CAPTAIN AMERICA: THE FIRST AVENGER (3D):

1943: Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor sind die USA in Patriotismus gegen den Aggressor vereint und die Jugend der Landes stürmt zu den Army-Rekrutierungsbüros, um gegen Nazis und Japaner kämpfen zu dürfen. So auch der schmächtige Steve Rogers (Chris Evans), der aber aufgrund eines Asthma-Leidens abgelehnt wird. Dennoch versucht er es immer wieder bei verschiedenen Rekrutierungsstellen, bis er ob seiner Hartnäckigkeit dem Arzt und Wissenschaftler Dr. Erskine (Stanley Tucci) auffällt. Dieser sorgt dafür, daß Rogers angenommen wird und an seinem Versuchsprogramm für einen Supersoldaten teilnimmt. Das Experiment gelingt schließlich und nach anfänglicher Skepsis zeigt Rogers, was er als "Captain America" alles drauf hat ...

Für etliche Branchenkenner war "Captain America" ein heißer Favorit auf den eher unbeliebten Titel "kommerzieller Flop des Jahres". Eine teure Superheldenverfilmung, die alleine ob ihres Namens in weiten Teilen der Welt eher Ablehnung als Begeisterung aufkommen läßt. Eine Besetzung mit weitgehend Unbekannten in den Hauptrollen in Verbindung mit einem Regisseur mit gemischter Erfolgsbilanz (Joe Johnston, "Rocketeer", "Jumanji", "Jurassic Park 3", "Hidalgo", "The Wolfman") sowie einem Starttermin in der zweiten Sommerhälfte ließ sogar befürchten, daß der Film nicht mal in den USA richtig funktionieren würde.
Ganz unbescheiden kann ich sagen, daß mir von Anfang an klar war, daß "Captain America" zumindest in seiner Heimat sehr wohl erfolgreich laufen würde. Man darf den Patriotismus der Amis einfach nicht unterschätzen und wenn dann auch noch erstaunlich gute Kritiken dazukommen, führt das nicht nur zu einem US-Start leicht über den Erwartungen, sondern vor allem zu starken Folgewochen. Diese positive Bilanz wiederum im Verbund mit der positiven Mundpropaganda, die via Internet auch die amerikanischen Landesgrenzen überwand, sorgte sogar dafür, daß "Captain America" wider Erwarten (und, das gebe ich gerne zu, auch entgegen meiner Vermutung) sogar zum weltweiten Hit avancierte. Deutschland ist übrigens eine der ganz wenigen Ausnahmen, hier ist der Film mit deutlich unter 400.000 Zuschauern regelrecht abgeschmiert. Warum auch immer.

Daß "Captain America" bis auf diese Ausnahme international so gut funktioniert, liegt sicher auch darin begründet, daß den Filmemachern das Kunststück gelungen ist, den unvermeidlichen Patriotismus so ausgewogen zu balancieren, daß er dem amerikanischen Publikum locker ausreicht, dem Großteil der ausländischen Zuschauer aber nicht übel aufstößt. Da ist es sehr hilfreich, daß Steve Rogers zu Beginn des Films überraschend ausführlich eingeführt wird - daß seine "Mutation" zu Captain America erst nach 40 Minuten und damit einem Filmdrittel vonstatten gehen würde, war nun wirklich nicht zu erwarten. Und in diesem ersten Filmdrittel überzeugt "Captain America" zudem mit einem gesunden Sinn für Selbstironie, der jeglichen Patriotismus-Anflügen eigentlich sofort die Schärfe entzieht. Wie Johnston und die Drehbuch-Autoren mit dieser absehbaren Problematik umgegangen sind, verdient in der Tat großes Lob. up

Auch die mutige Besetzungspolitik rentiert sich: Chris Evans ("Fantastic Four", "Nanny Diaries") überzeugt sowohl als schwächlicher Steve Rogers als auch als muskelbepackter Captain America mit Charme und Humor, Hayley Atwell (die bereits im TV-Mehrteiler "Die Säulen der Erde" beeindruckte) gibt einen hervorragenden Love Interest, Hugo Weaving liefert als größenwahnsinniger Nazi-Wissenschaftler "Red Skull" eine gewohnt solide Leistung ab und in Nebenrollen dürfen auch Tommy Lee Jones, Stanley Tucci, Toby Jones oder Dominic Cooper (als Howard Stark, Vater von Tony "Iron Man" Stark - übrigens ist Cooper bereits sein dritter Darsteller, denn in Rückblenden der beiden "Iron Man"-Filme wurde Howard Stark zunächst von Gerard Sanders und dann von John Slattery verkörpert ...) ihr bewährtes Können zeigen. Zudem legt sich Captain America im Laufe der Handlung eine Art persönlicher Eingreiftruppe zu, die mit schillernden Charakteren leider mehr verspricht, als ihr seltener Einsatz im Film dann tatsächlich halten kann.

Überhaupt gilt das eigentlich für den gesamten Film. Die erste Hälfte liefert tolles, hoch unterhaltsames Abenteuerkino ab, aber in der zweiten Filmhälfte begeht "Captain America" dann einen Fehler, der so vielen Eventfilmen unterläuft: Es gibt fast nur noch Action und fast keine Handlung mehr (selbst der Humor gerät deutlich in den Hintergrund). Das hat mich selbst bei Hochkarätern wie Christopher Nolans letztjährigem "Inception" gestört, bei "Captain America" ist es leider sogar noch deutlich extremer. Die Handlung ist dramaturgisch sowieso ziemlich holprig und ziemlich genau zur Hälfte des Films kommt es bereits zu einem Action-Höhepunkt, der gut und gerne als Showdown durchgehen würde. Wie soll man das anschließend noch toppen? "Captain America" versucht es durch die Aneinanderreihung immer weiterer Actionszenen mit kaum noch Ruhepausen dazwischen - und scheitert mit dieser Methode erwartungsgemäß. Irgendwann langweilt die Nonstop-Action einfach nur noch und man sehnt das Ende herbei (das dann dafür sogar überraschend abrupt kommt).

Technisch kann man "Captain America" nicht viel vorwerfen. Die Spezialeffekte überzeugen, selbst vom 3D-Einsatz war ich leicht positiv überrascht. Zwar gibt es in ein paar Szenen das bekannte Unschärfe-Problem, aber insgesamt wirkt die Dreidimensionalität erfreulich natürlich (wenn auch ziemlich unspektakulär). Der Actionscore von Alan Silvestri ("Die Mumie") ist eher durchschnittlich geraten.

Fazit: "Captain America: The First Avenger" ist eine Superhelden-Comicverfilmung mit Stärken und Schwächen. Glücklicherweise überwiegen insgesamt die Stärken dank der sympathischen Besetzung und der sehr gelungenen ersten Filmhälfte. Für diejenigen, die sich schon auf das nächstjährige Superhelden-Treffen in Joss Whedons "The Avengers" (mit Iron Man, dem Hulk, Thor und Captain America - nach dem Abspann gibt es übrigens den "Avengers"-Teaser zu sehen) freuen, handelt es sich sowieso um einen Pflichtbesuch. 7 Punkte.