Ich finde es vollkommen richtig, daß man zumindest gelegentlich keine andere Belohnung für wahrhaft heldenhaftes Verhalten bekommt als die innere Befriedigung, ein guter Rollenspieler zu sein!
Wo wäre denn die Herausforderung, wenn man ständig durch Belohnungen zum "guten" Spielen gelockt würde (sofern man überhaupt "gut" spielen will, versteht sich)? Daß es gelegentlich eine Belohnung gibt, sich die gute Tat idealerweise manchmal sogar erst mittel- bis langfristig auswirkt - das soll schon sein, gewiß. Aber generelle Belohnungen? Nein, brauche ich nicht.
OK - soweit es virtuelle materielle Belohnungen betrifft - Dukaten, den ein oder anderen Gegenstand, ein hübscher Dolch - kann ich Dir zustimmen. Aber Erfahrungspunkte sind ja nun eigentlich eine völlig abstrakte Art der "Belohnung". Warum soll der noble Ritter, der die holde Jungfrau aus den Klauen des bösen Drachen befreit und für den allein die edle Tat von Bedeutung ist, aus der gesamten Aktion weniger Erfahrung schöpfen als der Söldner, der sich die Rettung mit klingender Münze vergelten lässt? Insofern ist der Begriff "Belohnung", was die Erfahrungspunkte betrifft, von mir falsch gewählt gewesen. Deswegen bleibe ich dabei: Für die erfolgreiche Absolvierung einer Quest muss es auch dann Erfahrungspunkte geben, wenn man den noblen Retter spielt. Man stelle sich nur das Extrem vor: Der "gute" Charakter schägt sämtliche Belohnungen aus und marschiert auf Stufe 1 in den Endkampf - natürlich chancenlos. Und da ich XP sowieso nicht als Teil der Spielwelt sehe - ebenso wie sämtliche andere Charakterwerte betrachte ich sie ausschließlich als Richtlinie für den *Spieler* - macht eine Verweigerung aus Sicht der Spielwelt auch keinen richtigen Sinn. Der Charakter und seine Auftraggeber wissen schließlich nichts von irgendwelchen Leveln und den zugeordneten XP. Hochlevelige Charaktere sind einfach "sehr erfahren", die Stärke 50 zeigt den Charakteren nur, dass der Kerl ziemlich kräftig ist usw. Insofern kann Erfahrung ja ohnehin nicht von einem Geretteten vergeben werden - der "Held" erlangt seine Erfahung unabhängig von seiner Wahl. Und wenn der selbstlose Ritter auch mur die Erfahrung gewinnt, dass die gerettete jungfrau eine blöde, herrschsüchtige Zicke ist und die Welt ohne sie eigentlich besser dran gewesen wäre...

Richtig Sinn macht das ausschlagen von Belohnungen (abgesehen von der inneren Befriedigung des Spielers) eigentlich nur dann, wenn ein Spiel ein gewisses Rufsystem enthält. Wenn sich "die gute Tat" eines edlen Ritters ebenos herumspricht wie die Erpressung des gerissenen Schurken, und die Art, wie der Charakter in der Vergangenheit mit seinen Auftraggebern umgegangen ist, die Begegnungen mit künfigen Auftraggebern beeinflusst. Insofern sollte - schlägt der Retter jegliche materielle Belohnung aus - noch eine zusätzliche Art der "Belohnung" eingeführt werden: der Ruhm, der sich weiderum in mehrern Zweigen verästeln könnte. Denn "Ruhm" kann man als Ritter ebenso erlangen wie als Söldner, und man kann für seinen Edelmut, seine Grausamkeit, seine Gnade, seine Verschlagenheit bekannt sein. Und ja nachdem, in welcher Ebene man bestimmte Anforderungen erfüllt, treten ganz andere Auftraggeber an einen heran...
Zu Alriks "Altersabhängigkeit": Ich spiele jetzt seit über 20 Jahren bevorzugt Rollenspiele, und ich kann für mich sagen, dass gute, zeitgenössische C-RPGs erst jetzt allmählich Dinge berücksichtigen, die ich mir schon damals sehnsüchtig gewünscht habe. Eine Aufgabe, die klar in "gut" und "böse" differenziert, mag etwas für märchenhafte Spiele sein (und ja, hat ohne Zweifel einen erheblichen Reiz), wirkt in meinen Augen aber weniger "erwachsen" als Herausforderungen der Marke "das kleiner Übel", in denen ich als Spieler moralisch gefordert werde. Und ich persönlich finde es großartig, wenn sich nach erfolgreichen Questen im nachhinein zeigt, dass die gerettete Jungfrau mitnichten ein liebliches, zartes und bescheidenes Geschöpf war, sondern ihr Dorf mit ihrer herrischen Art tyrannisierte, die Jünglinge gegeneinander aufhetzte, einen ausgeürägten hang zur Grausamkeit hat und obendrei auch noch herzlos (wer hätte das jetzt gedacht?) ist und sogar nicht davor zurückscheut, Kinder in der Kälte auszusetzen. Hätte man doch dem Drachen lieber sein Appetithäppchen gelassen! Aber diese Diskussion hatten wir ja schon öfter, und das ist wohl einzig und allein eine Frage das Geschmackes. Ich jedenfalls bin mit den Richtungen, die Spiele wie "The Witcher" und DA einschlagen, ganz zufrieden - auch, wenn sie mMn noch jede Menge besser machen können. Ich könnte für mich auch zusammenfassen: Ich suche die Herausforderung in einem C-RPG eher in einer komplexen, dynamischen und vor allem kausalen Welt, in der es ein richtig und ein falsch nicht wirklich gibt sondern jede Seite nachvollziehbare Gründe für ihr Tun hat. The Witcher spielt hierbei mMn ganz vorne mit, und in DA gibt es schon eine Menge guter Ansätze, z.B. in Form des Antagonisten Loghain (er erinnert mich ein wenig an den Großmeister in TW). Im DA-Addon Awakening
bekommt dann ja sogar die Dunkle Brut mit dem Architekten einen komplexeren Hintergrund
Das das eine Frage das Alters sein soll, bezweifel ich ernsthaft. Nun, ein klares Schwarz-Weiß-Schema in einer bunten, weniger komplexen Welt mag sicher auch von weniger reifen Zeitgenossen - Jugendlichen z.B. - ohne Mühe zu bewältigen bzw. zu erfassen sein, während "schmutzige" Spiele wie z.B. TW mMn schon eine gewisse Reife fordern, um die komplexen Zusammenhänge zu erfassen und die Konsequenzen abzuschätzten. Insofern gibt es einen kleinen Bezug zum Alter.
Ansonsten halte ich es - wie gesagt - in erster Linie eher für eine Frage des Geschmacks und der eigenen Vorlieben