Originally Posted by elgi
Wenn also die sog. Religionskritik nichts weiter ist, als die Gefühle zahlreicher Menschen zu verletzen - indem man z.B. Mohammed als Symbol des Glaubens verunglimpft, wohlwissend, daß dies nicht gern gesehen ist... oder indem man ein Stück aufführt, "in dem eine (neuzeitliche) 'Marie' durch eine verunreinigte Klobrille befruchtet wird und daraufhin ein Fall von 'Jungfrauengeburt' eintritt" (Zitat Wikipedia) -, ja, in diesen Fällen geht es meiner Meinung nach nicht um Religionskritik, sondern schlichtweg um Unruhestiftung und Beleidigung. Und in diesen Fällen finde ich eine rechtliche Möglichkeit der Auseinandersetzung OK. Man kann sich dann darüber streiten, wie die Strafen ausfallen können, aber daß Millionen von Menschen eine Verunglimpfung der Dinge, an die sie nun einmal glauben, nicht tatenlos hinnehmen müssen, finde ich in Ordnung.


Ich frage mich allerdings, wieso die Religion hier eine Extrawurst gebraten bekommen soll. Man kann auch von nicht religiösen Dingen innerlich zutiefst überzeugt sein. Soll es dann etwa auch in politischer Hinsicht so sein, dass "Millionen von Menschen eine Verunglimpfung der Dinge, an die sie nun einmal glauben, nicht tatenlos hinnehmen müssen"?

Ich finde nicht. Satiriker dürfen gnadenlos über alle politischen Überzeugungen herziehen und das sollte auch für religiöse (und sonstige) Überzeugungen gelten. Dass es weder ratsam noch rücksichtsvoll ist, sich von Angesicht zu Angesicht über die Überzeugungen eines Menschen lustig zu machen, mag ja sein. Aber wieso soll das allgemein für Schriften und öffentliche Veranstaltungen gelten? Wenn beispielsweise ein überzeugter FDP-Anhänger nicht darüber lachen kann, dass ein Kabarettist sich über seine Partei lustig macht, dann geht er einfach nicht in dessen Vorstellungen und liest dessen Bücher nicht. Etwas in dieser Art kann man doch von religiösen Menschen auch erwarten, oder?

Das mit der verunreinigten Klobrille mag ja nicht sonderlich geschmackvoll sein, aber ich finde, es ist durchaus eine Art von Religionskritik, die mit kabarettistischen Darbietungen vergleichbar ist. Meiner Ansicht nach geht es nicht um Beleidigung, sondern um Kritik an einem kirchengeschichtlich sehr umstrittenen Dogma, wenn auch in ziemlich provokanter Form. Wer so etwas nicht sehen will, dem steht es ja frei, sich dieses Stück nicht anzuschauen. Ich finde es unangemessen, das Stück deswegen ganz zu verbieten oder den Autor/Regisseur deswegen zu bestrafen.

Strafen sind bei reinen Beleidigungen von Einzelpersonen oder Menschengruppen etwa in der Aussage "Alle Christen sind Idioten" genauso in Ordnung wie bei der Aussage "Alle FDP-Wähler sind Idioten". Aber Kritik an Überzeugungen sollte erlaubt sein, ob sie nun religiöser Natur sind oder nicht, und das auch in provokanter Form. Oder weshalb sind religiöse Überzeugungen schützenswerter als politische?