Nach Ralles geradezu euphorischer Skyfall-Rezension war ich durchaus hoffnungsvoll, als ich gestern ins Kino ging. Und die Hoffnungen wurden größtenteils erfüllt, wenn ich auch nicht gänzlich begeistert bin. Von daher gleich die Punkte, die mir nicht ganz so gefallen haben:

- Die Story bzw. die Umsetzung:
Mittlerweile gehört es zum guten Ton, daß Bösewichte nicht einfach nur direkt ihr Ziel verfolgen... stattdessen gibt es eine Finte innerhalb einer Finte innerhalb einer Finte usw. Das sieht dann im Film immer sehr spektakulär aus und der Zuschauer wird immer wieder überrascht. Aber langsam habe ich persönlich genug davon. Im Falle von Silva ist das Ganze schlichtweg unglaubwürdig, daß er die ganze Sache so choreographiert, um ein einfaches Ziel zu erreichen: M zu töten. Klar, man kann nun natürlich entgegnen, daß er sie nicht einfach töten will, sondern ein Exempel statuieren möchte. Und der ursprünglich geplante Ort der Exekution ist dafür auch vielleicht geeignet. Aber dieses Argument wiegt die Unglaubwürdigkeit der eigentlichen Planung für mich nicht auf. Zumal diese minutiös geplanten Super-Coups immer irgendwie auch auf der Dummheit bzw. der Gewöhnlichkeit des Gegenübers basieren (und das steigert die Unglaubwürdigkeit im Falle des MI6 weiter).

- Q:
Ja, mir hat er überhaupt nicht gefallen. Ein jugendlicher Pimpf, der wie ein verklemmter Informatik-Student wirkt, ist einfach mehrere Nummern zu klein für James Bond. Insofern sind die Dialoge zwischen den beiden nicht stimmig für mich. Von seiner kümmerlichen Performance im Zuge von Silvas Plan ganz zu schweigen. Selbst der klassische Spruch, daß Bond doch bitte sein Equipment unversehrt zurückbringen soll, klingt aus seinem Munde einfach nicht glaubwürdig genug. Auch wenn heutzutage natürlich Computer eine große Rolle spielen, finde ich es nicht gut, daß Q nun ein junger Hacker-Typ ist... denn solche Typen hasse ich in jedem Film und auch im Real Life. wink Q sollte meiner Meinung nach weiterhin ein älterer, kauziger Typ sein, der es sich wirklich erlauben kann, schroff und arrogant mit Bond zu reden. Ein Bubi wie der aktuelle Q verkörpert das für mich nicht.

- Allgemeines Bösewicht-Problem:
Javier Bardem ist für mich über jeden Zweifel erhaben... das Overacting paßt gut zum Charakter, auch wenn der Hintergrund hier wieder nicht glaubwürdig klingt (Hacker und so). Aber OK. Was mich generell etwas stört, ist: "Früher" waren die Bösewichte einfach wahnsinnige Typen. Heutzutage gibt es für den Wahnsinn halt passende Erklärungen. Wie auch bei Silva. Und das nimmt dem Bond-Bösewicht die Aura das Absurden, was ich jedoch als besonders wichtig empfinde. Nach dem Totalreinfall im letzten Film ist mit Javier Bardem diesmal wenigstens ein ernstzunehmender Schauspieler ausgesucht worden, aber die Motivation des Charakters halte ich für relativ banal und eigentlich unwichtig. Ein Goldfinger war einfach goldgeil... das war's. wink


Das waren so die drei wichtigsten Dinge, die mich gestört haben. Abgesehen davon war der Film natürlich sehr gut, ein sehr gelungener Bond-Film - bei dem diesmal sogar das Titellied wirklich toll klingt (was ich beim ersten Hören nicht glauben wollte). Insgesamt gefällt mir Casino Royale jedoch weiterhin besser und ist Craigs bester Bond bisher (Quantum of Solace ist und bleibt ein Reinfall) und thront weiterhin auch Bond-generell sehr weit oben. Da ich CR eine 9 gegeben hatte, vergebe ich hier guten Gewissens 8,5 Punkte. Als Bond-Fan bin ich zufrieden. Mal schauen, wie der nächsten ausfallen wird. smile


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"