Klar ist das unglaubwürdig - und in meiner Erinnerung sind es auch deutlich mehr als zehn (riesengroße!) Kisten - aber da mag ich mich irren.

Der Saal dient Representationszwecken, in Ferdok herrscht keine Not- oder Krisensituation - was machen ein paar Lagerhausartig gestapelte Kisten denn da für einen Eindruck?!

Und welchen *Zweck* erfüllen diese Kisten überhaupt? Wer ist auf die Idee gekommen, sie dahin zu stapeln, und *warum*?

Oder anders gefragt: Welche Notwendigkeit sah der Designer dieser Hallen darin, in den großen Saal des Rathauses ausgerechnet Kisten zu stellen? Würden da nicht ein paar hübsche Statuen besser passen? Oder selbst wenn diese Stelle leer geblieben wäre - hätte ein leerer Sall nicht immer noch besser gepasst als einer, in dem Kisten - selbst wenn es nur zehn (das ist ja auch schon eine ganze Menge!) sind - gestapelt sind? Menschenskinder - was haben die Ferdoker denn für eine *Kultur*, wenn sie in die vielleicht wichtigste Halle der Stadt Kisten stapeln? Da ist man ja sogar in Thorwal schon weiter - wenn man unbedingt Lagerraum im Saal braucht, dann stellen die sich ein paar massive Eichenholztruhen hin! Aber in Ferdok ist man offenbar noch nicht so weit, wie? Vielleicht sollten die Repräsentanten der Stadt sich vielleicht mal von ein paar Orks oder Goblins beraten lassen, wie man den Empfangsaal seines Oberhauptes standesgemäß ausstattet...

Natürlich ist und bleibt das eine Kleinigkeit, die letztlich kaum der Rede wert ist. Aber zu wirklich guten Spielen gehören mMn auch Designer, die sich bei jedem zu platzierenden Objekt genau überlegen, ob es dort hinpasst. Die jeden Raum, jeden Gang, jede Tür und jede Treppe so platzieren, dass ein *glaubwürdiger* Gesamteindruck entsteht. Als Spieler will ich davon ausgehen können, dass in der Fantasywelt, in der ich meine Figur bewege, all die essentiellen Hintergründe, mit denen man nie direkt konfrontiert wird, ihre Bedeutung haben und funktionieren. Dazu gehört eben auch, dass Baumeister von z.B. Festungswerken diese entsprechend ihrer Aufgabe konstruieren - und entsprechend atmosphärisch ist es, wenn man in einem Spiel Elemente tatsächlicher Festungsbaukunst wiederfindet und den Eindruck hat, dass das Gemäuer, durch den man gerade seine Gruppe steuert, tatsächlich eine Festung ist und so auch in unserer realen, irdischen Welt existieren könnte. Und dazu gehört auch, dass Räumlichkeiten entsprechend ausgestaltet sind: in der Hütte eines Druiden wäre Prunk und Nippes ziemlich fehl am Platze, eine Festung besticht durch ihre zweckmäßige Einrichtung, die Kammer eines Ritters ist in ihrer Schlichtheit schon beinahe kalt und ungemütlich, die Wohnräume eines Adligen dagegen mit eleganten Möbeln, Wandteppichen und Gemälden, Fenstern aus kunstvoll eingefasstem Glas, einem lauschigen Kamin und einem weichen, großen Bett regelrecht luxuriös. In der Hütte eines armen Tagediebs finden sich nur ein grob zusammengezimmerter Stuhl, eine Pritsche, die kaum aus mehr als ein paar Brettern und einem Strohsack besteht, und die wenigen Habseligkeiten gammeln in einer holzwurmzerfressenen, nach Moder riechenden Lagerhauskiste (!) vor sich hin. Ein wohlhabender Händler verstaut seine (reichlichen) Habseligkeiten dagegen in Schränken, Kommoden und gut gearbeiteten, oft auch reich verzierten Truhen (!).
Und der große Saal eines Regierunsggebäudes wird in der Regel eher etwas mehr Prunk enthalten als weniger - schliesslich sollen die Gesandten der Nachbarländer beeindruckt werden. Wie beeindruckt wird wohl ein Gesandter sein, wenn er in einem Saal empfangen wird, in dem etliche schäbige Kisten einfach so herumstehen und gestapelt sind? Im besten Falle rümpft er nur die Nase und denkt sich "Bei allen Zwölfen! Was für ein erbärmlich rückständiges Volk!", im schlimmsten Falle dagegen empört er sich über den unwürdigen Empfang, fühlt sich brüskiert, da man es wagt, ihn in etwas zu empfangen, was kaum mehr als eine heruntergekommene Lagerhalle sei - und erklärt Ferdok kurzerhand den Krieg!
Ich für meinen Teil traue den nie in Erscheinung tretenden Kämmerern Ferdoks durchaus zu, dass sie einen solchen Lapsus vermeiden würden - weil sie *wissen*, wie ein Thronsaal auszugestalten ist, und weil sie *wissen*, dass einfache Kisten in ein Lagerhaus gehören, nicht aber in den großen Saal. Wenn es also Krieg gibt, dann liegt das nicht etwas an der Unfähigkeit Ferdoks Kämmerer, sondern an der Gedankenlosigkeit des Spiel-Designers. Und das ist dann auch der Punkt, wo die Atmosphäre wasserfallartig den Bach runtergeht. Weil hier die *Glaubwürdigkeit* der Spielwelt aufhört. Und leider, leider, enthält Drakensang viele solcher Schnitzer...