HEREAFTER:

In seinem neuen Film verwebt Regisseur Clint Eastwood drei Geschichten in drei verschiedenen Ländern miteinander, die allesamt mit dem Tod zu tun haben: In den USA hat George Lonegan (Matt Damon) sehr erfolgreich als Medium gearbeitet, sich dann aber aus dem Geschäft zurückgezogen, weil er das, was sein geschäftstüchtiger Bruder Billy (Jay Mohr) als Gabe bezeichnet, vielmehr als Fluch sieht. Doch so einfach kann er sich seiner, nennen wir es mal "Fähigkeit", nicht entziehen.
In England hat der junge Marcus durch einen Unfall seinen Zwillingsbruder Jason verloren und sucht fieberhaft nach einem Weg, Kontakt zu ihm aufzunehmen - womit er sich gleichzeitig immer weiter von seiner Umwelt und seinen Pflegeeltern entfernt.
Und die französische Starreporterin Marie LeLay (Cécile de France) hat ein Buch über ihre Nahtoderfahrung geschrieben, die sie hatte, als sie den Tsunami im Jahr 2004 knapp überlebte.
Wie bei Episodenfilmen dieser Art üblich, kreuzen sich die Wege der drei Hauptdarsteller gegen Ende scheinbar schicksalhaft ...

Clint Eastwoods neuer Film - das Projekt wurde ihm vermittelt von Steven Spielberg, der auch als Co-Produzent beteiligt ist - orientiert sich deutlich erkennbar an Vorbildern wie Robert Altmans "Short Cuts" oder Alejandro Gonzalez Inarritus "Babel". Leider erreicht er nicht deren Klasse. Zwar erzählt Eastwood die Geschichten der drei Protagonisten behutsam und einfühlsam und schafft es auch mehr oder weniger gut, die Frage offen und der Entscheidung der Zuschauer zu überlassen, ob es tatsächlich ein "Leben nach dem Tod" oder etwas in der Art gibt oder nicht.
Auch gibt es einige wirklich starke und beklemmende Szenen, allen voran den Tsunami gleich zu Beginn des Films (durch den sich "Hereafter" auch seine einzige OSCAR-Nominierung erarbeitet hat: für die Spezialeffekte), aber auch ruhige, scheinbar unspektaluäre Szenen wie das Kennenlernen von George und Melanie (Bryce Dallas Howard mit der IMHO stärksten schauspielerischen Leistung des Films) in einem Kochkurs.
Doch insgesamt hat mich "Hereafter" erstaunlich kalt gelassen, habe ich mich zwischendurch sogar ein klein wenig gelangweilt. Die Handlung erreicht für mein Empfinden einfach nicht die Tiefe, die nötig wäre, um das Publikum wirklich zu fesseln. Auch die Dialoge sind zu selten intelligent und einprägsam genug, um über gehobenes Mittelmaß hinauszukommen. Zudem ist das Ende erstaunlich kitschig geraten, auch wenn das dem ansonsten recht nüchtern daherkommenden Film wenigstens doch noch eine eigene Note gibt.

Fazit: "Hereafter" ist ein Film, der durchaus gefällt und in seinen besten Momenten sogar bewegt - insgesamt aber zu unentschlossen, auch zu oberflächlich bleibt, um zumindest mich begeistern zu können. Da mögen manche darüber schimpfen, daß Inarritus "Babel" zu konstruiert oder zu übertrieben sei - meiner Meinung nach ist er doppelt so gut wie "Hereafter". Für den gibt es von mir knapp 6,5 Punkte.