Aufgrund von Computer-Problemen gibt es meine traditionelle Kino-Jahresbilanz diesmal etwas verspätet - leider habe ich wegen des Wetters auch nicht mehr alle Filme geschafft, die ich eigentlich noch 2010 sehen wollte (allen voran den neuen Harry Potter).

Wie üblich gilt: Es zählen jene Filme, die ich im Kalenderjahr 2010 gesehen habe und wie immer ist die Reihenfolge der Filme rein subjektiv. Da ich leider erneut für meine Verhältnisse relativ wenige Filme regulär im Kino gesehen habe, nehme ich wie bereits letztes Jahr auch Filme, die ich im Rahmen des Fantasy Filmfests gesichtet habe, in die folgenden Listen auf. Da jedoch bis auf eine (allerdings bedeutende) Ausnahme alle davon noch 2010 in den deutschen Kinos starteten oder auf DVD erschienen, sollten die Listen dennoch nachvollziehbar sein.

Top15:

1. A Single Man:
Die elegische Geschichte eines nach dem Tod seines jungen Lebensgefährten depressiven homosexuellen Literaturprofessors ist im Wortsinn FilmKUNST - wunderschön gefilmt, mit einem brillanten Soundtrack unterlegt, toll gespielt vor allem von Hauptdarsteller Colin Firth. Einfach ein Film zum Genießen (wenn auch sicher nicht für jeden)! up up up

2. Agora - Die Säulen des Himmels:
Die hochemotionale spanische Produktion verquickt bravourös die Geschichte einer brillanten Astronomin aus der Antike mit dem Wahnsinn religiösen Fanatismus´ und überzeugt mit authentischen Charakteren jenseits der üblichen Schwarz-Weiß-Klischees. up up

3. Der fantastische Mr. Fox:
Regisseur Wes Anderson ("Darjeeling Limited") beweist, daß sich sein wunderbar skurriler Humor auch wunderbar in einem auf einer Geschichte von Roald Dahl basierenden Zeichentrickfilm über einen schlauen Fuchs unterbringen läßt. up

4. The Social Network:
David Finchers Film erzählt nur vordergründig die Gründung von Facebook nach - tatsächlich ist "The Social Network" eine klassische, formal hoch anspruchsvolle, Geschichte über Freundschaft und darüber, wie sie an so banalen Dingen wie Egoismus und Geldgier zerbrechen kann.

5. Inception:
Christopher Nolans vielschichtiger Actionthriller über Traumdiebe begeistert mit seiner grandiosen Besetzung ebenso wie mit brillanten Spezialeffekten und einer für das Genre ungewohnten Komplexität - auch wenn diese gegen Ende leider etwas zu sehr zugunsten der Actionsequenzen vernachlässigt wird.

6. Four Lions:
Die bitterböse britische Terroristen-Komödie kommt den Filmen der Monty Pythons so nahe wie kaum ein anderes Werk - ein größeres Kompliment kann ich kaum verteilen!

7. An Education:
Diese nostalgische britische Dramedy nach Nick Hornby erzählt entspannt, amüsant und durchaus tiefgründig vom Erwachsenwerden eines jungen Mädchens vom Lande.

8. Machete:
Robert Rodriguez´ Trash-Granate mit Ex-Knacki Danny Trejo als machetenschwingendem mexikanischen Ex-Cop auf Rachefeldzug glänzt mit bewußt völlig überzogenen Actionszenen und einem megacoolen Antihelden. Einfach ein Heidenspaß!

9. The American:
Quasi genau das Gegenteil von "Machete": Anton Corbijns kunstvoller Thriller über einen alternden Auftragsmörder zelebriert die Langsamkeit und gibt Hauptdarsteller George Clooney einmal mehr die Möglichkeit, sein ganzes schauspielerisches Können zu zeigen.

10. 22 Bullets:
Jean Reno überzeugt in diesem französischen Gangsterthriller als Ex-Mafioso auf Rachefeldzug - zwar werden altbekannte Elemente des Genres nur variiert, aber die schnörkellose Umsetzung macht aus "22 Bullets" ein rundum gelungenes Thriller-Vergnügen.

11. Kick-Ass:
Die rasante Umsetzung eines hochgelobten Comics über einen Möchtegern-Superhelden und ein skurriles Vater-Tochter-Gespann auf Verbrecherjagd konnte die hohen Erwartungen zwar nicht ganz erfüllen - bietet aber dennoch gute, unkonventionelle Unterhaltung.

12. Harry Brown:
Das Thema Rache zieht sich durch das Kinojahr 2011: Hier ist es Rentner Sir Michael Caine, der nach dem Tod seines einzigen Freundes durch eine Jugendgang die Knarre rausholt und der Jugend von heute zeigt, wo der Hammer hängt ... wink

13. Shutter Island:
Martins Scorseses Grusel-Thriller um einem FBI-Agenten, der in einer auf einer kleinen Insel gelegenen psychiatrischen Anstalt mysteriösen Vorgängen nachgeht, enttäuscht zwar etwas mit einer ziemlich vorhersehbaren Handlung, ist aber handwerklich so gut gemacht, daß er trotzdem gut in Erinnerung bleibt.

14. Einfach zu haben:
Dank Hauptdarstellerin Emma Stone ist diese erfrischende Teenie-Komödie um ein Mädchen, das durch eine Mischung aus Zufällen und Naivität den (falschen) Ruf erwirbt, promiskuitiv zu sein, ein echtes Vergnügen - und läßt großzügig über die für Europäer schwer nachvollziehbare Prüderie des Szenarios hinwegsehen.

15. Whatever Works:
Woody Allens Komödie glänzt mit bissigen Onelinern vor allem von Hauptdarsteller Larry David sowie einer grundsympathischen Toleranz-Botschaft, ist aber in sich nicht völlig stimmig und wirkt gelegentlich eher wie eine Aneinanderreihung von Sketchen als wie ein richtiger Film. Lustig ist "Whatever Works" aber so oder so. smile

Flop5:

1. Ip Man 2: Nach dem gelungenen ersten Teil enttäuscht die Fortsetzung speziell in der zweiten Filmhälfte mit unerträglichem Hurra-Patriotismus und einem wenig ansehnlichen, dafür überlangen Showdown zwischen Kung Fu und Boxen.

2. The Expendables:
Sylvester Stallone hat eine grandiose Riege von Action-Altstars versammelt - nur um sie kaum zu nutzen und stattdessen ein tumbes Actionfeuerwerk zu starten, das auch noch viel zu dunkel gehalten ist, um wenigstens die Kampfszenen ungestört genießen zu können. Der Prototyp einer vertanen Chance (ich weiß, Elgi sieht das *etwas* anders ... grin ).

3. Ich sehe den Mann Deiner Träume:
Tja, Woody Allen schafft sogar das Kunststück, innerhalb eines Jahres in der Top- und in der Flop-Liste aufzutauchen. Was vor allem daran liegt, daß bei der "Whatever Works" durchaus ähnlichen Story dieses Werks leider fast jeglicher Humor fehlt und überhaupt die Dialoge nicht einmal ansatzweise Allens übliches Niveau erreichen. Insgesamt einfach ein langweiliger Film.

4. Centurion:
Neil Marshalls Film über die in Britannien "verlorene" neunte römische Legion ist zwar kein schlechter Film (speziell für Genreliebhaber), enttäuscht aber mit einer Handlung, die das eigentliche Potential der Geschichte nur ansatzweise ausschöpft.

5. Prince of Persia:
Auch hier gilt: Wahrlich kein schlechter Film, aber ein ziemlich mittelmäßiger. Und da ich 2010 nicht viele schlechte Filme gesehen habe (zumindest im Kino), reicht das halt schon für eine Einteilung zu den Flops ...

Guilty Pleasures:

1. Resident Evil: Afterlife:
Miese Story, grandiose 3D-Actionsequenzen!

2. Adéle und das Geheimnis des Pharaos:
Eine höchst vergnügliche, oft ungehemmt alberne Abenteuerkomödie von Luc Besson.

3. The Crazies:
Ein Horrorremake mit unglaublich vielen objektiven Schwachpunkten - trotzdem bleibt der Film von Anfang bis Ende eine spannende Achterbahnfahrt.

4. Solomon Kane:
Die düstere Fantasy-Verfilmung überzeugt vor allem mit einer schön-unheimlichen Optik, während die klischeehafte Handlung leider vor allem gegen Schluß zu wünschen übrig läßt.

5. R.E.D.:
Die Rentnergang von Ex-CIA-Agenten um Bruce Willis macht einfach tierisch Laune, auch wenn der Actionanteil etwas zu groß geraten ist.

Fazit: 2008 konnte ich zwei Filmen die Höchstpunktzahl geben, 2009 keinem einzigen, 2010 wieder zwei. Dennoch hinterläßt das Kinojahr 2010 einen zwiegespaltenen Eindruck: Zwar konnten vor allem die Arthouse-Filme oft überzeugen und boten sogar einige echte Glanzstücke, dafür war das, was Hollywood im Blockbuster-Bereich bot, eher enttäuschend. Abgesehen von "Inception" wird da nicht viel dauerhaft im Gedächtnis hängenbleiben ... Insgesamt läßt sich das Kinojahr 2010 damit wohl wieder mal als mittelmäßig einordnen.

In meinen Top15 dominieren mit neun zwar wieder einmal die amerikanischen Filme (dazu vier britische, je ein spanischer und französischer), allerdings sind die meisten davon Independent-Filme.

Die eingangs erwähnte Ausnahme bei den Fantasy Filmfest-Filmen ist übrigens "Four Lions", der hierzulande leider noch keinen Release hatte, weder im Kino noch auf DVD.