AN EDUCATION:

Eine englische Kleinstadt im Jahr 1961: Das Leben der 16-jährigen Schülerin Jenny (gespielt von der bereits 25-jährigen Carey Mulligan, übrigens Hauptdarstellerin der bereits legendären "Doctor Who"-Episode "Blink"!) ist scheinbar fest vorgezeichnet. Die 1er-Schülerin soll es nach Oxford schaffen und vor allem ihr strenger Vater (Alfred Molina) plant alles genau durch, damit das auch klappt. Insofern ist es kein Wunder, daß die intelligente Jenny, die sich für moderne Kunst interessiert und französische Filme und Musik liebt, die erste gute Gelegenheit nutzt, um aus diesem engen Korsett auszubrechen. Diese Gelegenheit heißt David (Peter Sarsgaard), ist etwa 15 Jahre älter als sie, kennt sich in der Kunstszene aus und ist so unfaßbar charmant, daß er selbst Jennys Vater problemlos um den kleinen Finger wickelt. Jenny verbringt immer mehr Zeit mit dem Lebemann und David und seinen Freunden Danny (Dominic Cooper) und Helen (Rosamund Pike) - und Oxford verliert für sie zunehmend ihren Reiz ...

"An Education" basiert auf den Memoiren der britischen Journalistin Lynn Barber, die von Kultautor Nick Hornby in ein Drehbuch umgesetzt wurden. Und dessen Beteiligung merkt man deutlich, denn "An Education" gelingt das Kunststück, eine nicht wirklich neue Geschichte stets von leichter Hand ebenso emotional berührend wie amüsant zu erzählen. So gut ausgearbeitete Charaktere wie hier sieht man heutzutage nicht mehr oft in Mainstream-Filmen und auch die durchweg starken Darsteller scheinen das mit enormer Spielfreude zu belohnen: Ob Emma Thompson als strenge Schuldirektorin, Olivia Williams als mitfühlenden Lehrerin, Alfred Molina als spießig-strenger Vater, Cara Seymour als warmherzige Mutter, Dominic Cooper als undurchschaubarer Danny, Ex-Bond-Girl Rosamund Pike als sympathisches Dummchen Helen oder Matthew Beard als Jennys schüchterner (und gegen David chancenloser) gleichaltriger Verehrer Graham - die Leistungen sind absolut tadellos!
Und im Zentrum der Geschichte glänzt Carey Mulligan, die trotz ihrer 25 Jahre zu Beginn des Films wie ein Teenager wirkt, sich durch den Einfluß von David und seinen Freunden aber beinahe in eine neue Audrey Hepburn verwandelt und für ihre Leistung eine OSCAR-Nominierung erhielt. Und auch Peter Sarsgaard überzeugt in seiner Schwerenöter-Rolle voll und ganz.

Daneben zeigt "An Education" auch noch ein authentisch wirkendes Porträt des spießigen England der 1960er, begleitet von toller zeitgenössischer Musik (u.a. Juliette Gréco) - was allerdings dazu führte, daß er mehrfach gezeigte latente bis offene Anti-Semitismus einiger handelnder Figuren (David ist Jude) von manchen als Anti-Semitismus des Films fehlinterpretiert wurde. Eine meiner Meinung nach schwachsinnige Interpretation, da der "echte" David aus Barbers Lebensgeschichte nunmal schlicht und ergreifend jüdischen Glaubens war und es zudem ja wohl noch lange kein Anti-Semitismus ist, wenn mal eine etwas zwielichtige Filmfigur zufällig Jude ist (zudem einer, dessen Religion in der Handlung überhaupt keine Rolle spielt) ...

Fazit: "An Education" ist britisches Schauspieler- und Autoren-Kino im allerbesten Sinne: Warmherzig, amüsant, nachdenklich, melancholisch und dabei sogar intellektuell ansprechend. Wenn 2010 kein absolutes Super-Kinojahr werden sollte, wird "An Education" mit Sicherheit in meinen Jahres-Top10 landen. 9 Punkte. up

Und der Soundtrack ist schon bestellt. smile