"Den Politikern" und "den Managern" etwas vorzuwerfen, halte ich für undifferenziert und verfehlt. Auch in der Zeit nach dem Krieg bis zu den 70ern gab es immer wieder Politiker, die inkompetent oder korrupt waren oder gezielt Eigen- bzw. Lobbyinteressen vertraten, die Öffentlichkeit belogen und/oder von Machtgier getrieben wurden. Genauso gab und gibt es aber auch integre Politiker (und Manager), die für das einstehen, was sie sagen, und die keine Bestechungsgelder annehmen. Wenn man pauschale Vorwürfe gegen "die Politiker" und "die Manager" erhebt, tut man einem Teil von ihnen Unrecht, was dazu führen kann, dass dieser Teil sich zurückzieht und den zu Recht Beschuldigten das Feld überlässt.

Es ist schon möglich, dass es heute mehr machtgierige, egoistische, inkompetente oder verlogene Politiker gibt als in den vergangenen Jahrzehnten, auch wenn ich das nicht für erwiesen halte. Trotzdem sollte man nicht alle Politiker über einen Kamm scheren.

Meiner Meinung nach war es früher einfacher, eine Partei zu finden (und zu wählen), die die eigenen Interessen vertrat, weil es ausgeprägte Rechts-Links-Gegensätze gab, welche die Orientierung erleichterten. Diese Gegensätze sind heute weniger stark ausgeprägt, deswegen wählen vielleicht auch mehr Leute eine Partei, die gar nicht ihre Interessen vertritt, und sind dann enttäuscht. Aber wer wählt, sollte sich eben auch umfassend über das informieren, was er wählt.

Die Einführung der Abgeltungsteuer (zu Beginn dieses Jahres) ist zum Beispiel eine Maßnahme, die reichen Großverdienern hilft und Kleinaktionären schadet (siehe diese Rechnung). Wer nicht möchte, dass die soziale Schere durch so etwas immer weiter auseinander klafft, hätte bei der letzten Bundestagswahl einfach andere als die an der Einführung beteiligten Parteien wählen können. Anscheinend ist die soziale Schere aber nicht genug Leuten wichtig oder es gab einfach zu viele Leute, die sich nicht gut genug informiert hatten.

Sich vor einer Wahl gut zu informieren, fällt allerdings in die Verantwortung jedes Einzelnen. Dass potenziell unpopuläre Maßnahmen von den beteiligten Parteien nicht groß hervorgehoben werden, war schon immer so.