaftigkeit der Charaktere erkauft, die aber angesichts der sehr spannenden Handlung und der Charakterentwicklung absolut zu vernachlässigen ist.
Die mir bis auf "Mörder ohne Erinnerung"-Hauptdarsteller Jan Decleir - der diesmal eine Nebenrolle spielt - unbekannten belgischen Darsteller machen ihre Sache sehr gut, der Look des Films überzeugt ebenfalls und die nicht unbedingt melodiöse, aber atmosphärisch passend bedrohlich an- und abschwellende Musik von Wolfram de Marco unterstützt die Reminiszenzen an Hitchcock.

Lange Zeit dachte ich tatsächlich (und ziemlich fassungslos wink ), daß ausgerechnet ein belgischer Film endlich mein erster 10er im Kino-Jahr 2009 werden würde - doch für die absolute Höchstwertung ist die Auflösung der Story dann doch etwas zu konstruiert. Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt. 9 Punkte.

P.S.: Das belgische (beziehungsweise flämische) Wort für "Arschloch" (zumindest wurde es so in den Untertiteln übersetzt) klingt sehr witzig - sowas wie "Chlodsack". grin
Überhaupt war ich überrascht, wie sehr das Flämische dem Deutschen ähnelt. Das Gesagte war sogar so gut zu verstehen, daß man genau wußte, wo die Untertitel ein wenig freier übersetzt waren oder etwas ausließen ...

DISTRICT 13: ULTIMATUM:

Nach den Geschehnissen im Vorgänger "District 13" hat sich die Lage im Pariser Problemdistrikt D13 etwas beruhigt. Es herrscht so etwas wie Waffenstillstand zwischen der Staatsmacht (die sich einfach aus dem Viertel raushält) und der überwiegend aus Franzosen mit Migrationshintergrund bestehenden Bevölkerung. Solange, bis ein Polizeiwagen, der sich in D13 hineinwagt, vor laufender Kamera von Gangstern durchlöchert wird. Doch D13-Bewohner Leito (David Belle), einer der beiden Helden des Vorgängers, wird ein anderes, mit einem Handy aufgenommenes Video zugespielt, das belegt, daß es sich um eine von einem hochrangigen General und seiner Spezialeinheit ausgeheckte Falle handelt, die ihnen die Zustimmung des Präsidenten zur radikalen Säuberung von D13 bringen soll.
Nur Leito und sein Polizisten-Freund Damien Tomaso (der zweite Held aus "District 13") können die Katastrophe noch verhindern ...

Selbstverständlich ist das Verschwörungsszenarion von "District 13: Ultimatum" ebenso wie der Rettungsplan der beiden Helden genauso absurd wie im ersten Film. Das dürfte aber wohl Absicht des Drehbuch-Autors Luc Besson gewesen sein, denn so sollte jedem Zuschauer sofort klar sein, daß es hier nicht um eine ausgeklügelte Handlung, um Glaubwürdigkeit oder auch nur rudimentäre Ansätze von Logik geht. "District 13: Ultimatum" ist das Paradebeispiel eines genußvoll übertriebenen "Brain out! Entertainment on!"-Action-Films. Und als solcher ist er meiner Meinung nach sogar deutlich besser als der erste Teil, der zumindest zu Beginn noch etwas ernsthafter daherkam (was nicht wirklich funktionierte) und vor allem eine Weile brauchte, um die freundschaftliche Beziehung zwischen Leito und Damien zu etablieren. Das ist hier nicht nötig, stattdessen geht es gleich in medias res.
Und die Mischung aus spektakulärer Kampfkunst (Damien) und atemberaubende Verfolgungsjagden ermöglichender Akrobatik des Parkour-Erfinders David Belle als Leito macht wieder richtig viel Spaß! Man fühlt sich glatt an Jackie Chan zu seinen allerbesten Zeiten erinnert, bloß eben geteilt durch zwei (was in diesem Fall aber wohlgemerkt nicht in einem halb so guten Ergebnis resultiert wink ).

Passend zur momentan wieder sehr aktuellen Thematik zeigt sich zudem, daß Luc Besson eine ähnliche Meinung zu Rassismus hat wie wir - denn sein Drehbuch sorgt dafür, daß am Ende asiatische, arabische, afrikanische, italienische und deutsche Gangs zusammenarbeiten, um die Verschwörung aufzudecken. Wie gesagt: Das ist natürlich absolut hanebüchen und die Charaktere sind wahrlich nur (bewußte) Klischee-Abziehbilder. Aber gerade das sorgte im Publikum zurecht für die meisten (durchaus selbstironischen) Lacher, gerade beim präsentierten deutschen Obergangster (Karl the Skin, wird aber nicht von einem Deutschen gespielt).

Einziger größerer Kritikpunkt: Die hübsche Hauptdarstellerin der ersten Teils und Schwester von Leito, Dany Verissimo, ist leider diesmal nicht dabei. Obwohl sie bei der IMDB sogar angegeben wird. Also entweder ein Fehler dort oder ein Cameo, das ich übersehen habe - oder das gleich ganz zu Beginn kam, denn aufgrund einer Verspätung des "Loft"-Screenings habe ich den leider verpaßt. frown

Fazit: Innerhalb des Genres eine echte und dazu noch märchenhaft politisch korrekte Spaßgranate und nun wohl meine neue Lieblingsreihe von Luc Besson ("Transporter", "Taxi"). 8,5 Punkte.
Achja, und jede Menge wenig subtile, dafür um so gehässigere Anspielungen auf George W. Bushs Irak-Feldzug gibt es auch (u.a. eine Sölderfirma namens Harriburton ...). Jaja, Franzosen können ganz schön nachtragend sein. grin

P.S.: Apropos multikulturell, das wird beim FFF auch schön unterstützt. Was habe ich bisher gesehen? Je einen Film aus Großbritannien, Südkorea, Belgien und Frankreich. Heute abend folgt ein chinesischer. Morgen dann wahrscheinlich ein japanischer, ein amerikanischer und ein irischer. Schön, dieses Durcheinander. smile

Last edited by Ralf; 30/08/09 10:28 PM.