SOUL KITCHEN

Fatih Akin gehört nicht umsonst mittlerweile zu den besten und gefragtesten Regisseuren aus Deutschland. Sein Erstlingswerk "Kurz und Schmerzlos" halte ich persönlich für einen der besten "Multikultifilme" aus Deutschland. "Gegen die Wand" übertrifft den Vorgänger in der emotionalen Wucht und auch der öffentlichen Wirkung noch einmal deutlich. Mit "Auf der anderen Seite" sammelt er noch weitere deutsche und europäische Preise. Und nun schließlich "Soul Kitchen", mit dem Fatih Akin den Spezialpreis der Jury von Venedig erhalten hat.

Dabei handelt es sich um seine erste wirkliche "Komödie", auch wenn auch die anderen Filme durchaus komische Elemente beinhalten und auch "Soul Kitchen" nicht nur lustig daherkommt.

Es geht um den Griechen Zinos - famos gespielt von Adam Bousdoukos -, der der Betreiber des eher als Schnellimbißbude durchgehenden Restaurants "Soul Kitchen" fungiert. Das Essen ist zwar auf Pommes-Schnitzel-aus-Friteuse-Niveau, aber die rege Kundschaft scheint kein Problem damit zu haben.

Die Probleme fangen erst an, als Zinos' Freundin - die großbürgerliche Nadine - als Journalistin nach Shanghai zu gehen beschließt.
Gleichzeitig bekommt auch Zinos' Bruder Ilias - ebenfalls famos gespielt von Moritz Bleibtreu - Freigang aus dem Gefängnis. Diesen will er noch weiter ausdehnen, wofür er zumindest pro forma einen Job braucht... was liegt da näher, als im Restaurant des eigenen Bruders anzuheuern?
Als ob Shanghai-Streß und der Bruder nicht genug an den Nerven zehren würden, erleidet Zinos auch noch einen Bandscheibenvorfall, sodaß er nicht mehr wirklich in der Küche arbeiten kann. Inwiefern der Edelkoch Shayn - wieder famos: Birol Ünel - da eine Hilfe ist, den Zinos einstellt, der aber die Speisekarte des Ladens von Grund auf umkrempelt, wird sich noch herausstellen. Weiters kommen noch Probleme mit dem Finanzamt, dem Gesundheitsamt und Immobilienhaien hinzu.

Wie und ob sich das alles irgendwann auflöst und wie Zinos das ganze Chaos übersteht, kann man in dem 100-minütigen Film miterleben. Und der Begriff "Komödie" beschreibt den Film wirklich nicht 100%ig, denn neben den durchaus vorhandenen lustigen Szenen glänzt der Film auch und vor allem dadurch, daß er auch andere Empfindungen weckt, allen voran eine Art nostalgisch-warmherziges Gefühl, das man bei solchen Filmen, in denen fast schon bohème-artige Eindrücke vorherrschen, gerne mal hat. So kann ich mich z.B. sehr gut mit Zinos identifizieren, auch wenn ich leider den Schritt zum eigenen Laden letztendlich nicht gewagt habe.
Aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl unter widrigen Umständen oder einfach die Party-Laune oder gar der Laissez-faire-Aspekt werden überzeugend vermittelt.

Das liegt zum einen am gut aufgelegten Cast, aus dem lediglich Wotan Wilke Möhring etwas negativ herausragt, weil er seinen Part deutlich zu aggressiv-nervig spielt. Die Hauptdarsteller - Adam Bousdoukos und Moritz Bleibtreu sowie die wichtigen Nebendarsteller wie etwa Birol Ünel, Anna Bederke (als Angestellte im Soul Kitchen) oder Pheline Roggan (Nadine) überzeugen auf voller Linie. Besonders von Bousdoukos war ich recht angetan, denn ich hatte ihn aus früheren Filmen und auch aus Interviews eher als Overacter im Sinn. Aber hier legt er eine nahezu perfekte Leistung hin, bei der alles paßt.

Die Story ist natürlich relativ einfach gehalten und teilweise vorhersehbar, aber die Dialoge sind witzig, authentisch und versprühen einen herben Charme, der den Film aus der Masse an deutschen Komödien herausragen läßt. Handwerklich ist sowieso kaum etwas auszusetzen, Kamera, Schnitt, Musik (vor allem der tolle Soundtrack) sind auf höchsten Niveau.

Ich vergebe 9 Punkte, wobei ich zugeben muß, daß es dabei wohl einen Punkt für dieses nostalgische Gefühl gibt, das ich auch z.B. bei "Kurz und Schmerzlos" und auch "Gegen die Wand" hatte... Fatih Akin versteht es wie kaum ein anderer deutscher Regisseur, mich wehmütig, aber dennoch zufrieden an alten Zeiten zu erinnern. Dafür gebührt ihm mein tief empfundener Dank. smile


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"