CALDAIA von Christian Lange:
Inmitten der Magierkriege ist das Dorf Fremmelshof verschwunden. 440 Jahre lang wu�te niemand, wie es geschehen konnte, da� einzig ein leerer Krater �brigblieb, wo einst das Dorf stand. Keine Tr�mmer, keine Leichen, nichts. Nun, in der aventurischen Gegenwart, taucht es pl�tzlich wieder auf. Mitsamt seinen Bewohnern. Denn Fremmelshof war von einem Magier beim Versuch, das Dorf vor den angreifenden Scharen eines Schwarzmagiers zu retten, zwischen die Sph�ren gerissen worden und in der Gegenwart gelandet. F�r die Bewohner und Verteidiger von Fremmelshof liegen die Magierkriege somit keine 440 Jahre in der Vergangenheit, sondern soeben erst geschehen. Escalia von Hahnentritt, gerade 18-j�hrige Baroness von Fremmelsfelde und w�hrend des Ungl�cks ebenfalls in die K�mpfe in Fremmelshof verwickelt, mu� also nicht nur verdauen, da� f�r sie der Tod ihres Vaters erst wenige Stunden zur�ckliegt, sondern auch, da� sie nun in einer neuen Welt gelandet ist, in der alle, die sie kannte, lange tot sind und die sich ganz allgemein gewaltig ver�ndert hat. Eine Welt zudem, deren Adlige keineswegs bereit sind, ihre 440 Jahre alten Anspr�che auf die (in dieser Form gar nicht mehr existenten) Baronie anzuerkennen ...
Als schon lange nicht mehr aktiver DSA-Spieler freue ich mich immer besonders, wenn ein Roman erscheint, der nicht eine in sich komplett abgeschlossene Geschichte erz�hlt, sondern aktiv das Geschehen aus dem "lebendigen Aventurien", also aus den Abenteuerb�nden, aufgreift. Das ist in "Caldaia" der Fall und da ich mich zudem noch gut an den entsprechenden Artikel im "Aventurischen Boten" �ber die "R�ckkehr" von Fremmelshof erinnern kann, war ich diesmal besonders gespannt auf das Buch. Leider wurde die Vorfreude ziemlich entt�uscht.
Das Hauptproblem ist meiner Meinung nach die Unschl�ssigkeit der Handlung. Ausgehend von einer hochinteressanten Pr�misse ist es dem Autor h�chstens ansatzweise gelungen, das Potential der Geschehnisse auszusch�pfen. Das beginnt damit, da� sich "Caldaia" leider auf die Figur der Escalia von Hahnentritt konzentriert und die �brigen Fremmelshofer fast komplett ignoriert. Das *kann* man nat�rlich so machen - allerdings sollte dann die Geschichte von Escalia auch entsprechend fesselnd sein. Das ist sie aber nicht. Zwar liest sich am Anfang alles noch recht vielversprechend, als die unerfahrene Escalia in den Intrigenstadel der mittelreichischen Adels ger�t und zum mehr oder weniger willenlosen Spielball der konkurrierenden Potentaten wird. Doch abgesehen davon, da� bereits an dieser Stelle Escalias Passivit�t und auch nicht durch die besonderen Umst�nde entschuldbare gigantische Naivit�t zunehmend nervt, geschieht schon recht bald etwas, was sich durch das gesamte Buch zieht: Immer, wenn ein Handlungsstrang gerade interessant zu werden verspricht, wird er abrupt abgebrochen und durch den n�chsten ersetzt. So m�andert die Geschichte lange Zeit ziellos umher, Escalia wird vom Autor dabei zu offensichtlich wie eine Marionette in die gew�nschte Richtung gelenkt, ohne da� viele ihrer Entscheidungen glaubhaft und nachvollziehbar w�ren. Es m�ndet in ein zwar vergleichsweise spektakul�res Finale, das aber so stark konstruiert (und dabei, bis auf ein Detail, auch noch vorhersehbar) ist, da� ich es wirklich nicht mehr ernstnehmen konnte.
Auch wenn Escalia nervt: Im Gegensatz zu fast allen anderen Figuren des Romans hat sie wenigstens etwas Tiefgang und Dreidimensionalit�t. Die meisten der �brigen handelnden Personen wirken dagegen arg klischeehaft und oberfl�chlich, die Motivation ihrer Handlungen ist nur selten komplett nachvollziehbar - zumal ihnen sowieso nur wenig Platz einger�umt wird in einem der k�rzesten DSA-Romane bislang. Lediglich der S�ldner Amarelo, der in einem parallelen Handlungsstrang auf der Jagd nach einem aus der Haft entflohenen Schwarzmagier ist, kann noch einigerma�en �berzeugen und kommt insgesamt auch am sympathischsten r�ber.
Der Schreibstil des Autors ist zwar nicht schlecht - aber doch ziemlich schlicht. Die Dialoge wirken gelegentlich nicht gerade lebensecht, zudem gibt es zu viele Wort-Wiederholungen. Ich wei� selbst aus leidvoller Erfahrung, wie schwierig es ist, solche Wiederholungen konsequent zu vermeiden - aber in "Caldaia" sind es einfach zu viele und in den meisten F�llen h�tten diese zudem relativ einfach umgangen werden k�nnen.
Zugutehalten mu� ich "Caldaia", da� ich mich allen Schw�chen zum Trotz erst auf den letzten 70 oder 80 Seiten etwas gelangweilt habe (als dem Leser eine "�berraschende Wendung" schon lange klar ist, gleich zwei Hauptfiguren aber trotz deutlicher Hinweise *ewig* brauchen, bis sie selbst darauf kommen ...). Escalias Gew�hnung an die "neue Welt" ist recht gelungen umgesetzt, auch die Adelsintrigen sind ganz unterhaltsam, reichen aber nat�rlich nicht an die Raffinesse der Al'Anfa-Romane von Alex Wichert (teilweise plus Co-Autoren) heran.
Fazit: "Caldaia" ist ein ausreichender DSA-Roman, ergo Schulnote 4.
Mir f�llt es ja immer schwer, ein Buch zu verrei�en (zumal wenn es sich wie hier um ein Romandeb�t handelt), wenn zumindest eine kleine Chance besteht, da� der Autor die Rezension auch liest (was, wie wir in diesem Forum erleben durften, keinesfalls ausgeschlossen ist). Abgesehen davon, da� es sich hierbei ja keineswegs um einen Verri� handelt, sondern nur um eine "normale" eher negative Kritik, wird mein schlechtes Gewissen durch eine kleine Internet-Suche gemildert. Denn bei Nandurion gibt es eine positive Kritik, bei Wiki Aventurica zwei mittlere (3/5) und bei amazon.de zwei positive (jeweils 4/5) und eine negative (2/5), die �brigens ziemlich genau meine Empfindungen wiedergibt. Der Durchschnitt all dieser Bewertungen ist also gar nicht schlecht, da wird der Autor Christian Lange im Zweifelsfall wohl auch mit meiner etwas negativeren leben k�nnen.
