Mein letzter Kinobesuch 2011 war leider nicht der Hit:

THE IDES OF MARCH - TAGE DES VERRATS:

Der smarte Stephen (Ryan Gosling, "Drive") ist einer der beiden Hauptberater des demokratischen Präsidentschaftsanwärters Mike Morris (George Clooney). Er macht den Job aus Überzeugung, weil er an Morris´ Kombination aus Idealismus und Ehrlichkeit glaubt, die auch beim Wahlvolk eher unpopuläre Forderungen nicht scheut. Stephen selbst jedoch schreckt in seiner Tätigkeit vor kaum etwas zurück, um Norris die Präsidentschaftsnominierung gegen den parteiinternen Rivalen zu sichern - muß allerdings bald erkennen, daß er womöglich doch nur ein kleiner Piranha im großen Haifischbecken namens Politik ist ...

Nächsten Dienstag beginnen in den USA die Vorwahlen zur Bestimmung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten und Obama-Rivalen bei der Wahl Ende 2012. Es ist kaum anzunehmen, daß der deutsche Verleih das bei seiner Entscheidung für den deutschen Kinostart Ende Dezember berücksichtigt hat, aber es ist natürlich ungemein passend - auch wenn es in der Theaterverfilmung "The Ides of March" primär um die Demokraten geht. Wenn man den Geschehnissen des Films glauben will, dann macht das allerdings sowieso kaum einen Unterschied, denn intrigiert und betrogen wird überall in der Politik ...

Angesichts dieser vielleicht realistischen, aber doch sehr zynischen Haltung überrascht es, daß George Clooney nicht nur die Rolle des Mike Norris übernahm (übrigens eher eine große Nebenrolle als eine echte Hauptrolle), sondern auch gleich die Regie. Ist doch Clooney als einer der überzeugtesten und eloquentesten Unterstützer der Demokraten in Hollywood berühmt bzw. (bei den Anhängern der Republikaner) berüchtigt.

Was auch immer ihn dazu bewegt haben mag, es war meiner Meinung nach keine allzu glückliche Entscheidung. Denn so sehr ich George Clooney als Schauspieler und auch als öffentliche Person schätze - von seinen Fähigkeiten als Regisseur konnte er mich bislang nicht restlos überzeugen. Von seinen vier Regiearbeiten war "Good Night, and Good Luck." die einzige, die es bei mir zumindest in den "Gut"-Bereich geschafft hat. "The Ides of March" scheitert an dieser Hürde.

Der Hauptgrund dafür ist ein IMHO falscher Schwerpunkt des Films. Bei näherer Betrachtung handelt es sich nämlich gar nicht wirklich um den (von mir erhofften) Polit-Thriller, sondern eher um ein bemerkenswert pessimistisches Charakterdrama ohne echte Identifikationsfiguren. Sowas kann natürlich sehr wohl einen guten Film ergeben, aber "The Ides of March" scheitert an einer zu großen Unentschlossenheit zwischen den einzelnen Storyelementen, zudem an einer zu oberflächlichen Ausarbeitung der handelnden Akteure. Lediglich Ryan Goslings Figur des Stephen kommt einigermaßen authentisch rüber, die anderen Charaktere wirken trotz so grandioser Darsteller wie George Clooney, Philip Seymour Hoffman, Paul Giamatti, Marisa Tomei, Evan Rachel Wood, Jeffrey Wright oder Jennifer Ehle eher wie Klischees als wie glaubwürdige Personen. Auch die Handlungsweisen dieser Figuren wirken zu oft vom Drehbuch gesteuert anstatt wirklich nachvollziehbar.

Dennoch: Solange sich die Handlung auf den Politik-Teil konzentriert, ist "The Ides of March" durchaus sehenswert und die Leistungen der Schauspieler sind über jeden Zweifel erhaben.

Unterm Strich ist "The Ides of March" jedoch ein aufgrund des beteiligten Talents enttäuschend mittelmäßiger, thematisch unentschlossener Film, dessen zynische Sichtweise nicht wirklich in die Weihnachtszeit paßt ... 6 Punkte.

Wer sich für gute Storys rund um die amerikanische Politik interessiert, dem empfehle ich stattdessen die TV-Serie "The West Wing". smile