Zum Abschluß des diesjährigen Fantasy Filmfests habe ich mir noch einen kleinen Asia-Tag gegönnt:

LITTLE BIG SOLDIER:

Irgendwann in der fernen Vergangenheit: Ein kleiner, ältlicher Fußsoldat (Jackie Chan) hat eine weitere Schlacht überlebt, indem er sich tot stellte. Nach der Schlacht stellt er fest, daß der gegnerische General zwar verwundet ist, aber noch lebt. Und da es als Belohnung für die Gefangennahme eines gegnerischen Generals eine hohe Belohnung gibt, beschließt der Soldat, ihn gefesselt in die Heimat zurückzubringen, wo er sich seine Belohnung abholen kann. Natürlich ist der Weg dorthin nicht gerade einfach und die Tatsache, daß der General von seinen eigenen Leuten gesucht wird, ist für unseren kleinen, großen Soldaten auch nicht gerade hilfreich. Doch mag er auch nicht der tapferste oder der kampfstärkste sein, so ist er doch auf jeden Fall schlau und einfallsreich ...

"Little Big Soldier" stellt für den mittlerweile 56-jährigen Jackie Chan einen weiteren Schritt auf dem Weg hin von seinen altbekannten Action/Comedy-Filmen hin zu einem zumindest halbwegs ernsthaften Schauspieler hin (weitere Beispiele: "Shinjuku Incident" und auch das "Karate Kid"-Remake). Dabei ist "Little Big Soldier" wohlgemerkt von viel Humor (und auch einer deutlichen, aber nicht aufdringlichen Anti-Kriegs-Botschaft) durchzogen und zumindest in einer Traumsequenz darf Chan auch noch einmal in einem sehr einstigen Markenzeichen-Kämpfe unter Miteinbeziehung seiner Umwelt glänzen - aber von der unbeschwerten Nonsens-Comedy der vergangenen Jahrzehnte ist dieser Film weit entfernt. Der Humor ist von eher leiser Natur und den gesamten Film bis hin zum sehenswerten Ende durchzieht ein Hauch von Melancholie. Somit macht das ganze Geschehen Spaß, ohne zu begeistern. Ein guter Film. Nicht mehr und nicht weniger. 7,5 Punkte.

IP MAN 2:

Einige Jahre nach den Geschehnissen des ersten Films (siehe meine Kritik vom letztjährigen FFF) und damit auch nach dem Ende des 2. Weltkriegs und der japanischen Besetzung Chinas hat sich der Wing Chun-Meister Ip Man (Donnie Yen) mit seiner schwangeren Frau und seinem Sohn in Hongkong niedergelassen. Er eröffnet dort eine Kampfschule, muß sich jedoch mit mißliebigen Konkurrenten um Meister Hung (Sammo Hung) und den britischen Kolonialherren rumärgern, was schließlich in einen Showdown in einem Boxring (sic!) mündet ...

"Ip Man" ist ein guter, unterhaltsamer Film - trotz übertrieben nationalistischer Töne in der zweiten Filmhälfte.
"Ip Man 2" ist in der ersten Hälfte ebenfalls ein guter Film - in der zweiten Hälfte jedoch das miesestmögliche Remake des ebenfalls schon nicht gerade tollen "Rocky IV". Wurde dort der Kampf zwischen Rocky Balboa und Ivan Drago noch zum symbolischen Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion hochstilisiert, vertritt in "Ip Man 2" der Titeldarsteller China und sein Gegner, der arrogante, brutale, hassenswerte Jack "Twister" Miller (Darren Shahlavi) die bösen Briten. Nur ist dieser schon in "Rocky IV" (zumindest meiner Meinung nach - Elgi wird das vielleicht anders sehen wink ) nervende Polit-Propaganda-Quatsch in "Ip Man 2" leider noch viel stärker ausgeprägt, was dem Geschehen jegliche Glaubwürdigkeit und natürlich auch jegliche Spannung nimmt, denn - und dafür werde ich garantiert keine Spoilerwarnung geben - daß Ip Man am Ende gewinnt, ist so klar wie Kloßbrühe ...

Was "Ip Man 2" im Vergleich zu "Rocky IV" noch viel stärker abstinken läßt, ist die Tatsache, daß hier diese alberne Story in etwa die Hälfte der Zeit gepreßt wird. Sie macht eben nur die zweite Filmhälfte aus, während sich "Rocky IV" immerhin den gesamten Film über Zeit lassen und deshalb auch seine bekannten Stärken - Rockys Training und auch der ausführlich gezeigte Kampf selbst - ausspielen kann. In "Ip Man 2" wird der Trainingsteil komplett ausgespart und der Kampf selbst kann zumindest auch nicht wirklich überzeugen - dafür finde ich die Kombination Martial Arts vs. Boxen einfach zu langweilig. Vor allem, wenn man in der guten ersten Filmhälfte den leider zu kurzen, aber toll choreographierten reinen Martial Arts-Kampf zwischen Donnie Yen und
Sammo Hung
gesehen hat, DAS absolute Highlight dieses Films.
Außerdem kann ich mir ehrlich gesagt auch einfach nicht vorstellen, daß selbst der beste Boxer der Welt gegen einen wahren Martial Arts-Meister eine echte Chance hätte. Vielleicht irre ich mich da ja (bin schließlich Laie), aber wie die reine Kraft und Schwerfälligkeit des Boxens gegen die Geschwindigkeit, Eleganz und Flexibilität der Martial Arts bestehen soll, kann ich mir einfach nicht vorstellen.

Aber wie auch immer, diese Art von Kämpfen kann mich einfach nicht begeistern, mancher sieht das wohl anders, jedenfalls gibt es durchaus etliche positive Bewertungen zum Film (nicht nur aus China). Dazu kommt dann auch noch, daß die natürlich allesamt (naja, mit einer Ausnahme) teuflischen Briten unglaublich schlecht besetzt sind. "Twister"-Darsteller Shahlavis Overacting ist ja schon grenzwertig, aber seiner Rolle letztlich doch einigermaßen angemessen; Charles Mayer, der Darsteller des Oberbösewichts, ist jedoch entweder der schlechteste Schauspieler oder der beste Comedian der Welt (dem leider niemand gesagt hat, daß "Ip Man 2" KEINE Komödie ist) - da bin ich mir ehrlich gesagt nicht so ganz sicher.

Fakt ist, daß "Ip Man 2" ein patriotisches chinesisches Publikum sicherlich phantastisch unterhält, alle anderen werden über die dramaturgisch unglaublich schlechte zweite Filmhälfte bestenfalls schmunzeln können. Immerhin ist ja bekannt, daß die europäischen Kolonialherren sich in Afrika, Asien und wo immer sie sich sonst noch breitgemacht haben, in der Tat nicht gerade vorbildlich verhalten haben, insofern entbehrt die überzogene Darstellung der Briten schon nicht eines gewissen Unterhaltungswerts. Wenn sie halt nicht so DERMASSEN übertrieben und in aller Breite ausgewalzt worden wäre ... Und wo überhaupt der biographische Anstrich der "Ip Man"-Filme geblieben ist, frage ich mich auch ernsthaft.

3,5 Punkte.
Ohne die gelungene erste Hälfte wären es wohl weniger als 2 Punkte geworden.