Originally Posted by Ralf
Als Beispiel nenne ich nur Röslers Kopfpauschale im Gesundheitssystem, die in ihrer ursprünglich geplanten Form (das ist wichtig, denn die inzwischen diskutierte Version ist in der Tat wenig sinnvoll!) ein echter Gewinn gewesen wäre. Ich bin mir sicher, daß auch in diesem Forum so ziemlich jeder beim Begriff "Kopfpauschale" mindestens gedanklich aufjault und "sozial ungerecht!" schreit und auf den von Politikern und uninformierten Medien geprägten Satz vom Bankdirektor und der Putzfrau, die dann das gleiche zahlen müßten, kommt. Nur ist das eben absoluter Quatsch. Übrigens schon deshalb, weil der Bankdirektor in aller Regel privat versichert sein wird und deshalb in Sachen Gesundheit momentan ÜBERHAUPT NICHTS zur Solidargemeinschaft beiträgt, während er das nach Röslers ursprünglichen Plänen über eine höhere Einkommenssteuer tun müßte. Weitere Gründe kann jeder in der entsprechenden Fachliteratur nachlesen. Aber wie gesagt, die momentane Version der Gesundheitsreform erscheint mir ähnlich effektiv wie die letzte von Ulla Schmidt (und die war katastrophal) ...

Ich jaule bei "Kopfpauschale" natürlich laut auf... weil es viel einfacher geht: (bezahlbare!) Bürgerversicherung für alle Bürger auf Einkommensbasis (und keine Fantasiesätze von 15%), Einführung der Versicherungspflicht in dieser Bürgerversicherung, optionale private Zusatzversicherung für Luxusdetails, Abschaffung bzw. Erhöhunh der Beitragsermessungsgrenze - fertig ist die sozial gerechte Krankenversicherung, die eine Mehrklassengesellschaft hinsichtlich des Gesundheitswesens verhindert.
Natürlich kann man eine Kopfpauschale einführen, die für sich genommen auf jeden Fall sozial ungerecht ist und manche Menschen sogar in die Armut stürzt. Diese Unwucht soll dann über Umwege an anderer Stell ausgeglichen werden (wie genau das auch immer gemacht wird, Sozialausgleich, andere Besteuerungen etc., ist mal egal) - aber was ändert das an der Situation? Das System bleibt genau gleich, mit dem Unterschied, daß einfach ein neuer Zusatzobolus geschaffen wird... und wenn in 10 Jahren die lieben Krankenversicherungen wieder über Probleme jammern, wird dann wohl eine weitere Idee geboren werden, wie die Versicherten einen weiteren Zusatzbetrag leisten müssen. Etc.

Daher finde ich die Idee der Bürgerversicherung, in der alle Menschen in Deutschland versichert sind, nicht nur finanziell gut. Auch ethisch fände ich das sehr empfehlenswert, denn es ist mittlerweile eine Schande, wie manche Ärzte mit gesetlich Versicherten umgehen und den Privaten auf der anderen Seite in den Arsch kriechen (und bevor das Neid-Argument kommt: Ich BIN privat versichert).

Mit dieser Umstellung auf die Bürgerversicherung müßte man sich natürlich auch eingehend mit der Pharma-Lobby beschäftigen. Ich kenne keine exakten Zahlen, aber das Einsparpotential in der Richtung dürfte auch nicht gering sein.


Dem anderen, was du sagst, mag ich nichts hinzufügen, denn du hast ja Recht. Auf der anderen Seite verdient die FDP jede Häme - meiner Meinung nach. Insb. Herr Westerwelle aber auch einige andere Figuren sorgen bewußt und unbewußt für ein öffentliches Bild ihrer Partei, das einfach nicht ernst genommen werden kann. Dann müssen sie sich aber auch nicht darüber beschweren, wenn jeder auf sie eindrischt. Und da sie mir bis auf wenige Ausnahmen gänzlich unsympathisch ist, macht es mir nicht das Geringste aus, wenn sie in der Öffentlichkeit entsprechend häufig einen auf den Deckel bekommt.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"