Originally Posted by buad
MMn rechtfertigt eine abgeschriebene Doktorarbeit nicht zwangsweise einen R�cktritt. Klar, die wei�e Weste ist beschmutzt - willkommen in der Politik! Anders s�he es aus, wenn die Doktorarbeit Grundlage f�r die Einstellung als Minister w�re, denn Herrn Guttenberg konnte nun doch nicht die Bef�higung zu eigenst�ndiger wissenschaftlicher Arbeit zweifelsfrei nachweisen. Aber dann w�re immer noch zu kl�ren, ob die in der Arbeit getroffenen Schlussfolgerungen - die letztlich der Kern einer jeden Promotion sind - ebenfalls nur Plagiate sind, oder ob sie ihr Verfasser tats�chlich aus eigener Leistung aus den zuvor zitierten und kopierten Quellen abgeleitet hat. Denn bei aller Emp�rung �ber Plagiate: man darf das Wesentliche einer Promotionsarbeit nicht vergessen! Die Einleitung ist gewiss nicht der Kern einer solchen Arbeit, sie abzuschreiben ist einfach nur peinlich, jedoch nicht zwangsl�ufig ein Ausdruck der Unf�higkeit. Ob die gesamte Arbeit durch die zahlreichen Plagiate zu einem nicht ernstzunehmenden Machwerk wird, oder ob die Plagiate nichts zur wesentlichen Aussage der Arbeit beitragen und diese durch weglassen oder Umformulieren derselben noch immer im Kern die gleiche bleiben w�rde -*das* ist mMn das wesentliche bei einer solchen Diskussion! Und dar�ber k�nnen genaugenommen nur unvoreingenommene Experten entscheiden (die es vermutlich nicht gibt).


Die Frage, ob Guttenbergs Arbeit eine eigene Aussage enth�lt oder nicht, ist meiner Meinung nach v�llig zweitrangig, denn die umfangreichen Plagiate machen jeden m�glichen wissenschaftlichen Wert zunichte. In der Wikipedia gibt es einen interessanten Artikel Betrug und F�lschung in der Wissenschaft, in dem es unter "Plagiate in einer Dissertation" hei�t:

Als �T�uschung �ber die Eigenst�ndigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung� bewertete der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-W�rttemberg mit Beschluss vom 13. Oktober 2008 (Aktenzeichen: 9 S 494/08)[8] �die nicht gekennzeichnete �bernahme kompletter Passagen aus dem Werk eines anderen Autors in einer Dissertation�, sofern sie �planm��ig und nicht nur vereinzelt� erfolge. Eine solche planm��ige �bernahme fremden Gedankenguts ergebe sich bereits daraus, �dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen.� Kleine �nderungen an nicht-gekennzeichneten �bernommenen Passagen bewertete das Gericht nicht als Beleg f�r versuchte Eigenst�ndigkeit des Formulierens, sondern � im Gegenteil � als Beleg f�r �die gezielte Verschleierungsabsicht des Kl�gers.� Dies k�nne die Hochschule �zur Entziehung des verliehenen Doktorgrades berechtigen.� Ausdr�cklich hob der VGH in einem Leitsatz hervor: �Auf den Umfang der abgeschriebenen Stellen sowie auf die Frage, ob die Arbeit auch ohne das Plagiat noch als selbst�ndige wissenschaftliche Arbeit h�tte angesehen werden k�nnen, kommt es grunds�tzlich nicht an.�

An der Aberkennung des Doktortitels f�hrt meiner Meinung nach kein Weg vorbei. Gesch�he das nicht, w�rde sich die Uni Bayreuth hochgradig l�cherlich machen. Deswegen muss Guttenberg nicht zwangsl�ufig als Minister zur�cktreten, aber als Bildungsminister etwa w�re er ja wohl nicht tragbar, nachdem er bei seiner eigenen Dissertation derart abgeschrieben hat. In den Verantwortungsbereich des Verteidigungsministers fallen allerdings die beiden Universit�ten der Bundeswehr, und auch den dort Studierenden und Lehrenden sollte man meiner Meinung nach niemanden im Ministeramt zumuten, dem der Doktortitel wegen Betrugs aberkannt wird (wenn es so kommt).

Vielleicht sollte Guttenberg einfach wieder Wirtschaftsminister werden - in der Wirtschaft wird schlie�lich genauso viel gelogen und betrogen wie in der Politik, wenn nicht noch mehr wink

Und nochmal zur eigenen Aussage, die Guttenbergs Dissertation haben mag oder nicht: Das kann die �berwiegende Mehrheit wahrscheinlich (noch) nicht beurteilen, aber ich finde die folgende Passage dieses Artikels aufschlussreich:

Dass hier, im Wissenschaftlichen, etwas im Argen liegt, darauf verwies schon die Erkl�rung Guttenbergs, seine Arbeit umfasse "�ber 1300 Fu�noten und 475 Seiten". Das mag so sein, und es gibt historische oder philologische Arbeiten, die, vor allem wenn sie quellenkritisch vorgehen, einen solchen Aufwand im Umgang mit Belegstellen und Referenzen notwendig erscheinen lassen. Denn in den Fu�noten wird, aus Gr�nden, die keineswegs in den Fu�noten selbst liegen, dokumentiert, dass der Kandidat den Stand der Forschung kennt und sich in ihm zu bewegen wei�. Ein Wissenschaftler, der etwas zu sagen hat, h�lt daher die Zahl der Fu�noten so knapp wie gerade eben n�tig.

Anders ist es, wenn schon die Zahl der Fu�noten selbst als wissenschaftliche Errungenschaft gelten soll: Denn darin offenbart sich nicht nur eine Beflissenheit gegen�ber dem Forschungsstand (oder dem Stand des akademischen und publizistischen Geredes), die einem selbst�ndigen wissenschaftlichen Urteil nur schlecht ansteht, sondern auch eine betr�chtliche Ignoranz gegen�ber dem Zweck von Fu�noten. Anders gesagt: Im universit�ren Betrieb irgendwie mitmachen zu d�rfen, aus ganz und gar nicht wissenschaftlichen Gr�nden - das ist der Sinn der zu einem eigenen, selbstbewusst auftretenden Ausdruck von Wissenschaftlichkeit verkommenen Protzerei mit den Quisquilien der akademischen Arbeit.