PIRATES OF THE CARIBBEAN - FREMDE GEZEITEN 3D:

Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) kommt nach London, wo jemand sich für ihn ausgibt und Männer für ein Seeabenteuer anheuert. Er staunt nicht schlecht, als er entdeckt, daß der Nachahmer eine Nachahmerin ist, die noch dazu eine Person aus seiner Vergangenheit ist: die rassige Piratin Angelica (Penélope Cruz). Sie ist auf der Suche nach der sagenumwobenen Quelle der ewigen Jugend - doch da ist sie nicht die einzige. Auch der berüchtigte Piratenkapitän Blackbeard (Ian McShane, "Deadwood") will die Quelle finden, ebenso die Spanier und ein weiterer alter Bekannter: Captain Barbossa (Sir Geoffrey Rush), der es allerdings primär auf seinen Konkurrenten Blackbeard abgesehen hat. Eher unfreiwillig wird nun auch Captain Jack in die Angelegenheit hineingezogen und so geht es wieder einmal auf große Fahrt in unbekannte Gewässer ...

Nachdem im Jahr 2007 mit "Am Ende der Welt" die global unglaublich erfolgreiche "Fluch der Karibik"-Trilogie ihr spektakuläres (wenn auch qualitativ nicht unumstrittenes) Ende gefunden hat, bedeutet "Fremde Gezeiten" nun einen weitgehenden Neuanfang. Natürlich steht weiter Captain Jack im Mittelpunkt des Geschehens und mit Captain Barbossa und Jacks erstem Offizier Gibbs (Kevin R. McNally) sind noch zwei weitere alte Bekannte mit an Bord (plus ein Cameo einer Nebenfigur der Trilogie). Auch stammt der Soundtrack wieder von Hans Zimmer und die Drehbuch-Autoren sind ebenfalls unverändert geblieben. Dafür wurde Erfolgs-Regisseur Gore Verbinski durch Rob Marshall ("Chicago", "Die Geisha") abgelöst und der Großteil des gewaltigen Darsteller-Ensembles der ersten drei Teile ist ebenfalls Geschichte.

Wirkt sich dieser Neuanfang nun positiv aus? Leider nicht wirklich. Zwar macht auch "Fremde Gezeiten" durchaus noch Spaß, erreicht aber IMHO nicht die Qualität der Vorgänger. Es ist erkennbar, daß man sich wieder stärker am von Kritikern und Fans am besten aufgenommenen ersten Teil orientieren wollte. An sich keine schlechte Idee, denn im zweiten und dritten Teil litt die Handlung doch beträchtlich unter dem ganzen Bombast und der immer größeren Anzahl von wichtigen Figuren. Leider läßt "Fremde Gezeiten" damit jedoch auch den Großteil der Originalität und Durchgeknalltheit der beiden Fortsetzungen vermissen und orientiert sich gleichzeitig im Handlungsverlauf zu stark am ersten "Fluch der Karibik", was hin und wieder regelrechte Déjà-vu-Anfälle nach sich zieht ...

Daß die Handlung selbst sehr McGuffin-artig ausfällt, also letztlich nur Mittel zum Zweck ist (ebenso wie die Spanier, die völlig konturlos bleiben), hilft natürlich auch nicht unbedingt. Und vor allem ist es leider nicht gelungen, die "verlorenen" Charaktere aus der Trilogie gleichwertig zu ersetzen. Zwar machen Penélope Cruz und Ian McShane ihre Sache erwartungsgemäß gut, bekommen aber viel zu wenig Gelegenheiten, wirklich zu glänzen und das Publikum für sich zu gewinnen. Kein Vergleich zu Figuren wie Will Turner, Elizabeth Swann oder Commodore Norrington (der zugegebenermaßen auch erst ab dem zweiten Teil richtig gut eingesetzt wurde)!

Wenn man dann noch bedenkt, daß aufgrund eines gesunkenen Budgets die optischen Schauwerte relativ überschaubar sind, Hans Zimmers Musik letztlich nur seine Soundtracks zu den Vorgängern leicht variiert und der 3D-Einsatz ein weiteres Mal überwiegend überflüssig, teilweise aufgrund einiger Unschärfen sogar nervig gerät, dann kann man sicher konstatieren, daß ein rundum gelungener Neuanfang der "Fluch der Karibik"-Reihe anders hätte aussehen müssen.

Warum der Film dann trotzdem Spaß macht? Nunja, Johnny Depp als Captain Jack ist und bleibt ein wahres Vergnügen (in der deutschen Synchronversion hat er jedoch einen anderen Sprecher, was viele Zuschauer dem Vernehmen nach nicht so toll finden - ich habe die Originalversion gesehen und kann das deshalb nicht beurteilen), Piratenfilme sind immer noch deutlich unterrepräsentiert (und ich LIEBE Piratenfilme! grin ), Humor und Tempo stimmen, es gibt ein witziges Cameo von
Dame Judi Dench
und einige Szenen (Stichwort: Meerjungfrauen!) kommen durchaus an die Highlights der ersten Trilogie heran.

Fazit: "Fremde Gezeiten" ist sicherlich kein optimaler Neustart des mega-erfolgreichen Franchises, aber wer die ersten drei Filme mochte, der dürfte auch vom vierten noch gut unterhalten werden. Dennoch wäre es wünschenswert, daß "Fremde Gezeiten" den qualitativen Tiefpunkt der Reihe darstellt und es fortan wieder aufwärts geht ...
Knappe 7,5 Punkte.