Nachdem für mich das diesjährige Fantasy Filmfest also (zufällig) mit zwei Programmierungen des, sagen wir mal, eher abseitigen Filmgeschmacks begonnen hatte, fielen die übrigen fünf Filme wieder deutlich konventioneller aus. Meine dritte FFF-Rezension gilt:

SUPER:

Als er seine Frau Sarah (Liv Tyler) an Gangsterboß Jacques (Kevin Bacon) verliert, ist der Durchschnittstyp Frank d´Arbo (Rainn Wilson aus "The Office") völlig am Boden. Doch dann spricht Gott (mit der Stimme von Rob Zombie!) zu ihm und Frank entscheidet sich, zusätzlich motiviert durch den christlichen Bibel-TV-Superhelden "The Holy Avenger" (Nathan "Castle" Fillion in einer Gastrolle), als ganz realer Superheld "Crimson Bolt" das Böse zu bekämpfen - und Sarah zurückzuerobern. Erwartungsgemäß laufen Franks erste Heldenversuche eher mäßig erfolgreich ab, doch dann bewaffnet er sich mit einer Rohrzange, bekommt in Comic-Nerd Libby (Ellen Page aus "Juno" und "Inception") als "Boltie" einen Sidekick und plötzlich müssen sich Drogendealer, Handtaschenräuber, Päderasten und Leute, die sich in der Schlange vordrängeln, ernsthaft Sorgen machen ... grin

"Super" erinnert auf den ersten Blick sehr stark an die letztjährige Comicverfilmung "Kick-Ass" mit Nicolas Cage. Tatsächlich ist die Prämisse sehr ähnlich, auch manche Storyentwicklungen sind fast identisch (vor allem zu Beginn der Handlung) und selbst qualitativ lassen sich beide Filme durchaus in einem Atemzug nennen.
Dennoch sind "Super" und "Kick-Ass" unterm Strich sehr verschieden. Man könnte sagen, "Kick-Ass" ist (obwohl trotz Beteiligung amerikanischer Gelder eigentlich ein britischer Film) die Hollywood-Variante der Geschichte und "Super" die Independent-Version. Zwar würde man "Kick-Ass" Unrecht tun, wenn man ihn dem filmischen Mainstream zurechnen würde - dafür ist er zu anarchisch und zu politisch unkorrekt. Aber im Vergleich zu "Super" wirkt "Kick-Ass" tatsächlich eher fröhlich und zuschauerfreundlich als der sehr viel düsterere, melancholischere und auch brutalere "Super".

Dazu paßt, daß Frank in "Super" erkennbar mindestens am Rande des Wahnsinns steht und Sidekick Libby - obwohl von Ellen Page unglaublich liebenswert und kindlich-naiv gespielt - kaum besser ist. Regisseur James Gunn ("Slither", "PG Porn") läßt dem Zuschauer eigentlich gar nicht die Möglichkeit, diese beiden Möchtegern-Superhelden als Vorbild anzusehen. Und das, obwohl sie ja definitiv gute Absichten haben und de facto auch durchaus einigermaßen Gutes bewirken. Sie sind in diesem Sinne noch nicht einmal Anti-Helden, sondern einfach nur zwei arme Würstchen, die sich mit ihren bescheidenen Mitteln gegen ihr Schicksal auflehnen. Das ist deutlich realistischer dargestellt als in "Kick-Ass", aber damit eben auch um ein Vielfaches unglamouröser. Und genau das ist IMHO eine große Stärke des Films, ebenso wie der rabenschwarze Humor.

Die Darsteller tragen ihren Teil zum Gelingen von "Super" bei: Rainn Wilson, eigentlich vor allem als Komiker bekannt, gelingt es, beim Publikum Mitgefühl, vielleicht sogar Sympathie zu wecken, obwohl Frank keine wirklich sympathische Figur ist. Ellen Page ist wie angedeutet wieder einmal famos, Kevin Bacon gibt einen ordentlichen Bösewicht (wenngleich er das zuletzt in "X-Men: Erste Entscheidung" noch besser hinbekam - allerdings durfte er dort natürlich auch eine sehr viel schillerndere Rollen spielen, in "Super" sind auch die Bösen eher realistisch gezeichnet), Tyler eine ebenso ordentliche "Jungfrau in Nöten" (allerdings weit weniger glamourös wink ), dazu gibt es einige nette Gastauftritte wie den erwähnten von Nathan Fillion, dazu Linda Cardellini, Michael Rooker und Gregg Henry (die bis auf Cardellini alle auch schon in "Slither" dabei waren).

Fazit: "Super" ist tatsächlich ziemlich super und meiner Meinung nach sogar noch ein Stückchen besser als "Kick-Ass", was vor allem am brachialen Showdown und dem allgemein authentischeren Setting liegt. Allerdings ist "Super" eben auch wesentlich anstrengender anzuschauen und weniger zuschauerfreundlich, sowohl was die gesamte Stimmung des Films betrifft als auch die teilweise ziemlich splattrigen Gewaltszenen (während "Kick-Ass" selbige zwar ebenfalls recht brutal inszenierte, aber doch immer sehr comichaft). 8,5 Punkte.