INSIDIOUS:

Die junge Familie Lambert zieht in ein neues Haus. So weit, so unspektakulär, doch dann fällt Sohn Dalton nach einem harmlosen Leitersturz ins Koma, obwohl die Ärzte keinerlei medizinische Ursache dafür finden können. Da sie nichts tun können, wird Dalton nach ein paar Monaten den Lamberts zur häuslichen Pflege übergeben. Und dann beginnen die WIRKLICH seltsamen Ereignisse, denn im Haus scheint es zu spuken! Während Mutter Renai (Rose Byrne, "Damages", "28 Weeks Later", zur Zeit auch mit dem US-Überraschungshit "Brautalarm" in den Kinos), die den ganzen Tag zu Hause ist und auf Dalton aufpaßt, schnell an übernatürliche Vorgänge glaubt, zeigt sich Vater John (Patrick Wilson, "Little Children", "Watchmen"), ein Lehrer, sehr skeptisch. Seiner Frau zuliebe zieht die Familie dennoch erneut um - doch die mysteriösen Ereignisse verfolgen sie ...

"Insidious" von den "Saw"-Schöpfern James Wan und Leigh Whannell (der auch in einer Nebenrolle zu sehen ist) ist ein Geisterbahnfilm im besten Sinne: Man weiß eigentlich - zumindest als Horrorfilm-Routinier - meistens genau, was als nächstes passieren wird, welcher Schockmoment einen erwartet. Und doch kann man sich der Faszination des Ganzen einfach nicht entziehen, weil die Athmosphäre, die der Film schafft, so wunderbar dicht und überzeugend ist.
Bevor übrigens jemand angesichts der "Saw"-Erwähnung direkt aus der Rezension aussteigen will, sollte ich besser gleich erwähnen: Es gibt in "Insidious" kaum Gewalt, der Film ist eineutig kein Horror-, sondern ein altmodischer Gruselfilm á la "The Fog" oder "Das Waisenhaus".

Und obwohl also die Geschichte im Großen und Ganzen durchaus vorhersehbar ist, gelingt ihr dennoch das Kunststück, einigermaßen originell zu bleiben - was vor allem am letzten Filmdrittel liegt, das eine durchaus unerwartete und ziemlich phantastische Wendung einschlägt. Diese Wendung gefällt nicht jedem und auch ich muß sagen, daß das Potential dieser Wendung leider bei weitem nicht komplett ausgeschöpft wird - dennoch finde ich das letzte Filmdrittel für sich genommen gelungen und im Zusammenspiel mit dem Rest des Films sogar richtig gut.

Aber es bleibt dabei, die Geschichte ist letztlich nicht der Grund, warum "Insidious" als Gruselfilm so gut funktioniert. Auch die Schauspieler bzw. ihre Charaktere (deren Verhalten nicht immer ganz nachvollziehbar wirkt) sind nicht entscheidend, obwohl Wilson und Byrne ihre Sache als Durchschnittsehepaar ebenso gut machen wie die Nebendarsteller um Barbara Hershey (zuletzt in "Black Swan" als Natalie Portmans strenge Mutter zu sehen).

Nein, "Insidious" funktioniert, weil Wan, Whannell und ihr gesamtes Team die bereits gelobte extrem dichte Athmosphäre geschaffen haben. In einer gerechten Welt würde "Insidious" wohl sogar ein paar OSCAR-Nominierungen in Kategorien wie Ton, Tonschnitt oder Makeup bekommen, aber als Horrorfilm hat er darauf wohl keine reelle Chance. Was aber nichts daran ändert, daß der Film in diesem Bereich Großartiges schafft. Auch die teilweise wirklich furchterregende, oft atonale Musik von Joseph Bishara trägt ihren Teil dazu bei, wenngleich sie manchmal definitiv etwas zu laut eingesetzt wird (was eigentlich gar nicht nötig wäre).

Fazit: James Wan und Leigh Whannell zeigen erneut (und diesmal übrigens sogar noch mit der Unterstützung von "Paranormal Activity"-Regisseur Oren Peli als Co-Produzent), daß sie derzeit wohl die besten, weil kreativsten und engagiertesten Horrorschöpfer im weitesten Sinne sind. Selbst ihre schwächeren Werke (wie "Dead Silence") lassen immer noch großes Potential erkennen und verfügen zumindest über einige großartig funktionierende Szenen. Daran, durchgehend überzeugende Filme zu drehen, müssen sie definitiv noch arbeiten und einige handwerkliche Schwächen gerade in den Drehbüchern ausmerzen - aber "Insidious" ist definitiv wieder ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Genrefans werden sicherlich noch lange Freude an den beiden haben - und auch eher am Mainstream orientierte Kinofreunde dürfen auf die eine oder andere positive Überraschung hoffen, wie "Insidious" mit seinem unerwartet großen US-Erfolg (über $50 Mio. Einnahmen bei einem Budget von gerade einmal $1,5 Mio.!) belegt.
8 Punkte.