RIVA MORTIS von Mike Krzywik-Groß:
Als die horasische Forscherin Ancalita von ihrem Arbeitgeber nach Riva versetzt wird, um die Stelle ihres Vorgängers einzunehmen, der bei der Suche nach magischen Artefakten im Riedemoor scheinbar den Verstand verloren hat, ist sie alles andere als glücklich. Wenn sie schon von ihrer eigentlichen Forschungsarbeit fortgeholt wird, dann doch bitteschön wenigstens ins heimatliche Horasien! Aber nein, stattdessen muß es das kalte und unwirtliche Riva sein. Eher unwirtlich ist denn auch der Empfang, der ihr und ihrem jungen Diener Alrik in Riva gemacht wird - doch ist das erst der Anfang, denn obwohl Ancalita mit dem maraskanischen Magier Madajin auch einen hilfreichen Gefährten findet, stoßen die beiden schon bald auf jede Menge Schwierigkeiten ...
Alriks positivem Fazit zu "Riva Mortis" kann ich mich leider nicht ganz anschließen. Vielmehr war dieser Roman für mich in qualitativer Hinsicht eine ziemliche Achterbahn. Einem guten, vielversprechenden Auftakt im Prolog und dem ersten Kapitel folgen ab der Ankunft in Riva fast 100 Seiten, in denen ich mich vor allem gelangweilt und über diverse stilistische und inhaltliche Mängel geärgert habe (mehr dazu gleich). In der zweiten Buchhälfte nimmt das Erzähltempo jedoch deutlich zu und die Handlung bleibt bis zum recht abrupten Ende überwiegend spannend und unvorhersehbar. Allerdings stören auch in diesem deutlich stärkeren zweiten Teil des Buches die angesprochenen Mängel.
Zu einem unschönen Trend in der DSA-Roman-Reihe scheinen sich in der letzten Zeit die plötzlichen Perspektivwechsel selbst innerhalb von Absätzen zu entwickeln. Das mag nicht jeden stören, für mich ist es aber ein echter stilistischer Fauxpas. Daß sich gelegentlich sogar noch für einen Satz ein allwissender Erzähler einmischt, macht die Sache keineswegs besser ...
Zudem habe ich so meine Probleme mit der Figurenzeichnung, denn diese wirkt auf mich gerade bei den Hauptfiguren viel zu reißbrettartig und übertrieben. Daß die thorwalsche Wirtin jeden zweiten Satz mit Schimpfwörtern garniert - okay, meinetwegen. Schon ärgerlicher: Ancalita wird zu Beginn immer wieder als schrecklicher Tollpatsch beschrieben - aber in der zweiten Buchhälfte ist davon (fast) nichts mehr zu merken. Und dann Madajin, der als Klischee-Maraskaner für den nötigen Humor sorgen soll, aber in meinen Augen schon in seiner Einführungssequenz jegliche Glaubwürdigkeit verspielt, in der der Leser glauben soll, daß Madajin als immerhin Gildenmagier offensichtlich nicht die geringste Ahnung von selbst grundlegendsten Anstandsregeln innerhalb der magischen Gemeinschaft hat? Nein, tut mir leid, das gefällt mir nicht. Zumal diese Art des Humors auch nicht wirklich meinen Geschmack trifft, aber dieser Kritikpunkt ist natürlich rein subjektiv.
Auch sonst sind mir etliche inhaltliche Ungereimtheiten aufgefallen, zwei kleine Beispiele: Wieso sprechen die Rivaner Gardisten die ihnen unbekannte Ancalita gezielt an, obwohl diese gerade arg ramponiert und schlammverschmiert ist und sie allerhöchstens eine grobe Beschreibung ihrer Gestalt haben können? Wieso weiß die erwähnte thorwalsche Wirtin über so ziemlich alles Bescheid, was in Riva abläuft, nur nicht über einen Mord, zu dem selbst ihre Bediensteten bereits befragt wurden?
Eine eingestreute, innerhalb der Handlung eigentlich ziemlich sinnlose Diskussion über Homosexualität wirkte auf mich zudem eindeutig eher irdisch als aventurisch.
Und die Motivation von Ancalita und Madajin, sich ganz gezielt im Alleingang mit eigentlich übermächtigen Gegnern anzulegen, finde ich ebenfalls nicht gerade glaubwürdig (die Überlegungen der Figuren, mit denen diese selbstmörderische Entscheidung begründet wird, können mich ebenfalls nicht überzeugen). Andererseits scheinen die beiden (und auch einige andere) sowieso nahezu unsterblich zu sein, wenn man bedenkt, welch schwere Verwundungen sie mehr oder weniger problemlos wegstecken können ...
Gut, das alles mag jetzt arg negativ klingen, aber natürlich hat "Riva Mortis" auch seine Stärken. Dazu gehört vor allem die lobenswerte Detailversessenheit des Autors, dem es mit vielen Kleinigkeiten gelingt, echte aventurische Stimmung aufkommen zu lassen. Zudem ist der Schreibstil trotz der angesprochenen Mängel recht flott. Und vor allem ist, wie erwähnt, die Geschichte wirklich interessant - und letztlich ist die Handlung halt doch das wichtigste an einem Roman.
Die Bewertung ist ob dieser Diskrepanz zwischen starker Story und (zumindest aus meiner Sicht) zahlreichen Mängeln nicht so einfach. Letztlich reicht es gerade noch zu einer 3-.
P.S.: Die üblichen Lektoratsprobleme sind in "Riva Mortis" leider auch wieder ziemlich stark vertreten. Am besten wohl daran zu verdeutlichen, daß der Name einer Figur ständig zwischen "Ludowich" und "Ludewich" hin und her wechselt ...