Und was bin ich dann? Blind oder blöd? Du mußt dich schon entscheiden ... badsmile

Ernsthaft: Daß Westerwelle als Parteivorsitzender zurücktritt und sich auf sein Außenministeramt konzentriert, ist sicher nicht die schlechteste Idee. Ich bin zwar immer noch der Meinung, daß es von Anfang an ein Fehler von ihm war, dieses Amt zu übernehmen anstelle z.B. des Wirtschafts- oder Finanzministerium, aber nun gut - seine Entscheidung.
Rösler als neuer Parteivorsitzender? Mal abwarten. Bei der Gesundheitsreform hat er sich ja leider von der CSU komplett unterbuttern lassen und dabei auch viel an Sympathien und Glaubwürdigkeit verloren. Insofern wäre es für ihn sicher sinnvoll, ein dankbareres Amt zu übernehmen (und so ziemlich jedes Ministerium ist in der Öffentlichkeitswirksamkeit dankbar als das Gesundheitsministerium ...) - wozu es aber nach derzeitigem Stand ja sowieso nicht zu kommen scheint.
Weshalb ich da übrigens auch keinerlei "Farce" erkennen kann. Wo ist es denn bitteschön eine "Farce", wenn eine Partei nach drei katastrophalen Wahlergebnissen hintereinander, die man sich in der Tat größtenteils selbst eingebrockt hat, behutsame personelle Konsequenzen daraus zieht?
Da ist die Fahnenflucht von CDU- und CSU-Politikern in den letzten zwei Jahren (Koch, Oettinger, Müller) doch wohl wesentlich peinlicher - wenngleich ich zumindest bei zwei der drei genannten durchaus froh bin, daß sie weg sind. Und wäre es nicht überhaupt viel eher eine Farce, würde die FDP einfach stur so weitermachen wie bisher?

Daß Brüderle Wirtschaftsminister bleibt, ist auch in Ordnung. Seine Außenwirkung ist zwar ähnlich katastrophal wie die von Westerwelle, aber dafür hat er fachlich wirklich was drauf. Das mögen diejenigen, die blind gegen die FDP wüten, nicht einsehen, aber es ist so (wie nicht nur die Wirtschafts-Statistiken belegen). Und Leutheusser-Schnarrenberger macht als Justizministerin sowieso einen guten Job (vor allem mit ihrem ebenso erbitterten wie bitter benötigten Widerstand gegen die fortgesetzten Unionsversuche, einen besseren Polizeistaat aufzubauen!).

Unterm Strich sehe ich die FDP nach dieser Neuaufstellung jedenfalls zumindest als etwas hoffnungsvoller an als vorher. Der 180°-Schwenk in der Atomfrage wird die Glaubwürdigkeit der Partei natürlich kurz- bis mittelfristig stark beschädigen - allerdings ist das relativ egal, da die Partei bei der nächsten Bundestagswahl sowieso keine Chance haben wird, deutlich über 5% zu kommen. Wenn sie die Zeit nutzt, sich wieder auf ihre Stärken zu besinnen und den totalen Wirtschaftslobbyismus aufzugeben, dann kann die FDP in ein paar Jahren auch wieder zu einer ernstzunehmenden Kraft werden. Und bis zur nächsten Bundestagswahl bin ich froh, daß die FDP die Union zumindest vom allergrößten Mist abhalten wird (und umgekehrt natürlich genauso). Ob sie positiv an der Regierung mitwirken wird, weiß ich nicht. Die Möglichkeit ist aber zumindest vorhanden. Vor allem, wenn man aus den gemachten Fehlern tatsächlich lernt ...