LAST NIGHT:

Joanna (Keira Knightley) und Michael (Sam Worthington, "Avatar") sind ein Ehepaar. Eigentlich ein relativ glückliches, doch Joanna neigt zur Eifersucht gegenüber Michaels neuer Arbeitskollegin Laura (Eva Mendes). Als Michael und Laura auf Geschäftsreise in Philadelphia sind, erhält Joanna Besuch von ihrem Ex Alex (Guillaume Canet, "Merry Christmas"), der immer noch unsterblich in sie verliebt ist. In der gleichen Nacht werden somit sowohl Joanna als auch Sam in Versucht geführt. Können beide widerstehen?

Der Film war sozusagen Damenwahl, ansonsten hätte ich mir dieses prätentiöse Beziehungs-Dramachen sicher nicht angetan. Das große Problem von "Last Night" ist, daß er sich unheimlich raffiniert vorkommt - in Wirklichkeit aber einfach nur schrecklich banal ist. Das trifft sowohl inhaltlich als auch formal zu. Inhaltlich findet der Größenwahn seinen Ausdruck in weitgehend uninteressanten, nicht mal allzu sympathischen Hauptfiguren und schrecklich unspannenden Dialogen und Handlungsentwicklungen - angefangen bei einer nervigen Eifersuchtsszene gleich zu Beginn, die dem Zuschauer Joanna gleich mal ziemlich unsympathisch macht. Zugegebenermaßen gibt es vor allem im Mittelteil des zum Glück nur 90 Minuten langen Films einige ganz nette Szenen, aber das rettet ihn nicht wirklich.
Noch nerviger als der inhaltliche ist jedoch der formale Größenwahn der zurecht unbekannten Regisseurin Massy Tadjedin bei ihrem Regiedebüt. Beispielsweise setzt sie bei einem wenig aufregenden Telefongespräch zwischen Joanna und Alex, bei dem die Kamera stets auf Joannas Gesicht gerichtet bleibt, eine Reihe minimaler Schnitte ein, die keinerlei Zweck erfüllen. Sie sind einfach komplett überflüssig, sinnlos und damit (zumindest für erfahrene Kinogänger) nervtötend. Ähnliches gilt für einige Überblendungen, bei denen noch das eine Nicht-Pärchen zu sehen ist, aber bereits das andere zu hören - und das natürlich mit besonders "raffinierten" Pseudo-Erkenntnissen, die natürlich genau zu dem passen, was im Bild geschieht. Und das so Ganze ist so subtil wie ein Dampfhammer inszeniert ...

Immerhin: Die schauspielerischen Leistungen reißen manches raus, vor allem Keira Knightley darf wieder mal ihr Können beweisen. Am gespanntesten war ich eigentlich, wie sich der neue Action-Held Worthington ("Avatar", "Kampf der Titanen", "Terminator Salvation") in einer ernsthaften Rolle schlägt, aber aufgrund des viel zu starken Fokus der Handlung auf Joanna und Alex läßt sich das kaum beurteilen. Worthington und Mendes sind letztlich nur Nebendarsteller, Knightley und Canet dominieren die Geschichte.
Ein weiterer Pluspunkt, vielleicht der größte, ist die Musik von Clint Mansell ("The Fountain"), die das Geschehen angenehm unaufgeregt und stilvoll untermalt - und damit jene Subtilität vorlebt, die dem gesamten Film gut zu Gesicht gestanden hätte.

Fazit: "Last Night" ist ein Film, der viel zu viel will, aber nur relativ wenig kann. Bei weitem nicht der schlechteste Film der Welt. Aber schlicht überflüssig. 4 Punkte.

Und wie fanden meine beiden Begleiterinnen den Film? Nun, sagen wir so: Nächstes Mal darf wohl wieder ich den Film aussuchen ... wink
Aber ernsthaft: Ich war überrascht, daß das überwiegend weibliche Publikum dem Film offensichtlich ebenso wenig abgewinnen konnte wie ich. Aufgrund einiger Kritiken und der Thematik hatte ich eigentlich erwartet, daß "Last Night" bei Frauen deutlich besser ankommen würde als bei mir. Offenbar sind Männer und Frauen aber doch nicht ganz so verschieden, wie wir manchmal glauben. grin