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THE TREE OF LIFE:

Wenn ein neuer Film von Kinopoet Terrence Malick ("The New World", "Der schmale Grat", "Days of Heaven") ins Kino kommt, kann man sich die obligatorische kurze Inhaltsbeschreibung in Rezensionen eigentlich sparen. Schon deshalb, weil Malick-Filme sich nicht durch eine Handlung im klassischen Sinne auszeichnen, sondern eher eine Aneinanderreihung von symbolträchtigen Assoziationen sind. Malicks Filme erzählen keine Handlung, sie transportieren Stimmungen, Gefühle, sie geben Denk- und Philosophieranstöße.

So auch - und wohl sogar noch mehr als seine vorherigen Werke - "The Tree of Life", Gewinner der Goldenen Palme für den Besten Film bei den Filmfestspielen von Cannes 2011. Formal betrachtet handelt es sich um eine im Rückblick erzählte Coming-of-Age-Geschichte des kleinen Jack (als Kind: Hunter McCracken, als Erwachsener: Sean Penn), der mit seinen Eltern und Geschwistern in den 1950er Jahren in einer typischen amerikanischen Kleinstadt aufwächst. "The Tree of Life" ist auch eine bewegende Verbildlichung der Trauer, denn wie man bereits zu Beginn erfährt, stirbt Jacks Bruder, was sein ganzes Leben beeinflussen wird. Außerdem ist "The Tree of Life" aber tatsächlich fast eine philosophische Abhandlung über so gewaltige Themen wie Liebe, Familie, Glaube und Evolution. Und diese metaphysische Ebene ist in meinen Augen die größte Stärke des Films.

Einerseits trifft dies intellektuell zu, denn gerade jetzt, in der Jahreszeit, in der die Kinos mit mehr oder weniger sinnfreien "Gehirn bitte an der Kasse abgeben"-Sommer-Blockbustern überflutet werden, ist es eine wahre Freude, die Herkulesaufgabe anzugehen, Malicks verworrene Gedankengänge nachverfolgen zu wollen und Metaphern, Anspielungen und Untertöne in diesem 140-Minuten-Werk zu identifizieren. Das alles natürlich ohne Garantie, denn Malick - der seit Jahrzehnten nicht in der Öffentlichkeit auftritt, keine Interviews gibt und auch keine Auszeichnungen persönlich in Empfang nimmt - erklärt seine Filme nicht (leider? oder würden sie sonst einen Großteil ihrer Faszination verlieren?), natürlich nimmt er auch keine Audiokommentare für die DVD-Verwertung auf.
Ist es also beispielsweise nur Einbildung, wenn ich vor allem zu Beginn aufgrund weniger Sätze und eigentlich nur einer bestimmten Szene einen kirchenkritischen Unterton ausmache, während etliche Kritiker sich im Gegensatz über einen zu predigenden Tonfall des Films beschweren? Oder bin ich einfach viel intelligenter als die ganzen Kritiker? grin Oder - und das halte ich dann doch für *etwas* wahrscheinlicher - sind entweder beide Sichtweisen gleichzeitig richtig (schließlich sind "Kirche" und "Glaube" bekanntlich alles andere als zwangsläufig synonym) oder hängt die Interpretation tatsächlich von Leben, Erfahrungen und Weltanschauung jedes einzelnen Zuschauers ab und sind somit alle diese Interpretationen irgendwie richtig? Wer weiß ...

Noch besser als diese intellektuelle Ebene ist jedoch die visuelle und akustische Umsetzung gelungen. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um einen Spoiler, aber da es sowieso in der medialen Berichterstattung ausführlich thematisiert wird und auch der Trailer bereits Hinweise darauf gibt, werde ich das nicht extra in Spoiler-Tags setzen: Der Großteil der ersten etwa 40 Minuten hat konkret nichts mit dem Rest des Films zu tun. Vielmehr setzt Terrence Malick hier die Entstehung unseres Universums sowie die Entwicklung des Lebens auf der Erde filmisch um - und das tut er auf eine Art und Weise, die buchstäblich zum Weinen schön ist! Jeder Versuch, das in Worten näher zu beschreiben, kann einfach nur zum Scheitern verurteilt sein, deshalb werde ich es auch gar nicht weiter versuchen. Es muß reichen, daß diese ersten 40 Minuten von "The Tree of Life" mit das Wunderbarste sind, das ich je im Kino sehen durfte! exclamation Es gibt Zuschauer, denen ist die musikalische Untermalung etwas zu schwülstig, aber ich finde, daß sie perfekt zu den großartigen Bildern paßt. Am ehesten lassen sich diese 40 Minuten wohl mit der berühmten Anfangssequenz von Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" vergleichen, aber was Malick geschaffen hat, ist ganz eigen und wohl unübertrefflich.

Nachdem ich nun (eigentlich nicht mal ansatzweise) genug über diesen grandiosen Auftakt geschwärmt habe, bleibt mir aber leider doch nicht erspart zuzugeben, daß er gleichzeitig das größte Problem von "The Tree of Life" darstellt. Denn nach dieser epochalen Wucht der ersten 40 Minuten wirken die restlichen knapp 100 Minuten des Films im direkten Vergleich beinahe banal. Natürlich sind sie das nicht. Objektiv betrachtet geht Malick auch in diesen restlichen zwei Dritteln große, essentielle Themen an, verknüpft sie zudem elegant und subtil mit der "Schöpfungssequenz" zuvor, behält seinen phantastischen, künstlerischen Inszenierungsstil bei (großes Lob an dieser Stelle natürlich auch an den wundervollen Kameramann Emmanuel Lubezki, der mit Sicherheit nach "The New World" eine weitere OSCAR-Nominierung einheimsen wird), während er einen wichtigen Ausschnitt aus der Geschichte der Familie O´Brien erzählt. Denn auch diese Familie mit dem strengen Vater (Brad Pitt) und der (zuweilen über-)fürsorglichen Mutter (eine großartige Neuentdeckung: Jessica Chastain) durchlebt in ihrem eigenen kleinen Mikrokosmos eine Evolution mit umwälzenden Ereignissen.
Aber: Im Vergleich zu den überwältigenden ersten 40 Minuten wirkt es in der Tat beinahe banal. Zudem kann ich mich auch des Gefühls nicht erwehren, daß Malick speziell im letzten Drittel etwas den Fokus verloren hat. Das - oder meine Konzentration hat zu sehr nachgelassen, jedenfalls bietet "The Tree of Life" meiner Meinung nach immer weniger faszinierende Denkanstöße, je länger er andauert. Zudem gerät die Entwicklung der Charaktere nach meinem Empfinden psychologisch nicht hundertprozentig nachvollziehbar, wirkt vielmehr etwas klischeehaft.

Während ich also während des ersten Drittels von "The Tree of Life" vor Begeisterung kaum zum Luftholen kam und mir im zweiten Drittel trotz der milden Enttäuschung ob des abrupten Wechsels zur Familiengeschichte der O´Briens gut und anspruchsvoll unterhalten vorkam, nahm im letzten Drittel die Ernüchterung überhand und kam sogar bisweilen Langeweile auf. Wie also einen solchen Film bewerten?
Im Zweifelsfalle einfach mathematisch: Erstes Drittel: Volle 10 Punkte, ohne jeden Zweifel! Zweites Drittel: 8 Punkte. Drittes Drittel: 5 Punkte. Im Schnitt gute 7,5 Punkte. Aber mit dieser bloßen Zahl kann man diesem Ereignis von einem Film natürlich niemals gerecht werden. Egal, wie gravierend seine Schwächen auch sein mögen - "The Tree of Life" ist absolut sehenswert.

Ganz ehrlich: Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir den kompletten Film jemals noch einmal anschauen werde. Die ersten 40 Minuten hingegen werde ich unter Garantie noch oft bewundern.

Gestern kam übrigens die Meldung, daß Malick nach Angaben von Kameramann Lubezki derzeit an einer Sechs-Stunden-Fassung von "The Tree of Life" arbeite, die vor allem noch viel mehr Material über Jacks Kindheit enthalte. Eine solche Langfassung hatte ich seinerzeit ja schon von "The New World" erwartet (bis heute umsonst) und wäre auch daran interessiert gewesen. Aber noch mal vier Stunden mehr über die Familie O´Brien, wo mir dieser Teil doch schon in der 140-Minuten-Kinofassung zu lang war? Ne, das muß nicht wirklich sein ...

Ralf #445923 24/06/11 02:41 PM
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BAD TEACHER:

Elizabeth Halsey (Cameron Diaz) ist Lehrerin. Allerdings hat sie überhaupt kein Interesse am Unterrichten, da sie nach einem Jahr im Beruf endlich ihren steinreichen Verlobten heiraten soll. Doch dann platzt die Hochzeit und Elizabeth muß auch im nächsten Schuljahr zum Unterrichten antreten. Ihr einziges Ziel: Die Schulzeit irgendwie rumbringen, während sie auf der Jagd nach dem nächsten reichen Mann ist. Da trifft es sich natürlich hervorragend, als der Millionenerbe Scott (Justin Timberlake) als Vertretungslehrer in der gleichen Schule beginnt. Dummerweise hat es auch Elizabeths Erzrivalin, die Super-Lehrerin Amy Squirrel (extrem unsympathisch und damit super gespielt: Lucy Punch aus Woody Allens "Ich sehe den Mann deiner Träume"), auf Scott abgesehen ...

Die Story von "Bad Teacher" ist wenig originell, die Umsetzung solala (auch wenn die zweite Hälfte recht temporeich ist). Mehr muß man dazu eigentlich nicht sagen. Was den Film dennoch sehenswert macht, ist eindeutig Cameron Diaz, die hier eine Glanzleistung in bester "Verrückt nach Mary"-Tradition abliefert. Alleine ihretwegen wäre eine Fortsetzung absolut zu wünschen. Gut ist auch Comedian Jason Segel als Sportlehrer Russell. Letztlich nur eine Variation von Segels Erfolgsrolle als Marshall in der Sitcom "How I met your Mother", aber trotzdem witzig.

Fazit: Eine leichte Sommerkomödie, die von der ungezügelten Energie ihrer Hauptdarstellerin lebt. 7 Punkte.

P.S.: Vorher gab es passenderweise vier Trailer zu (im weitesten Sinne) Beziehungskomödien der kommenden Monate. Überragend war keiner, aber "Crazy Stupid Love" mit Steve Carell, Julianne Moore, Ryan Gosling und Emma Stone sowie "Freunde mit gewissen Vorzügen" mit Mila Kunis, Justin Timberlake und Emma Stone waren zumindest sehr charmant (und haben Emma Stone! grin ). Den Trailer zum US-Überraschungserfolg "Brautalarm" (eine Art weiblicher Version von "Hangover") fand ich eher mittelmäßig und der erstaunlich flache Trailer zur Körpertausch-Komödie "Wie ausgewechselt" mit Ryan Reynolds und Olivia Wilde hat seinen Zweck nur dann erfüllt, falls der darin bestehen sollte, mich vom Kinobesuch abzuhalten ...

Ralf #447204 15/07/11 10:57 AM
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HARRY POTTER UND DIE HEILIGTÜMER DES TODES - TEIL 2 (3D):

Das letzte Gefecht zwischen Harry Potter (Daniel Radcliffe) und Voldemort (Ralph Fiennes) steht bevor, doch zunächst müssen Harry, Ron und Hermine die verbliebenen Horkruxe vernichten, um Voldemort zu schwächen. Da sich einer davon in Hogwarts befindet, sucht Harry verzweifelt danach, während Voldemorts finstere Truppen die Zauberschule mit aller Macht attackieren ...

Das ist er nun also, der insgesamt achte und allerletzte Harry Potter-Film (bis zur Neuverfilmung in 20 oder 30 Jahren wink ), das große, spektakuläre Finale, in dem alles aufgelöst wird und sich Harry Potters Schicksal entscheidet. Kann der Film die hohen Erwartungen erfüllen? Nun, die Kritiker sagen mit überwältigender Mehrheit "ja" und vergeben die mit Abstand besten Kritiken der Reihe, auch die meisten Fans zeigen sich begeistert.
Aber ich kann nicht anders, als auf hohem Niveau eine leichte Enttäuschung zu verspüren.

Natürlich, es ist ein guter bis sehr guter Film mit rasantem Tempo, dramatischen Szenen, tollen Spezialeffekten, einer sehr guten Musik von OSCAR-Gewinner Alexandre Desplat und beeindruckender Kameraarbeit. Zudem bekommen auch einige der mitunter doch vernachlässigten Nebenfiguren aus dem - sowohl in der Anzahl als auch in der Qualität - imposanten Cast noch ein paar richtig schöne Szenen (z.B. Dame Maggie Smith als Prof. McGonnagle und Matthew Lewis als Neville Longbottom), selbst mit etlichen verstorbenen Charaktere gibt es noch einmal ein kurzes Wiedersehen und als Neuzugang fügt sich Kelly Macdonald (u.a. "No Country for Old Men") in einer sehr schönen Szene wunderbar ins Gesamtbild ein.

Trotzdem: Gerade die Schlacht um Hogwarts hätte ich irgendwie ... epischer erwartet. Der Vergleich zu den "Herr der Ringe"-Filmen drängt sich bei diesem Finale ja geradezu auf und da muß ich einfach konstatieren: Im Vergleich "Schlacht um Hogwarts" vs. (z.B.) "Schlacht um Helms Klamm" hat erstere einfach keine Chance. Ja, sie sieht wunderbar aus, es gibt ein paar dramatische und auch etliche beeindruckende Szenen, aber gegen Peter Jacksons wuchtige, spektakuläre "Herr der Ringe"-Inszenierung hat David Yates´ "Harry Potter"-Version einfach keine Chance. Das Epische, das die Schlacht eigentlich aus jeder Pore atmen müßte, dieses Epische konnte zumindest ich einfach nicht spüren. Dazu kommt, daß auch der 3D-Einsatz im gesamten Film meist überflüssig ist und selbst in dieser konkreten Sequenz bei weitem nicht das bietet, was man in einer solchen Schlacht von ihm erwarten könnte.

Der eigentliche Showdown am Ende des Films konnte mich etwas mehr überzeugen, bleibt aber IMHO ebenfalls hinter seinem Potential zurück. Dazu kommt, daß nach dem insgesamt doch eher gemächlichen "Die Heiligtümer des Todes, Teil 1" diesmal das Erzähltempo für meinen Geschmack deutlich zu hoch ist. Es gibt kaum mal einen Verschnaufmoment, kaum Gelegenheiten, noch einmal in Erinnerungen an diese so lange, so erfolgreiche und so sympathische Filmreihe zu schwelgen - nicht einmal nach dem letzten Kampf. Okay, es gibt den Epilog, der inhaltlich nicht wirklich nötig ist, aber immerhin den Kreis zum Anfang der Reihe schließt, aber trotzdem - man hätte sich mehr Zeit lassen sollen (zumal der Film mit 130 Minuten sowieso der kürzeste von allen acht ist). Nicht unbedingt soviel wie bei "Die Rückkehr des Königs", aber definitiv mehr als im vorliegenden Film ...

Enttäuscht war ich zudem, daß nicht einmal im letzten Film
John Cleese als Nearly Headless Nick
noch einmal auftauchen durfte. frown

Trotzdem, das alles ist wie gesagt Kritik auf hohem Niveau. "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2" ist ein sehr würdiger Abschluß einer sehr unterhaltsamen Geschichte. Und es ist tatsächlich irgendwo das Ende einer Ära. Wo sonst (außer in der Realität wink ) hat man denn als Zuschauer schon die Gelegenheit, so vielen so sympathischen und phantastischen Figuren quasi hautnah beim Aufwachsen vom Kind zum jungen Erwachsenen zuzuschauen (in einem Fall sogar zu einer wahrhaft bezaubernden jungen Dame smile )? Für mich wird die "Harry Potter"-Reihe jedenfalls stets sehr gelungene Unterhaltung bleiben, an die ich mich wohlig zurückerinnern werde und deren einzelne Filme ich stets wieder gerne sehen werde. Aber gleichzeitig wird mich auch stets das Gefühl begleiten, daß die Reihe nie ihr ganzes Potential ausgeschöpft hat. Eben genau so wie der letzte Film. Und trotzdem bin ich traurig, daß nun Schluß ist.
8 Punkte.

Meine finale Reihenfolge der einzelnen Filme (wobei sich die durchaus noch ändern kann, zumal ich die letzten drei erst einmal gesehen habe), wohlgemerkt als Nicht-Leser der Bücher:

1. Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Teil 2)
2. Harry Potter und der Halbblutprinz (Teil 6 - unter Kennern der Bücher meines Wissens eher unbeliebt, weil offenbar mit etlichen Abweichungen bzw. Auslassungen)
3. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes (Teil 7 - ich werde beide Filme zusammen)
4. Harry Potter und der Feuerkelch (Teil 4)
5. Harry Potter und der Stein der Weisen (Teil 1)
6. Harry Potter und der Orden des Phoenix (Teil 5)
7. Harry Potter und der Gefangene von Askaban (Teil 3)

Letzterer ist der einzige Film, den ich überwiegend negativ in Erinnerung behalte.

Edit: Achja, ganz vergessen und der Vollständigkeit halber: Neben Kelly Macdonald ist auch Ciarán Hinds (u.a. Cäsar in "Rom") neu dabei.

Last edited by Ralf; 15/07/11 11:20 AM.
Ralf #447211 15/07/11 07:49 PM
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Originally Posted by Ralf
Trotzdem: Gerade die Schlacht um Hogwarts hätte ich irgendwie ... epischer erwartet. Der Vergleich zu den "Herr der Ringe"-Filmen drängt sich bei diesem Finale ja geradezu auf und da muß ich einfach konstatieren: Im Vergleich "Schlacht um Hogwarts" vs. (z.B.) "Schlacht um Helms Klamm" hat erstere einfach keine Chance.

Puuh, ich habe den Film zwar noch nicht gesehen, aber dass der Vergleich mit HP und derart epischen Schlachten wie Helms Klamm oder den Pelennor-Feldern nicht funktionieren kann, überrascht mich nicht. Im HP-Universum gibt es zum einen gar nicht so heroische Auftritte wie im Herrn der Ringe. Figuren wie Aragorn oder Theoden kennt man in HP in der Form nicht, zwar gibt es auch in HP Helden, aber sie treten ganz anders auf. Und dann spielt sich das alles auch in viel kleineren Dimensionen ab. Schon die Anzahl wirkt sich da sicher auch aus. Ein paar Todesser mit ein paar Riesen und Dementoren können es da nicht mit der schieren Masse im Herrn der Ringe aufnehmen, sowohl auf Seiten der Guten, als auch auf Seiten der Bösen. Das gibt meiner Meinung nach schon die Buchvorlage von HP einfach gar nicht her. Insgesamt kommt das HP-Universum ja auch etwas "kindlicher" daher als das Tolkien-Universum (was ich jetzt nicht wertend meine, sind eben unterschiedliche Zielgruppen).

Bin auch gespannt auf den Film, bisher waren viele Kritiken ja wirklich sehr gut. Übrigens fand ich als Leser den sechsten Film tatsächlich am schlechtesten von allen, aber das variiert auch unter den Lesern sehr stark. Mich hat da vor allem gestört, dass Voldemorts Kindheit, die von Harry und Dumbledore durch die vielen Erinnerungen durchleuchtet wird, im Film viel zu kurz kommt. Einige der im Buch genau beschriebenen Erinnerungen (zum Beispiel die der Hauselfe Hokey) gibt es im Film einfach gar nicht, und in meinen Augen waren das ganz zentrale Elemente, die da weggelassen wurde. Der einzige Film, bei dem ich nach dem Anschauen richtig sauer war.

7/1 fand ich gut, hoffentlich setzt 7/2 da noch eins drauf.

Last edited by Pergor; 15/07/11 07:51 PM.
Pergor #447224 16/07/11 09:09 AM
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Es ist schwer zu beschreiben, warum genau ich mit der Schlacht nicht hundertprozentig zufrieden war, aber ich glaube nicht, daß es daran liegt, daß sie kleiner ist als die aus "Herr der Ringe". Ich bin mir vielmehr ziemlich sicher, daß es an der Inszenierung des Regisseurs liegt (genau wie bei manchen recht nüchtern wirkenden Sterbeszenen). Vielleicht ist das natürlich wirklich so gewollt, um eine gewisse Kind- bzw. Jugendgerechtheit zu wahren, aber ich glaube es eigentlich nicht.
Es kann nunmal auch nicht jeder Regisseur ein Peter Jackson oder James Cameron sein ...

P.S.: Übrigens schlägt der Film momentan weltweit so ziemlich alle denkbaren (nicht inflationsbereinigten) Startrekorde. Deutschland gehört sogar noch zu den schwächsten Märkten mit wohl "nur" gut zwei Millionen Zuschauern am Startwochenende (was dafür aber natürlich sozusagen ein inflationsbereinigter Wert ist, da es sich ja nicht um ein Einspielergebnis handelt smile )!

Last edited by Ralf; 16/07/11 09:17 AM.
Ralf #447329 19/07/11 03:49 PM
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BARNEY´S VERSION:

Barney Panofsky (OSCAR-Nominierung für Paul Giamatti) ist ein ziemlicher Durchschnittstyp mit Tendenzen zum Loser: Er sieht nicht sonderlich gut aus, berufsmäßig läuft es als Produzent einer miesen TV-Seifenoper immerhin halbwegs ordentlich, aber seine Freunde nutzen ihn nach allen Regeln der Kunst aus und seine Traumfrau trifft er auf einer Hochzeit - dummerweise seiner eigenen! Das hält ihn jedoch nicht davon ab, Miriam (Rosamund Pike, "Stirb an einem anderen Tag", "Stolz & Vorurteil") hartnäckig nachzustellen ...

"Barney´s Version" ist die Verfilmung eines erfolgreichen kanadischen Romans. Ob es eine gute Verfilmung ist, kann ich mangels Kenntis der Vorlage nicht beurteilen. Ein guter bis sehr guter Film ist es aber auf jeden Fall. Wie wahrhaftig und bewegend, mit welch tiefem Mitgefühl und leisem Humor Regisseur Richard J. Lewis (bisher fast nur bei TV-Serien tätig) in Rückblicken das an dramatischen Ereignissen durchaus reichhaltige Leben Barneys inszeniert, ist einfach eine Wohltat. Gelegentlich hätte man das Erzähltempo des gut 130-minütigen Films sicherlich etwas straffen können, aber generell ist gerade diese Unaufgeregtheit, in der man Barney, diesen so authentisch wirkenden Mann mit den vielen offensichtlichen Schwächen und den ebenso überzeugenden, aber erst bei genauerem Hinsehen erkennbaren Stärken kennenlernt, die große Stärke von "Barney´s Version".

Natürlich kann das nicht funktionieren ohne einen herausragenden Hauptdarsteller, dem man diese vielfältige Figur auch abnimmt. Und Paul Giamatti, jener geborene Nebendarsteller, der erst mit der Independent-Tragikomödie "Sideways" so richtig seinen Durchbruch geschafft hat, der ihm gelegentlich auch Hauptrollen wie diese einbringt, erfüllt seinen Job schlicht und ergreifend: perfekt. Dazu kommt ein tolles Schauspielensemble selbst für kleinste Nebenrollen, darunter Dustin Hoffman als Barney´s Vater, Minnie Driver als seine zweite Frau, Scott Speedman als sein bester Freund, dazu Bruce Greenwood, Mark Addy, Saul Rubinek, Maury Chaykin in einer seiner letzten Rollen und natürlich Rosamund Pike, die Barneys Besessenheit mit der von ihr verkörpterten Miriam absolut nachvollziehbar macht. Außerdem haben einige der bekanntesten kanadischen Filmregisseure schöne Cameos im Film (z.B. David Cronenberg, Atom Egoyan und Denys Arcand, aber auch Richard J. Lewis selbst), was aber außerhalb Kanadas kaum jemand bemerken wird ... wink

Fazit: "Barney´s Version" ist ein langsamer Film, ein anspruchsvoller Film, der zum Mitfühlen, Träumen und Nachdenken anregt. Ein Film, der von einem großartigen Paul Giamatti und seinen sehr guten Schauspielkollegen lebt, aber natürlich auch von den intelligenten Dialogen, von dramatischen Szenen wie auch von unzähligen kleinen, mitunter beinahe magischen Momenten. Ein Film zum Lachen und zum Weinen, ein Film zudem mit dem wohl besten Alters-Makeup, das ich bislang gesehen habe (dafür gab es ebenfalls eine OSCAR-Nominierung), und ein Film, der gleich dreimal die Musik von Leonard Cohen verwendet - was für mich schon alleine fast Grund genug wäre, ihn zu lieben. grin Kurzum: "Barney´s Version" ist einfach schön. 8,5 Punkte.

Ralf #447541 26/07/11 09:04 AM
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INSIDIOUS:

Die junge Familie Lambert zieht in ein neues Haus. So weit, so unspektakulär, doch dann fällt Sohn Dalton nach einem harmlosen Leitersturz ins Koma, obwohl die Ärzte keinerlei medizinische Ursache dafür finden können. Da sie nichts tun können, wird Dalton nach ein paar Monaten den Lamberts zur häuslichen Pflege übergeben. Und dann beginnen die WIRKLICH seltsamen Ereignisse, denn im Haus scheint es zu spuken! Während Mutter Renai (Rose Byrne, "Damages", "28 Weeks Later", zur Zeit auch mit dem US-Überraschungshit "Brautalarm" in den Kinos), die den ganzen Tag zu Hause ist und auf Dalton aufpaßt, schnell an übernatürliche Vorgänge glaubt, zeigt sich Vater John (Patrick Wilson, "Little Children", "Watchmen"), ein Lehrer, sehr skeptisch. Seiner Frau zuliebe zieht die Familie dennoch erneut um - doch die mysteriösen Ereignisse verfolgen sie ...

"Insidious" von den "Saw"-Schöpfern James Wan und Leigh Whannell (der auch in einer Nebenrolle zu sehen ist) ist ein Geisterbahnfilm im besten Sinne: Man weiß eigentlich - zumindest als Horrorfilm-Routinier - meistens genau, was als nächstes passieren wird, welcher Schockmoment einen erwartet. Und doch kann man sich der Faszination des Ganzen einfach nicht entziehen, weil die Athmosphäre, die der Film schafft, so wunderbar dicht und überzeugend ist.
Bevor übrigens jemand angesichts der "Saw"-Erwähnung direkt aus der Rezension aussteigen will, sollte ich besser gleich erwähnen: Es gibt in "Insidious" kaum Gewalt, der Film ist eineutig kein Horror-, sondern ein altmodischer Gruselfilm á la "The Fog" oder "Das Waisenhaus".

Und obwohl also die Geschichte im Großen und Ganzen durchaus vorhersehbar ist, gelingt ihr dennoch das Kunststück, einigermaßen originell zu bleiben - was vor allem am letzten Filmdrittel liegt, das eine durchaus unerwartete und ziemlich phantastische Wendung einschlägt. Diese Wendung gefällt nicht jedem und auch ich muß sagen, daß das Potential dieser Wendung leider bei weitem nicht komplett ausgeschöpft wird - dennoch finde ich das letzte Filmdrittel für sich genommen gelungen und im Zusammenspiel mit dem Rest des Films sogar richtig gut.

Aber es bleibt dabei, die Geschichte ist letztlich nicht der Grund, warum "Insidious" als Gruselfilm so gut funktioniert. Auch die Schauspieler bzw. ihre Charaktere (deren Verhalten nicht immer ganz nachvollziehbar wirkt) sind nicht entscheidend, obwohl Wilson und Byrne ihre Sache als Durchschnittsehepaar ebenso gut machen wie die Nebendarsteller um Barbara Hershey (zuletzt in "Black Swan" als Natalie Portmans strenge Mutter zu sehen).

Nein, "Insidious" funktioniert, weil Wan, Whannell und ihr gesamtes Team die bereits gelobte extrem dichte Athmosphäre geschaffen haben. In einer gerechten Welt würde "Insidious" wohl sogar ein paar OSCAR-Nominierungen in Kategorien wie Ton, Tonschnitt oder Makeup bekommen, aber als Horrorfilm hat er darauf wohl keine reelle Chance. Was aber nichts daran ändert, daß der Film in diesem Bereich Großartiges schafft. Auch die teilweise wirklich furchterregende, oft atonale Musik von Joseph Bishara trägt ihren Teil dazu bei, wenngleich sie manchmal definitiv etwas zu laut eingesetzt wird (was eigentlich gar nicht nötig wäre).

Fazit: James Wan und Leigh Whannell zeigen erneut (und diesmal übrigens sogar noch mit der Unterstützung von "Paranormal Activity"-Regisseur Oren Peli als Co-Produzent), daß sie derzeit wohl die besten, weil kreativsten und engagiertesten Horrorschöpfer im weitesten Sinne sind. Selbst ihre schwächeren Werke (wie "Dead Silence") lassen immer noch großes Potential erkennen und verfügen zumindest über einige großartig funktionierende Szenen. Daran, durchgehend überzeugende Filme zu drehen, müssen sie definitiv noch arbeiten und einige handwerkliche Schwächen gerade in den Drehbüchern ausmerzen - aber "Insidious" ist definitiv wieder ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Genrefans werden sicherlich noch lange Freude an den beiden haben - und auch eher am Mainstream orientierte Kinofreunde dürfen auf die eine oder andere positive Überraschung hoffen, wie "Insidious" mit seinem unerwartet großen US-Erfolg (über $50 Mio. Einnahmen bei einem Budget von gerade einmal $1,5 Mio.!) belegt.
8 Punkte.

Ralf #447881 06/08/11 10:55 AM
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SUPER 8:

Sommer 1979: In einer amerikanischen Kleinstadt beginnen die Sommerferien und Joe und seine Freunde sind eifrig dabei, für einen Amateur-Wettbewerb einen richtigen Zombiefilm zu drehen. Selbst die bereits etwas ältere Alice (Elle Fanning) läßt sich überreden, mitzuspielen. Eines Nachts schleichen sich die Freunde aus ihren Elternhäusern, um eine Szene an der Bahnstrecke zu inszenieren. Doch dann bekommen sie weit mehr Action geboten, als sie erwartet haben, denn ein Güterzug entgleist spektakulär - und Joe beobachtet, wie sich irgendetwas mit ungeheurer Kraft aus einem der Waggons zu befreien scheint.
Am nächsten Morgen ist die Unfallstelle weiträumig von der US-Armee abgeriegelt und in den nächsten Tagen häufen sich die mysteriösen Ereignisse, unter anderem verschwinden alle Hunde und auch einige Menschen spurlos aus der Stadt ...

Regisseur J.J. Abrams ("Star Trek") hat "Super 8" mit einem ganz bestimmten Ziel gedreht: Er wollte einen Film im Stil der phantastischen Kinomärchen aus den 1980er Jahren schaffen, einen Film in der Tradition von "E.T." oder "Die Goonies". Und dieses Ziel hat er erreicht.
"Super 8" - in den USA ein Überraschungshit des Sommers, in Deutschland gerade ebenfalls ordentlich gestartet - ist einerseits ein Film, der für sich allein genommen als actionreiches Familienabenteuer gut funktioniert. Vor allem aber ist es ein Film, der als nostalgisches Vergnügen für Filmfans beinahe perfekt ist. Dabei läßt sich das ehrlich gesagt schwer in Worte fassen: Natürlich, es gibt unzählige teils subtile, teils offensichtliche Anspielungen auf andere Filme, aber das alleine macht noch lange nicht den Reiz von "Super 8" aus. Es ist vielmehr das Gefühl, einen Film zu sehen, wie sie heute nicht mehr gedreht werden. Einen Film aus "der guten alten Zeit", auch wenn die vielleicht gar nicht so gut war, wie es einem in der verklärten Erinnerung vorkommt. Einen Film, der so "altmodische" Werte wie Freundschaft, Loyalität, Mut und Mitgefühl feiert. Einen Film, der trotz einiger durchaus gruseliger Szenen die gesamten 110 Minuten lang fast durchgehend gute Laune verbreitet.

Das alles würde natürlich nicht funktionieren ohne die wirklich hervorragend gecasteten Kinderdarsteller (deren Rollen übrigens wirklich sehr an die "Goonies" erinnern, aber das ist ja weißgott nichts Schlechtes), allen voran die 13-jährige Elle Fanning, die auf dem besten Weg zu sein scheint, den Sprung von der Kinderdarstellerin zu einer ernstzunehmenden erwachsenen Schauspielerin zu schaffen (bei einer 13-jährigen vielleicht eine etwas gewagte Prognose, aber sie spielt wirklich gut, meiner Meinung nach sogar schon besser als ihre ältere und bislang bekanntere Schwester Dakota). Die Erwachsenen spielen nur Nebenrollen, aber auch hier können Schauspieler wie Kyle Chandler ("King Kong", "Friday Night Lights", "Allein gegen die Zukunft") als Joes Vater, Noah Emmerich ("Little Children") als Bösewicht, Bruce Greenwood oder Glynn Turman überzeugen.

Ein Highlight sind zudem die Special Effects, die zwar relativ spärlich eingesetzt werden, dafür aber richtig spektakulär geraten sind, was vor allem auf die Zugsequenz zutrifft, die vermutlich in die Filmgeschichte eingehen dürfte.

Was eindeutig nicht die Stärke von "Super 8" ist, ist Originalität. Die Story ist im Grunde genommen altbekannt, die Charakterkonstellation ebenso. Das wird sicherlich manche stören (ebenso wie manch streng genommen unrealistische Handlungsentwicklung), vor allem jene, die kein Gespür für Nostalgie haben.

Aber wer mit einem wohligen Gefühl an die Familienfilmklassiker der 80er von Spielberg (der hier übrigens als Produzent beteiligt ist), Donner, Zemeckis und Co. zurückdenkt, der sollte an "Super 8" - den man auch als "E.T." meets "Goonies" meets "Cloverfield" bezeichnen könnte - seine Freude haben. Ich hatte sie auf jeden Fall, auch wenn mir der allerletzte Tick Begeisterung für die absolute Höchstwertung doch gefehlt hat. Deshalb gibt es von mir 9,5 Punkte, was aber immer noch für den bislang besten Film des Jahres 2011 reicht. up

Während des Abspanns sollte man übrigens sitzenbleiben, da gibt es nämlich den fertigen Zombiefilm der Freunde zu sehen. grin

Ralf #447986 09/08/11 09:39 AM
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Klasse, ich fühle mich mehr und mehr daran interessiert, mir das anzuschauen. smile

Die herrlich subversiven Goonies waren ja einer meiner Lieblingsfilme ...



When you find a big kettle of crazy, it's best not to stir it.
--Dilbert cartoon

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Eigentlich kann ich mir auch vorstellen, daß "Super 8" genau richtig für dich ist - allerdings gibt es halt doch ein paar recht gruselige Szenen, was du ja nicht so magst. Und weshalb der Film auch erst ab 12 Jahren freigegeben ist (die "Goonies" allerdings auch, wie ich eben sehe - "E.T." hat FSK6).

Ralf #448002 09/08/11 04:23 PM
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Wobei ich die 12er-Freigabe bei manchen Szenen schon etwas fragwürdig fand.

Aber alles in allem ist Super 8 ein wirklich guter Film, wie ich finde. Weniger Action hätte ihm sicherlich nicht geschadet, im Gegenteil, aber was solls. Er transportiert ein tolles "Feeling", vor allem Elle ist schauspielerisch eine Wucht und die Balance zwischen Liebesgeschichte (wird zum Glück nie schnulzig), spannenden, mystisch-gruseligen und rasanten Passagen passt und die eingestreuten Gags sind teilweise zum Brüllen komisch. Ich hab ihn mir im englischen Original angesehen, ich kann mir vorstellen dass im deutschen einige Witze nicht so gut rüberkommen.
Am meisten hat mich eigentlich die unrealistische Physik beim Zugunglück und dem Panzerbeschuss zum Ende hin gestört, das war mir zu übertrieben. Aber that's Hollywood.


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Gestern habe ich mir zum zweiten Mal die kanadische Tragikomödie "Barney´s Version" angeschaut - und muß meine Bewertung korrigieren, und zwar auf die Höchstwertung von 10 Punkten! up

Fast alle kleinen Kritikpunkte, die ich hatte (speziell die vermeintlichen Längen im Mittelteil), empfand ich bei der Zweitsichtung überhaupt nicht mehr, vielmehr sind mir noch etliche kleine Details aufgefallen und auch die sensationelle Qualität des Alters-Make-Ups ist mir noch stärker ins Auge gefallen. "Barney´s Version" ist einfach eine wunderbare, wahrhaftige und warmherzige Geschichte zum Verlieben.

Einziger kleiner Kritikpunkt, der blieb: In manchen Szenen wird der Zuschauer zu deutlich mit der Nase auf eigentlich offensichtliche Zusammenhänge gestoßen. Das ist einfach unnötig, ein bißchen Mitdenken darf man seinem Publikum schon zumuten. smile

Ralf #448439 16/08/11 05:49 PM
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PLANET DER AFFEN - PREVOLUTION:
(wieder mal ein dämlicher deutscher Titel - allerdings ist der Originaltitel "Rise of the Planet of the Apes" auch nicht *so* viel besser ...)

San Francisco in der Gegenwart bzw. der nahen Zukunft: Wissenschaftler Will Rodman (James Franco, "127 Hours") experimentiert verbissen an einem Medikament gegen Alzheimer - durchaus aus persönlicher Motivation heraus, da sein Vater (John Lithgow) an dieser tückischen Krankheit leidet. Als es zu einem unglücklichen Zwischenfall mit einem der Schimpansen kommt, an denen das Medikament getestet wird, wird das gesamte Projekt auf Eis gelegt und alle Test-Affen werden eingeschläfert - nur ein neugeborenes Affenbaby schmuggelt Will aus dem Gebäude, nennt es Caesar und zieht es bei sich zu Hause wie ein eigenes Kind auf, während er gleichzeitig genau beobachtet, wie sich das Alzheimer-Medikament (dessen Auswirkungen er offensichtlich von seiner eingeschläferten Mutter geerbt hat) auf es auswirkt. Und die Wirkung ist erstaunlich, denn es scheint nicht nur gegen Alzheimer zu helfen, sondern auch die Intelligenz zu steigern ...

"Planet der Affen - Prevolution" ist eine Mischung aus Prequel und Reboot der in den 1960er und 1970er Jahren legendären "Planet der Affen"-Reihe - und zudem ein sehr loses Remake des damaligen vierten Films "Eroberung vom Planet der Affen". Und entgegen allen Erwartungen im Vorfeld ist es dem noch recht unerfahrenen britischen Regisseur Rupert Wyatt ("The Escapist") gelungen, einen richtig guten Film aus der alten Geschichte zu machen. Einen Film, der wohl als zweitbester aller bisherigen "Affen"-Filme in die Filmhistorie eingehen wird (nach dem allerersten Film mit Charlton Heston).

Dabei beginnt es gar nicht so toll. Die erste Filmhälfte ist zwar gut gemacht, aber die Handlung und die Charaktere sind arg klischeehaft, es gibt einige Logiklöcher und die "menschlichen" Hauptdarsteller Franco, Lithgow und Freida Pinto ("Slumdog Millionaire") bleiben verhältnismäßig blaß. Caesar dagegen, "dargestellt" per bewährtem Motion-Capture-Verfahren von Andy "Gollum" Serkis, beeindruckt ebenso wie in der zweiten Filmhälfte seine ebenfalls komplett computergenerierten "Affenfreunde". wink Eine OSCAR-Nominierung für die besten visuellen Effekte sollte sicher sein - meiner Meinung nach hätte er von den bisherigen Filmen sogar den Sieg verdient (aber ich befürchte, der wird an "Transformers 3" gehen ...).

In der zweiten Filmhälfte geht es dann so richtig rund: Das Erzähltempo wird deutlich gestrafft, die Menschen verkommen endgültig zu Nebendarstellern und die Affen übernehmen eindrucksvoll die Herrschaft über die Kinoleinwand. In dieser zweiten Hälfte gibt es eine ganze Reihe echter "What the fuck?"-Momente - umso mehr, wenn man wie ich komplett ungespoilert in den Film geht. Dazu kommt die sehr gelungene, treibende Musik von Patrick Doyle, die das gestiegene Tempo noch unterstreicht.

Fazit: "Planet der Affen - Prevolution" setzt die erstaunliche qualitative Renaissance der Blockbuster-Prequels in Hollywood fort, die in den vergangenen Jahren vor allem von Christopher Nolans "Batman Begins" und "The Dark Knight" angetrieben wurde, diesen Sommer bereits einen frühen Höhepunkt in "X-Men: Erste Entscheidung" fand und auch in den nächsten Jahren noch anhalten könnte (u.a. mit "The Amazing Spider-Man"). Der Film ist rasant, für Blockbuster-Verhältnisse durchaus tiefgründig und gespickt mit denkwürdigen Szenen. Wären nicht die genannten Schwächen vor allem der ersten Filmhälfte sowie die allgemein zu wenig ausgereiften menschlichen Charaktere - in Nebenrollen sind u.a. Tom "Draco Malfoy" Felton, Brian Cox (u.a. "25 Hours", "Die Bourne Verschwörung"), David Hewlett aus "Stargate Atlantis", David Oyelowo (Danny in den ersten Staffeln von "Spooks") und Tyler Labine (Sock in "Reaper") zu sehen -, hätte der Film ein echtes Meisterwerk werden können - so ist er auf jeden Fall ein richtig guter Sommerblockbuster (in 2D!). 8 Punkte.

Last edited by Ralf; 16/08/11 05:52 PM.
Ralf #448652 19/08/11 04:24 PM
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Bei der folgenden Rezension lassen sich gewisse Spoiler über eine allerdings recht früh stattfindende überraschende Wendung kaum vermeiden, das als Warnung vorausgeschickt. Allerdings erfährt man im Grunde genommen in jeder Art von Berichterstattung über den Film diesen Spoiler, wer ihn also komplett unwissend sehen will, sollte sich von jeglicher Kritik fernhalten ...

MIDNIGHT IN PARIS:

Gil (Owen Wilson) ist ein erfolgreicher Hollywood-Drehbuchautor, der aber eigentlich ein "richtiger" Schriftsteller sein will und seinen fertigen ersten Roman bereits in der Schublade liegen hat. Seine Verlobte Inez (Rachel McAdams) und ihre Eltern unterstützen seine Ambitionen jedoch nicht gerade, was an seinem Selbstvertrauen nagt. Als sie aufgrund eines Geschäftstermins von Inez´ Vater alle zusammen nach Paris reisen, blüht Gil auf, denn er hat schon immer von Paris und speziell von der legendären Pariser Künstlerszene in den 1920er Jahren geschwärmt. Wiederum kann Inez´ Gils Gefühle nicht nachvollziehen und die Entfremdung zwischen den beiden nimmt noch zu, als sie zufällig Inez´ Ex-Schwarm Paul (Michael Sheen) treffen, einen Intellektuellen, der seine Bildung aggressiv vor sich her trägt und damit nicht nur den armen Gil nervt, sondern auch das Publikum. Doch dann geschieht etwas Phantastisches: Als Gil nachts durch Paris streift, hält ein Oldtimer an und dessen fröhliche Insassen fordern ihn auf, einzusteigen und sie auf eine Party zu begleiten. [jetzt kommt der Spoiler!] Gil traut seinen Augen nicht, als er auf der Party u.a. Cole Porter und F. Scott Fitzgerald trifft, dann sogar Hemingway und Picasso! Wie durch ein Wunder ist er im Paris der 1920er Jahre gelandet, jener Epoche, nach der er sich immer gesehnt hat ...

Der Kinosommer 2011 wird wohl als Sommer der Nostalgie in die Filmhistorie eingehen. Die 1980er Jahre-Hommage "Super 8" ist das beste Beispiel dafür, auch die überraschend guten Prequels von "X-Men" und "Planet der Affen" erinnern an vergangene Jahrzehnte. Und nun kommt Altmeister Woody Allen daher, schafft seinen (nicht inflationsbereinigt) erfolgreichsten Film aller Zeiten und zudem seinen besten seit (IMHO) "Zelig" 1983 und entführt darin sein Publikum sogar in das erste Viertel des 20. Jahrhunderts zurück. Man muß Woody Allen einfach lieben dafür, daß er die Chuzpe hat, so völlig ungeachtet des (vermuteten) Massengeschmacks einen Film in die Kinos zu bringen, den man eigentlich nur hundertprozentig genießen und verstehen kann, wenn man ein ziemlich guter Kenner der damaligen Kunstszene ist. Und daß dieser Film dann auch noch weltweit ein Erfolg wird, grenzt an ein mittleres Wunder!
Ich selbst muß bekennen, daß ich leider nicht wirklich ein Kenner der damaligen Zeit bin - aber immerhin reicht mein Wissen, um fast alle vorkommenden Namen zu kennen und zuordnen zu können (nur nach der Schriftstellerin Djuna Barnes mußte ich googlen ...) und auch zumindest etliche Anspielungen auf Leben und Werk der Künstler zu erkennen (aber einige sind mir garantiert entgangen). Das reicht auf jeden Fall, um Allens Kunstfertigkeit zu bewundern, aber es könnte natürlich noch besser sein. smile

Ein wenig irritiert es mich immer noch, daß Woody Allen seit einigen Filmen seine "eigene" Rolle nicht mehr selbst spielt, denn man erkennt überdeutlich, daß die jeweiligen Rollen eigentlich ihm selbst auf den Leib geschrieben sind - beziehungsweise einer jüngeren Version seiner selbst. Bei "Whatever Works" hat es mich nicht übermäßig gestört, weil Larry David Woody Allen einerseits ziemlich ähnlich sieht, andererseits aber seinen ganz eigenen Stil hat, um die Rolle einzigartig zu machen. Bei "You will meet a tall dark stranger" war Anthony Hopkins eine ziemlich ungeeignete Besetzung für die Rolle - aber da der Film sowieso ziemlich schlecht ist, hat es mich auch nicht weiter gestört. Nun ist es aber wirklich auffällig, denn Owen Wilson sieht Allen zwar nicht allzu ähnlich (wobei man schon ein paar Parallelen zum jungen Woody ausmachen kann), imitiert seine Gestik und Mimik aber wirklich verdammt gut (und trägt auch noch typische Woody-Kleidung grin )! Das ist natürlich eigentlich lobenswert, aber es irritiert mich einfach ein bißchen ...

Seinen Schauplatz Paris setzt Allen traumhaft in Szene, der wortlose (und für Allen ungewöhnliche) Prolog würde glatt als Werbefilm für Frankreichs Hauptstadt durchgehen. Die Schauspieler (darunter neben den bereits Genannten Kathy Bates, Adrien Brody, Marion Cotillard und Tom Hiddleston, der zu Beginn des Sommers bereits als Loki in "Thor" beeindruckte) machen ihre Sache gut, aber meiner Meinung nach gibt es diesmal keine herausragende Leistung einer einzelnen Person, die zu einer OSCAR-Nominierung führen könnte (wie z.B. Penélope Cruz in "Vicky Cristina Barcelona"). "Midnight in Paris" ist eher ein klassisches Ensemble-Stück, in dem es zudem so viele wichtige Nebenrollen gibt, daß außer Owen Wilson eigentlich kein Darsteller wirklich lange auf der Leinwand zu sehen ist.

Die Dialoge bewegen sich auf bewährtem Allen-Niveau - es gibt zwar wenige echte Dialog-Kracher, aber jede Menge feinen Humor und auch einige tiefgehende Gedankengänge. Das einzige, was mich wirklich gestört hat an diesem wunderbaren, traumhaften Film, ist, daß Inez, ihre Eltern und Paul übertrieben unsympathisch dargestellt werden. Natürlich hat das einen guten Grund, die Stellung dieser Figuren ist essentiell für die Botschaft des Films, das will ich gar nicht leugnen. Trotzdem: Nervende Charaktere ... nunja, nerven einfach. smile Nicht stark zum Glück, aber sie verhindern eine ansonsten durchaus mögliche Höchstwertung.

Auch so reicht es aber für sehr gute 9 Punkte für "Midnight in Paris": ein nostalgisches, humorvolles und intelligentes Kinovergnügen, das einen wohltuenden Kontrapunkt setzt zu den ganzen "Hangovers" und "Brautalarms" dieses Sommers ...

Ralf #449000 25/08/11 12:19 PM
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CRAZY, STUPID, LOVE.:

Als Familienvater Cals (Steve Carell, "Get Smart", "Date Night", "The Office") Frau Emily (Julianne Moore, "The Big Lebowski", "The Hours", "Short Cuts") ihm beim Abendessen im Restaurant enthüllt, daß sie mit einem Kollegen geschlafen habe und die Scheidung von ihm wolle, reagiert Cal konsequent (wenn auch leicht verspätet). Denn auf der Heimfahrt springt er einfach aus dem (langsam) fahrenden Auto und verkündet anschließend, daß er noch am gleichen Abend ausziehen werde. Die nächsten Nächte verbringt er trinkend und laut lamentierend in einer Bar, bis Womanizer Jacob (Ryan Gosling, "Blue Valentine", "Wie ein einziger Tag") sich seiner erbarmt und Cal zu einer gründlichen Überholung seiner Persönlichkeit überredet. Jacob macht seine Sache hervorragend und plötzlich fliegen die Frauen auf den zuvor so biederen und langweiligen Cal - während Jacob die resolute Hannah (Emma Stone, "Zombieland", "Einfach zu haben") kennenlernt und sich zum ersten Mal in seinem Leben richtig zu verlieben scheint. Währenddessen versucht auch Emily mit der neuen Situation umzugehen und die Kinder sitzen sowieso zwischen allen Stühlen und haben auch noch selbst mit Liebesproblemen zu kämpfen ...

"Crazy, Stupid, Love." ist im Grunde genommen fast ein Episodenfilm, denn das Figurenensemble des knapp zweistündigen Films ist so groß, daß die einzelnen Handlungsstränge schon mal rund eine halbe Stunde lang auf Eis liegen können, ehe sie wieder aufgenommen werden. Dafür sind aber alle diese Handlungsstränge und Figuren mehr oder weniger interessant, oft witzig und vor allem jederzeit sehr sympathisch.

Die Besetzung ist natürlich ein großer Trumpf, neben Carell, Moore, Gosling und Stone (die alleine schon ausreichen würden, um von einem tollen Darsteller-Ensemble zu sprechen) spielen auch noch Kevin Bacon, Marisa Tomei (in einer wunderbar durchgeknallten Rolle) und Musiker Josh Groban mit, dazu kommen einige (noch) unbekannte, aber talentierte junge Schauspieler.

Die Handlung wirkt einerseits oft sehr authentisch, ist aber andererseits auch hoffnungslos überkonstruiert. Ich habe ja grundsätzlich nichts gegen gut konstruierte Stories einzuwenden und bin der Meinung, daß Raffinesse bei Filmen wichtiger ist als Glaubwürdigkeit. Aber nur bis zu einem bestimmten Maß. Und "Crazy, Stupid, Love." übertrifft dieses Maß meiner Meinung nach. Das macht den Film keineswegs zu einem Fehlschlag, es schadet ihm aber etwas. Gleiches gilt für einige Fremdschäm-Momente - ich persönlich mag sowas einfach nicht, aber es gibt natürlich viele, die das anders sehen (z.B. die zahlreichen "The Office"-Fans weltweit).

Insgesamt ist "Crazy, Stupid, Love." eine romantische Komödie mit Drama-Elementen, die vor allem von der starken Besetzung lebt und von den unglaublich sympathischen Charakteren, die sie darstellen. Die Handlung hat Stärken und Schwächen, der Humor schwankt zwischen (zum Glück wenigen) Schenkelklopfern und erfreulicher Subtilität. Unterm Strich ein schöner Sommer-Film, aber kein echtes Highlight. 7,5 Punkte.

Ralf #449117 27/08/11 12:18 AM
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Wer Zeit, Lust und örtliche Nähe hat, kann ja mal reinschauen. Dürfte nicht uninteressant sein.
Akira Kurosawa Retrospektive

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Oh, sehr interessant. Da muß ich mal die Augen offenhalten - sowas wie "Ran" oder "Kagemusha" auf der großen Leinwand, das wär´ schon was!

Ralf #449471 01/09/11 01:50 PM
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Es ist wieder Fantasy Filmfest-Zeit und diesmal gibt es insgesamt sieben Rezensionen von mir (heute ist zwar noch der Abschlußtag mit dem sehr interessanten Schlußfilm "Attack the Block", aber nachdem ich mir gestern vier Filme am Stück angeschaut habe, ist mein ganzer Körper so verspannt, daß ich mich wohl nicht mehr dazu werden aufraffen können, heute noch mal nach Nürnberg zu fahren - ich werd´ halt doch langsam zu alt für den Scheiß ... wink ). Den Beginn macht:

CHILLERAMA:

Ein echter Festival-Film: Das für seine obskure Filmauswahl bekannte Kaufman-Drive-In-Kino muß seine Pforten schließen und gibt seine Abschiedsvorstellung mit vier Filmen.
Der erste ist "Wadzilla" von Adam Rifkin, eine Parodie der Tierhorrorfilme der 1950er Jahre á la "Tarantula" oder "Formicula" - nur, daß es hier ein Riesen-Spermium ist, das in New York Panik auslöst! Das ist erstaunlicherweise gar keine übermäßig originelle Idee, denn bereits in "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten ..." hat Woody Allen eine ähnliche Parodie mit einer Riesenbrust geschaffen, aber natürlich geht es in "Wadzilla" noch weitaus trashiger, hemmungsloser und geschmackloser zu. Zur Freude des gutgelaunten Publikums. laugh
Witzige Gastauftritte von Ray Wise als Wissenschaftler und Eric Roberts als General tragen zum Spaßfaktor positiv bei. Ein gelungener Auftakt.
Der zweite Film-im-Film ist "I was a Teenage Wearbear" von Tim Sullivan, der beim Publikum mit Abstand am schlechtesten ankam. Das liegt aber weniger an mangelnder Qualität (sofern man bei einem Film wie "Chillerama" überhaupt von "Qualität" sprechen kann ... wink ), sondern daran, daß das Publikum nicht wirklich mit einer Satire auf die Jugend/Musical-Filme der 1960er á la "West Side Story" oder "Denn sie wissen nicht, was sie tun" samt haarsträubender Gesangsnummern und schwuler SM-Einlagen gerechnet hatte. Zwar ist diese Story gemischt mit Anspielungen auf Horrorfilme á la "The Wolfman" und es geht in Bezug auf Gewalt und Sex sehr heftig zu, aber so richtig paßt "I was a Teenage Wearbear" einfach nicht zu einem solchen Publikum. Ich als alter Musicalfan finde ihn aber gelungen, auch und gerade weil er teilweise fast schon subtil ist ... smile
Als drittes kommt das Highlight des Abends: "The Diary of Anne Frankenstein" von Adam Green ("Hatchet", "Frozen")! Bei DEM Titel muß wohl jeder erstmal kräftig schlucken, aber erstaunlicherweise erweist sich der Film schnell als keineswegs so pietät- und geschmacklos, wie der Titel vermuten läßt. Vielmehr handelt es sich um eine zum Schreien komische Mischung aus "Frankenstein" und "Inglorious Basterds", bei der deutschsprachige Zuschauer zudem einen klaren Vorteil haben: Denn die Darsteller sprechen allesamt Deutsch (und zwar *richtiges* Deutsch, nicht dieses kaum verständliche Kauderwelsch, das in Hollywood-Kriegsfilmen aus den 1950ern und 1960ern gerne als "perfektes Deutsch" deklariert wurde ...), dazu gibt es englische Untertitel. Lediglich Hitler (gespielt von Joel David Moore, am bekanntesten vielleicht für seine wiederkehrende Gastrolle als wissenschaftlicher Assisstent Colin Fisher in "Bones") spricht bzw. bellt eine unverständliche Fantasiesprache. Da die meisten hier "Chillerama" vermutlich sowieso nie sehen werden, will ich in diesem Fall einfach mal die Story spoilern:
Hitler will wie einst Frankenstein aus totem Fleisch eine lebende Kreatur erschaffen, mit der er die Welt erobern will. Der erste Teil gelingt ihm bezeichnenderweise durch den Einsatz jüdischer Artefakte und Rituale, allerdings sieht die Kreatur - gespielt von Ex-Jason Voorhees-Darsteller Kane Hodder aus den "Freitag, der 13."-Filmen - aus wie ein jüdischer Rabbi und nachdem Hitler sie zu lange nervt, tötet sie kurzerhand die Nazi-Wachen und Eva Braun, reißt dann Hitler einen Arm aus prügelt ihn damit zu Tode! Hitlers letzte Worte (seine einzigen in verständlichem Deutsch): "Ich bin doch nur ein Laienschauspieler ..."

Geschmacklos? Definitiv. Politisch inkorrekt? Aber hallo. Tolle Unterhaltung? Eindeutig. Man muß es einfach sehen, um es glauben zu können ...

Damit kommen wir zum vierten und letzten Film der Abschiedsvorstellung des Autokinos: "Deathication", im wahrsten Sinne des Wortes ein Scheiß-Film, der zum Glück nach wenigen Minuten von einer Invasion sexgieriger Zombies im Autokino unterbrochen wird (laut Abspann heißt dieses Segment denn auch "Zom-B-Movie", Regie: Joe Lynch, "Wrong Turn 2"). Der Kinobesitzer und Orson Welles-Fan Cecil B. Kaufman (Schauspiel-Veteran Richard Riehle) erwehrt sich der Zombies mit Waffengewalt und einem runden Dutzend der knackigsten Oneliner der Filmgeschichte (von "Say hello to my little friend" bis "I´m too old for that shit"), während einige Jugendliche einfach nur versuchen, lebendig aus dem Schlamassel herauszukommen. Wie bei einer Zombieinvasion kaum anders zu erwarten, wird es noch blutiger und geschmackloser als in den vorherigen Segmenten, bleibt dabei aber bis zum Schluß witzig.

Tja, was soll man zu einem Werk wie "Chillerama" sagen? Es ist eben wirklich ein Festival-Film, eine Granate des schlechten Geschmacks, die man vermutlich nur genießen kann (wenn überhaupt), wenn man ihn zusammen mit einem partywilligen Publikum sieht. Das habe ich getan und trotz fehlender echter Story, vieler wirklich geschmackloser Gags und einem Alkoholpegel von 0,0 Promille hat mir "Chillerama" richtig Spaß gemacht. Dafür gibt es 8 Punkte.
Alleine am heimischen TV-Gerät sähe das sicher anders aus, aber als Partyfilm ist "Chillerama" einfach eine Wucht. smile

Ralf #449478 01/09/11 03:34 PM
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Es bleibt obskur, denn nun kommen wir zum traditionellen Kurzfilmprogramm "Get Shorty":

1. "The Unliving": Dieser schwedische Enzeit-Zombie-30-Minüter wirkt eher wie das erste Drittel oder Viertel eines kompletten Films als wie ein eigenständiger Kurzfilm. Dementsprechend war ich wohl noch nie so überrascht, als plötzlich der Abspann begann, wie hier.
Die Geschichte ist eigentlich nicht schlecht: In der nahen Zukunft kommt es zu einer Zombieepidemie, die die Menschheit aber übersteht. Der Versuch, die Zombies zu heilen, mißlingt zwar, doch findet man dafür einen Weg, die Zombies soweit zu kontrollieren, daß sie als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden können und damit für erbitterte politische Diskussionen über die Moralität dieses Einsatzes zu sorgen ...
Die Kapitalismuskritik ist also nicht gerade subtil, dennoch unterhält der Film bis zu seinem eigenartigen Ende einigermaßen, auch wenn die Handlung nicht gerade stringent ist und die Charaktere einem nicht unbedingt ans Herz wachsen. 6 Punkte.

2. "Hungry Hickory": Ein sehr kurzer, dialogfreier irischer Kurzfilm, dessen Inhalt man nicht wirklich beschreiben kann. Ist aber witzig gemacht. 8 Punkte.

3. "Dance with the Devil": Ein Zombie, der seit "Night of the Living Dead" bei allen großen Zombie-Filmen mitgespielt hat, hat keine Lust mehr, ständig den Bösen zu geben. Also entschließt er sich, mit seinem potentiellen weiblichen Opfer lieber zu flirten und sich bei ihr über seine unbefriedigende Arbeit auszulassen ...
Der französische Regisseur macht aus einer netten Idee einen netten Kurzfilm. 7 Punkte.

4. "Bloody Christmas 2 - The Rise of the Christmas Trees": Eine sehr skurrile und witzige französische Parodie der üblichen Slasherfilme. Hier ist der Mörder eben ein wildgewordener Weihnachtsbaum. grin
Ich kenne den ersten Teil nicht (lief 2003 auf dem Fantasy Filmfest), aber den zweiten Teil kann man auch ohne dieses Vorwissen problemlos genießen. 9 Punkte.

5. "Sabrina": Ein sehr merkwürdiger und makabrer spanischer Fünfminüter über einen Mann im "Gespräch" mit zwei Leichen. 4 Punkte.

6. "Judas & Jesus": Ein 15-minütiger deutscher Animationsfilm, der die Bibel in einer ganz anderen, ultra-blasphemischen Art und Weise präsentiert. Mit Abstand der Publikumsliebling innerhalb des "Get Shorty"-Programms und in seiner extrem respektlosen Art und Weise in der Tat sehr witzig (sofern man nicht allzu gläubig ist ...). Außerdem erfahren wir nun auch endlich, warum Judas Jesus wirklich verraten hat. grin 9 Punkte.
Der eigentliche Witz an der Sache ist übrigens, daß der Film mit staatlicher Förderung hergestellt wurde. Wenn das die Kirche erfährt ... badsmile

Angeblich kann man "Judas & Jesus" übrigens komplett auf YouTube sehen, aber ich finde auf Anhieb nur einzelne Teile davon.

7. "Blood Snow": Nochmal deutsch, diesmal aber weniger gelungen. Im Grunde genommen ein (mäßiger) Gag ausgewalzt auf fünf Minuten. Nur dank der netten Message ("Es ist Kunst! Große Kunst!") gebe ich noch 3,5 Punkte.

8. "Brutal Relax": Die spinnen, die Spanier! In "Brutal Relax" geht es um Herrn Olivares, der ein Aggressionsproblem hatte, nun aber aus ärztlicher Aufsicht entlassen wird, weil er sich im Griff hat - zumindest solange sein Walkman die passende Musik spielt. Als Herr Olivares eines Tages am Strand ausspannt, kommt es zu einem ultrabrutalen Angriff von Meeresdämonen auf die Sonnenbadenden. Herrn Olivares ist das wurscht, seine Musik läuft ja. Doch nachdem bereits der Großteil der Strandgäste blutig in ihre Einzelteile zerlegt wurden, gibt Herrn Olivares´ Walkman den Geist auf und der Gute läßt seinen gewaltigen Zorn an den armen Dämonen aus ...
"Brutal Relax" ist wohl der blutigste, brutalste und geschmackloseste Film, den ich je gesehen habe (neben "Braindead" vielleicht). Etlichen Zuschauern war das eindeutig zuviel des Guten (?), aber ich fand die kompromißlose, knochentrockene Machart und die guten, aber völlig unglaubwürdigen Spezialeffekte (was IMHO den Film überhaupt erst erträglich macht) tatsächlich sehr amüsant. Hätte ich vorher auch nicht erwartet. 8 Punkte.

Insgesamt ein "Get Shorty"-Programm mit Höhen und Tiefen, im Schnitt 7 Punkte.

Ralf #449686 04/09/11 11:54 AM
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Nachdem für mich das diesjährige Fantasy Filmfest also (zufällig) mit zwei Programmierungen des, sagen wir mal, eher abseitigen Filmgeschmacks begonnen hatte, fielen die übrigen fünf Filme wieder deutlich konventioneller aus. Meine dritte FFF-Rezension gilt:

SUPER:

Als er seine Frau Sarah (Liv Tyler) an Gangsterboß Jacques (Kevin Bacon) verliert, ist der Durchschnittstyp Frank d´Arbo (Rainn Wilson aus "The Office") völlig am Boden. Doch dann spricht Gott (mit der Stimme von Rob Zombie!) zu ihm und Frank entscheidet sich, zusätzlich motiviert durch den christlichen Bibel-TV-Superhelden "The Holy Avenger" (Nathan "Castle" Fillion in einer Gastrolle), als ganz realer Superheld "Crimson Bolt" das Böse zu bekämpfen - und Sarah zurückzuerobern. Erwartungsgemäß laufen Franks erste Heldenversuche eher mäßig erfolgreich ab, doch dann bewaffnet er sich mit einer Rohrzange, bekommt in Comic-Nerd Libby (Ellen Page aus "Juno" und "Inception") als "Boltie" einen Sidekick und plötzlich müssen sich Drogendealer, Handtaschenräuber, Päderasten und Leute, die sich in der Schlange vordrängeln, ernsthaft Sorgen machen ... grin

"Super" erinnert auf den ersten Blick sehr stark an die letztjährige Comicverfilmung "Kick-Ass" mit Nicolas Cage. Tatsächlich ist die Prämisse sehr ähnlich, auch manche Storyentwicklungen sind fast identisch (vor allem zu Beginn der Handlung) und selbst qualitativ lassen sich beide Filme durchaus in einem Atemzug nennen.
Dennoch sind "Super" und "Kick-Ass" unterm Strich sehr verschieden. Man könnte sagen, "Kick-Ass" ist (obwohl trotz Beteiligung amerikanischer Gelder eigentlich ein britischer Film) die Hollywood-Variante der Geschichte und "Super" die Independent-Version. Zwar würde man "Kick-Ass" Unrecht tun, wenn man ihn dem filmischen Mainstream zurechnen würde - dafür ist er zu anarchisch und zu politisch unkorrekt. Aber im Vergleich zu "Super" wirkt "Kick-Ass" tatsächlich eher fröhlich und zuschauerfreundlich als der sehr viel düsterere, melancholischere und auch brutalere "Super".

Dazu paßt, daß Frank in "Super" erkennbar mindestens am Rande des Wahnsinns steht und Sidekick Libby - obwohl von Ellen Page unglaublich liebenswert und kindlich-naiv gespielt - kaum besser ist. Regisseur James Gunn ("Slither", "PG Porn") läßt dem Zuschauer eigentlich gar nicht die Möglichkeit, diese beiden Möchtegern-Superhelden als Vorbild anzusehen. Und das, obwohl sie ja definitiv gute Absichten haben und de facto auch durchaus einigermaßen Gutes bewirken. Sie sind in diesem Sinne noch nicht einmal Anti-Helden, sondern einfach nur zwei arme Würstchen, die sich mit ihren bescheidenen Mitteln gegen ihr Schicksal auflehnen. Das ist deutlich realistischer dargestellt als in "Kick-Ass", aber damit eben auch um ein Vielfaches unglamouröser. Und genau das ist IMHO eine große Stärke des Films, ebenso wie der rabenschwarze Humor.

Die Darsteller tragen ihren Teil zum Gelingen von "Super" bei: Rainn Wilson, eigentlich vor allem als Komiker bekannt, gelingt es, beim Publikum Mitgefühl, vielleicht sogar Sympathie zu wecken, obwohl Frank keine wirklich sympathische Figur ist. Ellen Page ist wie angedeutet wieder einmal famos, Kevin Bacon gibt einen ordentlichen Bösewicht (wenngleich er das zuletzt in "X-Men: Erste Entscheidung" noch besser hinbekam - allerdings durfte er dort natürlich auch eine sehr viel schillerndere Rollen spielen, in "Super" sind auch die Bösen eher realistisch gezeichnet), Tyler eine ebenso ordentliche "Jungfrau in Nöten" (allerdings weit weniger glamourös wink ), dazu gibt es einige nette Gastauftritte wie den erwähnten von Nathan Fillion, dazu Linda Cardellini, Michael Rooker und Gregg Henry (die bis auf Cardellini alle auch schon in "Slither" dabei waren).

Fazit: "Super" ist tatsächlich ziemlich super und meiner Meinung nach sogar noch ein Stückchen besser als "Kick-Ass", was vor allem am brachialen Showdown und dem allgemein authentischeren Setting liegt. Allerdings ist "Super" eben auch wesentlich anstrengender anzuschauen und weniger zuschauerfreundlich, sowohl was die gesamte Stimmung des Films betrifft als auch die teilweise ziemlich splattrigen Gewaltszenen (während "Kick-Ass" selbige zwar ebenfalls recht brutal inszenierte, aber doch immer sehr comichaft). 8,5 Punkte.

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