Originally Posted by Ralf
1. Selbst der überzeugteste schwarze oder gelbe Wähler wird wohl kaum gewollt oder auch nur erahnt haben, daß diese Koalition sich untereinander stärker zankt als mit der Opposition (was übrigens primär die Schuld der mittlerweile schon seit Jahren vollkommen wirren CSU ist - wer hätte gedacht, daß man sich als halbwegs neutraler Beobachter allen Ernstes mal nach Stoiber zurücksehen würde ... - und nicht die der FDP, wie es die Opposition uns gerne weißmachen würde - weil sie natürlich weiß, daß es viel leichter ist, die FDP kleinzukriegen als die CSU) und deshalb kaum etwas vernünftiges zustandebringt.

Deine wachsenede Sympathie für die FDP in allen Ehren, aber zu verkennen, welche Rolle diese sog. Partei in der chaotischen Regierungszeit spielt, ist dann doch etwas erstaunlich, wie ich finde.

Und ganz ehrlich: Wenn ich die FDP an die Macht wähle (zusammen mit der Union), dann muß ich mich nicht darüber wundern, daß eben eher bei den sozial schwachen die Schere angesetzt wird als bei den Wohlhabenderen. Das ist nun bewußt vereinfacht dargestellt, um die Lage in einem Satz zusammenzufassen. Es ist und war nicht alles gut, was die SPD gemacht hat, aber ich bin immer noch der Überzeugung, daß es grundlegende Unterschiede bei der Beurteilung der "sozialen Gerechtigkeit" zw. Rot bzw. Rot-Grün und Geld bzw. Schwarz-Gelb gibt. Daher: Es war abzusehen, es ist verdient.

Was Wulff angeht: Es werden noch spannende 3,5 Wochen bis zur Wahl - schon jetzt läuft die mediale Meinungsmache ja auf Hochtouren, und sie ist eindeutig (und zurecht) pro Gauck. Angesichts der Tatsache, daß bei der Vollversammlung nicht nur Politiker, sondern auch normale Menschen wählen, ist die Sache also noch nicht durch für Wulff. Ich halte Wulff, wenig überraschenderweise, für einen schlechten Kandidaten. Schlechter als Köhler kann er nicht sein, so viel ist sicher, aber das macht ja noch lange keinen guten Bundespräsidenten. Gauck hingegen würde ich zutrauen, den Politikern oft genug auf die Nerven zu gehen mit seinen Einwürfen und Vorstellungen. Und das wäre dem "Politariat" (hübsches Wort, wie ich finde) sehr zu wünschen.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"