DER ASCHENGEIST von Mark Wachholz und Kathrin Ludwig:
Nachdem er am Ende von "Der Feuertänzer" alles verloren hat, was er je hatte (eigentlich inklusive seines Lebens), erwacht Gaius Cordovan Galotta - ehemaliger kaiserlicher Hofmagier in Gareth und nach seiner dortigen grausamen Ausbootung durch Kaiser Hal und die Zauberin Nahema verantwortlich für den Zug der mehr als 1000 Oger - mit geschundenem Körper und ohne Gedächtnis. Relativ schnell findet er heraus, daß ein hohes Kopfgeld auf ihn ausgesetzt ist, woraufhin er sich irgendwie bis ins schwüle Brabak im Süden Aventuriens durchschlägt. Dort findet der Nekromant Polberra den Halbtoten und päppelt ihn in der örtlichen Schwarzmagierakademie langsam wieder auf. Doch Kopfgeldjäger haben sich auf Galottas Spur gesetzt ...
Eigentlich wollte ich "Der Aschengeist" erst lesen, wenn die Galotta-Biographie vollständig ist. Doch nachdem dies aufgrund der bekannten Differenzen zwischen vor allem Mark Wachholz und Ulisses nicht passieren wird, solange Ulisses die DSA-Lizenz besitzt, habe ich mich nun doch einmal an die Lektüre gemacht. Leider kann "Der Aschengeist" jedoch qualitativ nicht ganz an die beiden Vorgänger "Der Hofmagier" und "Der Feuertänzer" anknüpfen. Das liegt nicht etwa daran, daß sich die schriftstellerischen Fähigkeiten der beiden Autoren in der Zwischenzeit verschlechtert hätten, sondern an der zu sehr in die Länge gezogenen Handlung. Das ist insofern etwas kurios, als die hier beschriebene Story deutlich linearer ist als in den (wie die meisten Biographien in Buch- oder Filmform) recht episodenhaften vorigen Büchern. Doch während diese primär als gelungene, actionarme Charakterstudie Galottas dienten, ist die Handlung von "Der Aschengeist" wesentlich gewöhnlicher und verliert für meinen Geschmack die Stärken der Vorgänger aus den Augen.
Vor allem liegt das daran, daß Galotta plötzlich kaum mehr als eine Nebenfigur ist. Auf den ersten 150 (von knapp 400) Seiten kommt er nur zu Beginn kurz aktiv vor, ansonsten wird eigentlich nur über ihn geredet, während er physisch und/oder geistig abwesend ist. Dafür setzen Wachholz und Ludwig auf zwei andere Protagonisten, die die Geschichte vorübergehend tragen müssen: den Nekromanten Polberra und den Kopfgeldjäger Brander, der gemeinsam mit einer Partnerin aus ganz persönlichen Beweggründen Galotta tot sehen will. Während Polberra eine sehr interessante Figur ist, wirkt Brander eher klischeehaft und scheint vor allem als Alibi für die recht zahlreichen Actioneinlagen zu dienen. Dabei finde ich diesen Handlungsstrang schon deshalb recht lahm, da Brander und seine Partnerin einfach nicht ansatzweise das Kaliber sind, dem man auch nur eine kleine Chance zutrauen würde, Galotta gefährlich werden zu können (zumal man als DSA-Spieler ja weiß, daß Galotta erst viel später stirbt ...). Und natürlich kommt es dann so, wie es kommen muß: Sobald Galotta wieder halbwegs Herr seiner Sinne ist, verschwinden plötzlich Polberra und Brander im Hintergrund und spielen nur noch vereinzelt eine Rolle.
Für den Leser ergibt sich so ein ausgesprochen uneinheitliches Gesamtbild, das der starken Konzentration auf Galotta in den ersten beiden Bänden beinahe diametral zuwiderläuft. Mit Galotta als Hauptfigur wird das Ganze dann schon wieder interessanter, allerdings nicht wirklich temporeicher. Es ist zweifellos sehr unterhaltsam, detailverliebt und auch spannend geschrieben, wie Galotta versucht, wieder sein altes Ich zurückzuerlangen, umgeben von skrupellosen Schwarzmagiern und Kopfgeldjägern. Ein bißchen kürzer hätte man sich dabei aber schon fassen können. Immerhin hat "Der Hofmagier" über 20 Jahre aus Galottas Leben abgedeckt, "Der Feuertänzer" noch gut 10 Jahre - in "Der Aschengeist" sind es mickrige drei Jahre, in denen schlicht und ergreifend nicht viel Weltbewegendes geschieht.
Das mag jetzt alles recht negativ klingen, soll aber eigentlich nur meine leichte Enttäuschung im Vergleich zu den ersten beiden Galotta-Büchern ausdrücken - unterm Strich ist auch "Der Aschengeist" noch ein sehr ordentlicher DSA-Roman, sorgfältig recherchiert, mit viel aventurischem Flair ausgestattet und kompetent in Worte gefaßt. Aber in der geplanten Abfolge der Galotta-Reihe hätte dieses Buch wohl einen klassischen Übergangsstatus eingenommen als Verbindung zwischen den wirklich spektakulären Ereignissen vorher und nachher.
Note 3+.