Originally Posted by Ddraigfyre
Ich fand nur den deutlichen Vorsprung der Union erschreckend, ebenso die gerade in dieser Krisenzeit extrem geringe Wahlbeteiligung. Offenbar hat eine ganze Nation resigniert und lässt sich nur noch treiben.

Ich würde nicht von resigniert sprechen, sondern von desinteressiert. Klar gibt es auch eine Menge Leute, die bewußt nicht zur Wahl gehen, weil sie sich einbilden, daß ihre Stimme ja sowieso nichts bringt. Aber ich vermute, daß die überwiegende Mehrheit der Leute einfach überhaupt gar kein Interesse an den Wahlen hat.

Deswegen sollte man ganz einfach die Wahlpflicht einführen - vor jeder Bundestagswahl gibt's eine Volkszählung und wer nicht bei der Wahl erscheint, bekommt ne deftige Strafe. Ob man dann wählt oder die Stimme ungültig macht, ist jedem selbst überlassen.
Man könnte sogar so weit gehen, daß man - so wie Ddraig oft gefordert hat - eine ausgewiesene Nichtwähler-Möglichkeit machen... und dann z.B. allen Parteien über der 5%-Hürde das Geld je nach Menge der Nichtwähler kürzen.

So etwas wird natürlich passieren... aber angesichts der Wahlpassivität werde ich hier in Deutschland (und auch wohl in anderen Ländern Europas) bei jeder Wahl fast wahnsinnig, daß die Menschen das kostbare Wahlrecht - mithin die einzige Möglichkeit für den Durchschnittsbürger, überhaupt etwas mitzuentscheiden im Bund - einfach nicht wahrnehmen. Anderenorts würden die Menschen vieles hergeben, wenn sie überhaupt die Möglichkeit hätte, über das Wahlrecht reden zu dürfen. Aber das ist wohl die Krux des Wohlstands. Man schätzt nicht mehr das, was man hat.

Zur Wahl selbst: Einerseits bin ich froh, daß die große Koalition endlich rum ist... und daß es keine Pattsituation gab und eigentlich sofort klar war, wer an die Macht kommt. Selbstverständlich bin ich erbost ob der 15%, die in Zeiten der Krise ausgerechnet die FDP wählen... aber wie gesagt: Lieber so, als wieder ne große Koalition oder monatelanges Streiten wer jetzt mit wem koalieren soll oder nicht. Nun sind die Fronten klar gesteckt, Schwarz-Gelb ist wieder in der Verantwortung, die Linke ist erstaunlich stark in der Opposition und die SPD - deren Stimmenverluste abzusehen waren, wenn man nicht ganz so naiv jeder neuen Meldung geglaubt hat - hat wieder mal die Chance bzw. die Pflicht, sich grundlegend zu überlegen, welchen Weg sie einschlagen will. Wenn sie nicht in der Beliebigkeit verenden und am Ende sogar von den Grünen überholt werden will, muß sie sich programmatisch komplett in Frage stellen - was dann am Ende dabei herauskommt, muß auf festen Füßen stehen und zukunftsgerichtet sein. Ob das Endergebnis den Vertretern dieses oder jenen Flügels gefallen mag, wird man dann sehen.
Ebenso dringend muß das Personal nahezu komplett ausgetauscht werden. Münte - den ich früher sehr schätzte - will ja den Weg frei machen, wie man so liest. Aber daß am Ender Mitversager, oder Oberlangweiler, der Schröder-Imitator, der blasseste aller SPD-Kanzlerkandidaten, an die ich mich errinern kann, also Steinmeier Fraktions- und Parteivorsitz übernimmt, wäre blanker Hohn. Früher war es üblich, daß die vordersten Verantwortlichen nach verheerenden Niederlagen zurückgetreten sind. Aber heute wird so getan, als ob alles normal ist, und einfach weitergemacht. Was würde denn Steinmeier anders machen als bisher, sodaß man auf eine Besserung hoffen könnte?

Daher: Programm überarbeiten, Dogmatik hinsichtlich der Linken ändern, Personen austauschen, Schwung für die nächsten Wahlen holen - denn ich bin mir sicher, daß das Volk relativ bald sehen wird, daß Schwarz-Gelb nicht so toll ist, wie es sich das vorgestellt hat.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"